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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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installierte Videoüberwachung eine Person gezeigt hatte, die nachts mit einem Werkzeug die vier Reifen am Pkw des Anwalts der Exehefrau zerstach. Das Bild war so dunkel, dass beim besten Willen die Person nicht zu erkennen war. Brixner befragte Petra Mollath, ob sie ihren Mann wiedererkenne. Sie erklärte, er könnte es sein. Im Urteil hieß es dann freisinnig, das sei zwar kein eindeutiger Beweis, aber ein zusätzlicher Hinweis. So kann man auch aus nichts noch etwas machen.
    Die bei der Verhandlung anwesende Concepción Vila Ambrosio hielt, wie bereits erwähnt, Brixner in ihrem Brief vor, sie halte es für unentschuldbar, dass er die Aussagen Petra Mollaths einfach hingenommen und nicht hinterfragt habe. Ob er wirklich sicher sei, »dass alles sich so zugetragen hat, wie es die geschiedene Frau Mollath erzählte«? Ob es nicht sein könne, dass irgendjemand ein Interesse daran habe, bestimmte Sachen anzustellen, um Mollath damit unter Verdacht zu setzen? Auch der andere bereits erwähnte Prozessbeobachter beanstandete in seinem Brief, dass die Richter die Aussagen der Zeugen nicht hinterfragt hätten.
    Das Urteil wurde nur von Brixner unterschrieben, er vermerkte, die Richterin Heinemann sei bereits in Urlaub. Sicher, nach einer solchen Anstrengung war diese Erholung wohlverdient. Die beiden Hauptziele der Justiz waren erreicht: Gerechtigkeit, weil Mollath zum Schweigen gebracht worden war, und Rechtssicherheit, weil von nun an die steuerhinterziehenden Schwarzgeldverschieber und ihre Helfer in der HypoVereinsbank wieder ruhig schlafen konnten. Am Tag nach dem Prozess berichteten die Nürnberger Nachrichten unter der Überschrift »Im Wahn verstrickt«, der 49 -jährige Angeklagte sei in die Psychiatrie eingewiesen worden, weil er wahnhaft geglaubt habe, seine Ehefrau stehe im Mittelpunkt eines Bankenskandals, sie helfe Schwarzgeld in die Schweiz zu schleusen. Die Exfrau schließlich konnte jetzt ihre neue Ehe mit ihrem Hypo-Vereinsbank-Direktor ungestört genießen.
    Weiter hieß es in dem Artikel der Nürnberger Nachrichten , dass der Angeklagte bisher eine Therapie verweigert habe, weil er sich für gesund halte. Richter Brixner habe ihm prophezeit: »Wenn Sie so weitermachen, kommen Sie nie wieder heraus. Der Einzige, der Ihnen helfen kann, sind Sie selbst – indem Sie eine Behandlung annehmen.« Das hieß: Entweder erklärte Mollath sich selbst für wahnsinnig, oder er blieb für immer weggesperrt. Beide Alternativen konnten die Interessierten erfreuen.
    Die Revision vor dem Bundesgerichtshof hob das Urteil nicht auf, Mollath kam nicht frei – so wie es Richter Brixner vorausgesagt hatte. Allerdings war das kein Beweis für die Richtigkeit des Urteils. Denn der Bundesgerichtshof ist keine Tatsacheninstanz, sondern grundsätzlich an die Beweiswürdigung der Vorinstanz gebunden. Zudem hängt der Prüfungsumfang von der Revisionsbegründung des Anwalts ab. Ist diese unzureichend, wie es hier in hohem Maße der Fall war, ist das Unglück geschehen. Der Anwalt, der die Revision begründete, hatte die Hauptverhandlung nicht erlebt, die Zeugenaussagen nicht gehört.
    Haben Richter Brixner und seine Beisitzerin Heinemann möglicherweise aus Unwissenheit ein Fehlurteil gefällt? Waren sie vielleicht nicht intelligent genug? Würde man derlei behaupten, würden sie zu Recht Strafantrag wegen Beleidigung stellen können, denn immerhin sind sie ja qualifizierte Juristen mit bayerischem Prädikatsexamen. Allein schon die verschiedenen Stellen in der Urteilsbegründung, wo sie durch nicht belegte Behauptungen, Verschweigen entgegenstehender Tatsachen (zum Beispiel des in dem nicht angeklagten Fall aufgetauchten Täters), Verkürzungen bei der Wiedergabe relevanter Angaben die Wahrheit verdeckten oder wegwischten, schließen für mich einen Irrtum aus. Vor allem kommen sie um eines nicht herum: Sie konnten Hinweise auf Schwarzgeldverschiebungen nicht guten Gewissens als Wahnvorstellungen einstufen, wenn diese Angaben ersichtlich gar nicht überprüft worden waren. Das ist des Pudels Kern.
    Die Tatsache, dass Justizministerin Beate Merk später trotz genauer Kenntnis des Falles weder gegen die Richter noch gegen die verantwortlichen Staatsanwälte ein Strafverfahren wegen Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung eingeleitet hat, weckt für mich den schweren Verdacht der politischen Einflussnahme.

Die Vorgänge hinter den Kulissen
    Es war nach meinen Erfahrungen undenkbar, dass ein einfacher Staatsanwalt Ermittlungen zu einer

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