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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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beantragte Mollaths Exfrau über eine Anwaltskanzlei, ihren früheren Ehemann wieder unter Betreuung zu stellen, weil sie wegen Forderungen von über 100 000 Euro gegen ihn sein Einfamilienhaus ersteigern wolle (die vorläufige Betreuung war ausgelaufen). Die Betreuungsstelle der Stadt Straubing widersprach dem Antrag, weil Mollath in der Lage sei, seine Angelegenheit selbst zu regeln. Daraufhin beaufragte das Amtsgericht Straubing den Leitenden Arzt des Bezirkskrankenhauses Mainkofen, Dr. Hans Simmerl, damit, ein Gutachten zu erstellen. Dieser kam im September 2007 zu dem klaren Ergebnis, dass Mollath voll geschäftsfähig sei. Er leide »mit Sicherheit« nicht an Schizophrenie oder Paranoia (wie Leipziger behauptet hatte), auch eine gehirnorganische Störung scheide aus. Was Mollath sage, sei »jederzeit nachvollziehbar und geordnet«.
    Anders als beim Leipziger-Gutachten waren hier, wie vorgeschrieben, eine körperliche Untersuchung und ein Explorationsgespräch erfolgt. Mollath hätte daher sofort freigelassen werden müssen. Der Direktor des Amtsgerichts Straubing und ein weiterer Richter lehnten die beantragte Betreuung (sprich: Entmündigung) ab. Zugleich teilten sie einer Richterin der Vollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit, es sei zu prüfen, ob die Unterbringung in der Psychiatrie gerechtfertigt sei. Daraufhin forderte die Vollstreckungskammer die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth auf, Stellung zu nehmen.
    Was daraufhin geschah, liegt im Dunkeln. Mollath blieb weiterhin hinter Gittern, sein Martyrium setzte sich fort. Wer hatte seine Freilassung hintertrieben?
    Fest steht aber, dass man flugs ein »Gegengutachten« einholte, das Prof. Hans-Ludwig Kröber/Berlin Mitte 2008 erstellte. Er konnte Mollath allerdings nicht untersuchen, weil dieser sich ahnungsvoll weigerte. Dennoch disqualifizierte er das sorgsame Gutachten Dr. Simmerls mit der Begründung, dass dieser die Angaben Mollaths als nicht wahnhaft befunden habe, insbesondere die Schwarzgeldverschiebungen seiner Ehefrau in die Schweiz. Wieso konnte Kröber behaupten, die Angaben seien wahnhaft, obwohl weder er noch andere sie je überprüft hatten? Man kann sich kaum vorstellen, dass Kröber selbst seine Begründung für plausibel gehalten hat. Was aber war dann sein Motiv?
    Die Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt ist laut Gesetz spätestens in jährlichem Abstand durch das Vollstre ckungsgericht zu überprüfen. Ein solcher Termin stand am 9 . Mai 2011 an. Deswegen hatte Mollaths Anwalt Ziegler dem Landgericht Bayreuth, wie erwähnt, meine 30 -seitige Analyse des Falles als Verteidigungsvorbringen zugeleitet. Zugleich beantragte er, für die Anhörung die Öffentlichkeit zuzulassen und mir als »Person des besonderen Vertrauens« von Mollath die Anwesenheit zu gestatten.
    Die Staatsanwaltschaft beantragte sofort, beide Anträge abzulehnen. Dass sie mich als den Autor von Macht und Missbrauch und als den Verfasser der Analyse nicht dabeihaben wollte, war verständlich. Und dass ihr an Öffentlichkeit ganz und gar nicht gelegen war, war ebenso nachvollziehbar. Was tat das Gericht? Es folgte den Anträgen der Staatsanwaltschaft und behauptete, eine Anhörung sei kraft Gesetzes nicht öffentlich. Dies war unwahr. Vielmehr ist es so, dass das Gesetz insoweit keine Regelung enthält, so der maßgebliche Gesetzeskommentar. Warum diese Scheu des Gerichts vor der Öffentlichkeit? Warum wollte es mich nicht als Beobachter dulden? Es befand, es gebe hierfür »keinerlei Anlass«, weil man bereits dem früheren Richter Heindl die Anwesenheit gestattet habe. Aber das wäre ja kein Hindernis gewesen, eine weitere Vertrauensperson zuzulassen! Wer sich nur auf die leere Formel »Es bestehe kein Anlass«, beruft, offenbart, dass er keine sachlichen Gründe anführen kann. Auf den Protest Mollaths hin ließ mich das Gericht schließlich doch zu – dafür wurde der frühere Richter Heindl ausgeschlossen.
    Den Beginn der Anhörung hatte das Gericht auf Montag 9 . 00 Uhr festgesetzt. Um 8 . 30 Uhr standen vor dem stattlichen neubarocken Gerichtsgebäude außer mir Rechtsanwalt Ziegler, eine Rechtsanwältin aus seiner Kanzlei, die den Fall Mollath mit bearbeitete, und der Richter a. D. Heindl. Auch Fernsehen und Rundfunk waren präsent. Die ARD -Redakteurin Monika Anthes von Report Mainz und der Redakteur Erwin Kohla vom Südwestrundfunk sowie zwei Kameraleute warteten auf die Ankunft Mollaths. Sein Verteidiger wollte sich verabredungsgemäß mit

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