Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
September 2003 fand vor dem Amtsgericht Nürnberg-Fürth die Verhandlung unter dem Vorsitz des Richters Huber statt. Zwei Tage vorher hatte Petra Mollath über ihre Anwälte bei Gericht den überraschenden Antrag gestellt, ihren Mann auf seinen Geisteszustand zu untersuchen, er sei wahrscheinlich gemeingefährlich.
Zum Vorwurf der Misshandlung sagte Gustl Mollath laut Protokoll:
Wie die Sache hier dargestellt wird, stimmt es nicht. Sie ging auf mich los. Ich habe mich nur gewehrt. Meine Frau ist ein Teil von mir. Ich habe sie geliebt. In unserer Ehe gab es immer wieder starke Probleme. Es ging um Tätigkeiten, die meine Frau ausübt, die ich aber nicht tolerieren kann. Es geht hier um Steuerhinterziehung und Schwarzgeldverschiebung im großen Stil.
Auf die Frage des Richters sagte dazu die als Zeugin geladene Ehefrau Petra Mollath laut Protokoll: »Es gab in unserer Ehe öfters Streitigkeiten …, es hat ihm einfach nicht gepasst, was ich für einen Job habe.«
Diese Antwort war verblüffend. Sie gab sogar zu, dass ihre beruflichen Aktivitäten der Streitpunkt waren. Die angebliche Misshandlung beschrieb sie so: »Mein Mann ist auf mich losgegangen und hat mich gewürgt. Ich hatte Prellungen und Bisswunden. Er hat mich schon öfters misshandelt. Ich hatte nur nie den Mut, einfach für immer zugehen … Ich glaube einfach, dass mein Mann unter Bewusstseinsstörungen leidet.«
Das aus dem Protokoll ersichtliche Verhalten des Richters Huber war nicht nur äußerst merkwürdig, es war pflichtwidrig. Warum hinterfragte er nicht den von Gustl Mollath angeführten Streitpunkt, die Steuerhinterziehung und Schwarzgeldverschiebung im großen Stil? Das Motiv war doch relevant für die Beurteilung des Tathergangs und für die Strafzumessung. Warum ließ er im Protokoll den Namen der HypoVereinsbank unerwähnt? Und warum bohrte der Staatsanwalt nicht sogleich mit Fragen nach? Steuerhinterziehung und Schwarzgeldverschiebung waren doch schwere Straftaten. Warum befragten weder der Richter noch der Staatsanwalt Petra Mollath, was das für ein geheimnisvoller Job war, dem sie nachging?
Gustl Mollath schrieb später, dass er ausdrücklich auf die HypoVereinsbank hingewiesen habe, aber dass weder der Richter noch der Staatsanwalt davon etwas wissen wollten. Noch dazu hatte er zu seiner Verteidigung einen 106 Seiten umfassenden Schnellhefter überreicht. Dieser enthielt unter anderem eine Schilderung der Schwarzgeldverschiebungen sowie als Beweis dienende Belege wie zum Beispiel Buchungsanordnungen für Nummernkonten in der Schweiz. Doch statt die eingereichten Belege Mollaths auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, erließ der Richter kurzerhand den Beschluss, Mollath sei auf seinen Geisteszustand zu untersuchen – ganz so, wie es Petra Mollath beantragt hatte. Dabei muss dem Richter bewusst gewesen sein, dass es sehr häufig vorkommt, dass ein Ehegatte den anderen in die Ecke der Geisteskrankheit zu rücken versucht, wenn eine Ehe auseinanderbricht. Bei den meisten Tätlichkeiten in der Ehe, die vor Gericht landen, wird kein psychiatrisches Gutachten eingeholt. Warum geschah das dann hier, ausgerechnet in einem Fall, in dem es um angezeigte Schwarzgeldverschiebungen in riesigem Umfang ging? Mollath war nie als gewalttätig in Erscheinung getreten und auch nicht vorbestraft. Petra Mollath hatte überdies keine Hieb-, Stich- oder Schussverletzungen davongetragen, sie machte nur ein paar blaue Flecken und eine Bisswunde geltend.
Durch den pflichtwidrigen Beschluss des Richters war Mollath unversehens in Fänge geraten, aus denen er sich nicht mehr befreien konnte. Er berichtete später, im Zuschauerraum habe der Liebhaber seiner Frau, ein Hypo-Vereinsbank-Direktor, gesessen und gelacht, als er ihn anschaute. Der Banker hatte, so Mollath, den Verhandlungssaal zusammen mit dem Richter betreten, sodass er das Gefühl gehabt habe, beide hätten vorher miteinander gesprochen.
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Mollath erkannte, dass er sich gegen die Unterstellung, er sei geisteskrank, nur verteidigen konnte, indem er nachwies, dass die Schwarzgeldverschiebungen zutrafen. Erstmals hatte er sie in einem Schreiben vom 11 . Juni 2003 an den Scheidungsrichter erwähnt – es gab jedoch keine Reaktion. Ferner hatte er sie in der besagten Gerichtsverhandlung in Gegenwart des Staatsanwalts angezeigt, auch das ohne Konsequenzen. Mit Schreiben an das Amtsgericht und das Landgericht Nürnberg-Fürth beschwerte er
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