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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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in der Zwischenzeit ein paar Einkäufe erledigen und wäre in ungefähr einer Stunde wieder da, sie sollte sich aber um ihretwillen nicht extra beeilen. Sie würde auf jeden Fall warten.
    Eine Stunde?, dachte Lydia. So lange? Aber natürlich, diese Dinge brauchten Zeit.
    Sie würde schließlich alles noch einmal aufrollen müssen. Nicht bloß das, was gestern Abend passiert war, sondern alles, die ganze Geschichte ihrer Ehe. Das Chaos, in das sich ihr und Roberts Leben verwandelt hatte.
    Sie hatte Angst davor. Sie zitterte aus Angst buchstäblich am ganzen Körper.
    Sie atmete tief durch, öffnete die Tür und ging hinein.

    Zwei Stunden später wurde sie langsam warm mit ihm, doch da war das Gespräch schon fast vorbei. Was nicht heißen soll, dass er sie einschüchtert hatte.
    Eigentlich gefielen ihr Owen Sansoms Erscheinung sowie seine Gelassenheit angesichts ihrer Scham und ihrer Wut sogar sehr gut. Cindy hatte Recht – er sah schon ein bisschen wie ein Streber aus, aber sie fand, dass ihm das nicht zum Nachteil gereichte. Er wirkte nicht wie ein Mann, der sich von einem anderen Anwalt so ohne weiteres die Butter vom Brot nehmen ließ. Aber auch nicht wie einer, der für Geld alles tat, was man von ihm verlangte. Es schien, als blitzte in den Augen hinter seiner Nickelbrille ein Funken Integrität, und unter seinem schütteren Haar war ein gut funktionierender Verstand verborgen.
    »Die wichtigste Frage ist«, sagte er, »ob er die Anschuldigungen anfechten wird. Wie schätzen Sie ihn in dieser Hinsicht ein?«
    »Ich glaube nicht, dass er das tun wird. Er steht immer sehr … in der Öffentlichkeit. Jeder hier kennt ihn. Ich glaube nicht, dass er möchte, dass irgendjemand erfährt … was er getan hat.«
    »Was ist mit dem Sorgerecht? Wird er uns da Probleme machen?«
    »Er wird Robert sehen wollen, da bin ich mir sicher. Aber ich bezweifle, dass er das Sorgerecht beantragen wird. Aus denselben Gründen. Außerdem hat er gar keine Zeit für Robert, das wird er früher oder später einsehen. Ich nehme an, er wird bloß ein Besuchsrecht fordern und wahrscheinlich hin und wieder gemeinsame Ferien mit Robert. Aber nicht das Sorgerecht.«
    »Wie denken Sie darüber?«
    »Worüber?«
    »Dass er die Erlaubnis bekommt, Arthur zu sehen. Nach allem, was er Ihnen angetan hat.«
    »Er hat nie Hand an Robert gelegt, falls Sie das meinen. Er war immer ein … ein ziemlich guter Vater.«
    Es fiel ihr schwer, das zu sagen. Und sie musste sich fragen, wie ein Mann zwei so unterschiedliche Gesichter haben konnte. Wie war das nur möglich?
    »Sie glauben also, dass er grundsätzlich unfähig ist, Ihrem Sohn Gewalt anzutun?«
    Diese Frage war ihm offensichtlich sehr wichtig. Er hatte sich über seinen Schreibtisch weit zu ihr vorgebeugt. Was sie erneut nervös machte.
    »Ich … ja, ich glaube, das ist er. Ich glaube, er hat nur eine Abneigung gegen Frauen.«
    Er blickte sie noch einen Augenblick lang durchdringend an und ließ sich dann wieder in seinen Sessel zurücksinken.
    »Gut«, sagte er. »Ich möchte, dass Sie Folgendes tun: Als Erstes fahren Sie jetzt nach Hause und …«
    »… lassen die Schlösser auswechseln.«
    Er lächelte. »Genau. Wechseln Sie die Türschlösser aus. Ich rufe ihn derweil an und erkundige mich, welcher Anwalt ihn vertritt. Dann machen wir einen Termin aus, an dem er seine Habseligkeiten abholen kann. Am besten dann, wenn Robert nicht zu Hause ist, sondern zum Beispiel in der Schule. Ich will nicht, dass er Ihren Sohn zu diesem Zeitpunkt zu Gesicht bekommt. Sie wahrscheinlich auch nicht. Könnten Sie bis dahin Kopien und Duplikate sämtlicher Kontoauszüge und Unterlagen anfertigen? Wir müssen über seine Einkünfte auf den Cent genau Bescheid wissen. Okay?«
    Sie nickte. Er sah sie an. Einen Moment lang spürte sie wieder diese Intensität, die von ihm ausging.
    »Sie wollen ihn drankriegen, weil er Sie geschlagen hat, Mrs. Danse? Das kriegen wir hin. So etwas ist ein schwerer Gesetzesverstoß. Glauben Sie mir, es wäre mir ein Vergnügen, wenn ich Ihnen helfen könnte, ihn eine Zeit lang hinter Gitter zu bringen. Zumindest, wenn Sie das auch wollen.«
    Sie hatte bereits darüber nachgedacht, mit Cindy darüber gesprochen und war diesbezüglich zu einer Entscheidung gekommen. Sie war sich nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung war, aber trotzdem wollte sie daran festhalten.
    »Nein«, sagte sie. »Ich glaube, das würde ihn ruinieren. Zumindest müsste er das Restaurant aufgeben. Aber das

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