Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
Vom Netzwerk:
sich ebenfalls darüber, vergeblich. Da hatte er einen pfiffigen Einfall: Er wandte sich mit einer Anzeige vom 9 . Dezember 2003 an den Generalstaatsanwalt von Berlin, mit Abdruck an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof und andere Justizstellen. Auf sechs Seiten schilderte er das System der Schwarzgeldverschiebungen und nannte die beteiligten Banker und Kunden samt Beruf und Adresse. Der Generalstaatsanwalt von Berlin leitete die Anzeige zuständigkeitshalber der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth zu – nun konnte diese nicht mehr aus, sie musste Mollath antworten.
    Doch der Bescheid, den er erhielt, war der blanke Hohn. Eine Staatsanwältin schrieb ihm, sie könne keine Ermittlungen vornehmen. Ihre Begründung: »Der Anzeigeerstatter trägt nur pauschal den Verdacht vor, dass Schwarzgeld in großem Umfang in die Schweiz verbracht wird. Aus diesen unkonkreten Angaben ergibt sich kein Prüfungsansatz.« Das war eine dreiste Lüge. Mollath hatte Ross und Reiter genannt und hatte, was gar nicht notwendig gewesen wäre, sogar Beweise vorgelegt. Anstößig war zudem, dass die Staatsanwältin den Namen der HypoVereinsbank in ihrem Bescheid ausblendete, so wie es schon Richter Huber im Protokoll getan hatte. Sie sprach nur von einer »Anzeige gegen Petra Mollath«. Existierte vielleicht überhaupt keine HypoVereinsbank? Oder gab es eine Sprachregelung?
    Mollath protestierte mit Schreiben vom 14 . März 2004 , wies die Staatsanwältin auf die übergebenen Buchungsanordnungen für Schweizer Nummernkonten und Anlagen- und Vermögensverzeichnisse von Schwarzgeldern in der Schweiz hin, erstellt von der Schweizer Bank, ohne Erfolg. Er erhielt nicht einmal eine Antwort, geschweige denn eine Aufforderung, nähere Angaben zu machen.
    Daraufhin wandte er sich mit einer Petition vom 8 . April 2004 an Ministerpräsident Edmund Stoiber. Der musste sich schließlich im Strafrecht bestens auskennen, schließlich hatte er eine Doktorarbeit über neuere Aspekte des Hausfriedensbruchs verfasst. Er erinnerte Stoiber daran, dass er ihn bereits mit einem Schreiben vom 20 . Dezember 2003 über den Schwarzgeldskandal informiert, aber von ihm leider nichts gehört habe. Dann beklagte er, dass die Staatsanwaltschaft pflichtwidrig Ermittlungen ablehne, wobei er auf eingereichte Unterlagen über Schwarzgeldbeträge von insgesamt 780 000 Mark und angegebene Nummernkonten verwies. »In über zehn Jahren sind Milliarden verschoben worden«, schrieb er Stoiber. Doch er bekam keine Antwort.
    Mit Brief vom 22 . April 2004 wandte er sich erneut an Stoiber. Er bat ihn dringend um Hilfe, weil man jetzt versuche, ihn als psychisch krank hinzustellen, er müsse mit allem rechnen. Dabei beschrieb er wieder den Schwarzgeldskandal, außerdem verwies er, und das war wohl ein schwerer Fehler, auf eine von einer Betriebsprüferin festgestellte Steuerhinterziehung von 60 Millionen Mark durch den Waffenfabrikanten Karl Diehl. Flehentlich schrieb er am 25 . April 2004 nochmals an Stoiber: »Jetzt soll ich durch eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik … mundtot gemacht werden.« Mollath hielt Stoiber vor, dass er wohl aufgrund seiner Verbindung zur HypoVereinsbank nicht Ordnung schaffe. In deren Aufsichtsrat säßen doch Ministerialdirektoren. Aber Stoiber hüllte sich in Schweigen.
    Dass Stoiber Mollath nicht antwortete, war rechtswidrig. Denn mit dem verfassungsrechtlichen Petitionsrecht, das Mollath ausübte, ist ein Rechtsanspruch auf einen Bescheid verbunden. Normalerweise beantworten deshalb der Ministerpräsident und seine Staatskanzlei alle Eingaben. Warum geschah das ausgerechnet in diesem Fall nicht?
    Zwischenspiel in der Forensischen Psychiatrie
    Mollath sah, dass er in größter Gefahr war, in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen zu werden, wenn er sich der angeordneten psychiatrischen Untersuchung stellte, und erschien deshalb nicht bei dem beauftragten Nervenarzt. Daraufhin wurde er von der Polizei festgenommen, in Handschellen abgeführt und in die forensische Abteilung des Bezirkskrankenhauses am Europakanal in Erlangen überstellt. Dr. Michael Wörthmüller, der Chefarzt dieser Abteilung, sollte ihn untersuchen. Über seinen achttägigen Aufenthalt dort schrieb Mollath:
    Ich wurde über Tage in Vollisolations-Einzelhaft gehalten, durfte in einer Woche nur dreimal Hofgang machen. Ich bekam Kreislaufbeschwerden und eine Krampfader. Nachts wurde mir durch eine erzwungene Beleuchtung der Schlaf entzogen. Ich musste mich nackt

Weitere Kostenlose Bücher