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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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zuschlagen, dann einen Motor anspringen und einen Wagen davonfahren.
    Die Dunkelheit schien plötzlich mit Ozon geschwängert zu sein.
    Dann brach sie zusammen.
    Sie weinte stumm. Alles tat ihr weh, und mit dem rechten Auge sah sie so gut wie nichts mehr. Sie musste sich und Robert von hier wegbringen. Doch vorher musste sie sich noch eine Geschichte für ihn ausdenken, die ihren derzeitigen Zustand einigermaßen plausibel machte, damit ihm ihr Anblick keine Angst einjagte. Dann würde sie ein paar Sachen zusammenpacken, Cindy anrufen und den ganzen Krempel im Auto verstauen. Sie hatte vor, zu Cindy zu fahren und Robert bei ihr unterzubringen.
    Sie hoffte, dass Cindy einen Fotoapparat besaß.
    Denn ihr nächster Halt würde das Büro des Sheriffs sein.
    Damit durfte er nicht durchkommen.
    Sie würde auf keinen Fall zu ihm zurückkehren.
    Sie und Robert waren auf sich allein gestellt.

11
Duggan
    Es war schon spät, fast vier Uhr früh. Ein verflucht schlechter Zeitpunkt, um die Leute aus dem Bett zu holen, für den Fall, dass er sich doch irrte. Aber das bezweifelte er. So wie sie den Vorfall geschildert hatte, gab es nur einen Ort, den er aufsuchen konnte.
    »Officer Welch wird Ihre Angaben zu Protokoll nehmen, Mrs. Danse. Danach können Sie sich ein bisschen aufs Ohr legen.«
    Sie nickte.
    Die Frau war ein einziger riesiger Bluterguss. Er fragte sich, wie sie ihrem Sohn die Sache erklärt hatte. Als er sie bei ihrer Freundin abgeholt und ins Krankenhaus gefahren hatte, hatte sie noch schlimmer ausgesehen. Er hatte sie nur einmal ansehen müssen und gewusst, dass sie dringend medizinische Hilfe benötigte. Mit Kopfverletzungen war nicht zu spaßen.
    Die Fotos, die sie gemacht hatten, waren mehr als eindeutig.
    Wenn sie ihn drankriegen wollte, würden die Fotos auf alle Fälle genügen, um den Schweinehund für eine Weile aus dem Verkehr zu ziehen.
    Persönlich hielt er das für die einzig richtige Lösung des Problems, das Arthur Danse darstellte.
    Er erhob sich von seinem Stuhl. Der Rücken tat ihm weh. Alles tat ihm weh. Das Polizeirevier brauchte dringend bessere Stühle für Männer wie ihn. Schließlich war er nicht mehr der Jüngste, und es war ziemlich spät.
    »Ich will doch mal sehen, ob ich nicht mal ein Wörtchen mit Arthur reden kann«, sagte er. »Schließlich soll er mitbekommen, dass wir Bescheid wissen, und zwar bevor die einstweilige Verfügung rausgeht. Okay?«
    Sie nahm den Eisbeutel vom Gesicht und nickte abermals. »Danke«, sagte sie mit hauchdünner Stimme. Ein Tonfall, den er schon öfter gehört hatte. Er kam für gewöhnlich durch, wenn die Wut verflogen war. Wenn sich bei den Opfern die Erkenntnis einstellte, was sie gerade durchgemacht hatten, und was ihnen womöglich erspart geblieben war.
    Officer Welch – genauer: Officer Martha Welch, die er sowohl für eine Zierde ihres Geschlechts als auch ihres Berufsstands hielt – kam ihm auf seinem Weg nach draußen entgegen.
    »Ganz ohne Verstärkung, Ralph?«
    »Brauche ich nicht. Ich kenne den Burschen schon eine Ewigkeit.«
    »Bist du sicher?«
    »Er ist ein Mistkerl. Er verprügelt Frauen. Womöglich quält er auch Katzen und Hunde.«
    »Katzen und Hunde?«
    »Wenn ich’s dir doch sage. Ich kenne ihn schon lange.«
    Die Straßen waren um diese Zeit verlassen. Der Schnee hatte schon vor einiger Zeit vor den Schneepflügen und der heißen Mittagssonne kapituliert. Er fuhr trotzdem vorsichtig und hielt sich, da er sich seiner Müdigkeit bewusst war, streng an die Geschwindigkeitsbegrenzung.
    Hätte es sich um jemand anderen als Arthur Danse gehandelt, hätte er wahrscheinlich bis morgen gewartet. Oder die Sache einem Kollegen übergeben. Einem mit weniger Erfahrung.
    Aber da es um Danse ging, wollte er die Neuigkeiten persönlich überbringen.
    Nach Duggans Meinung war Danse von Grund auf böse. Böse geboren, schlecht erzogen und völlig verkorkst. Er war lediglich mit zunehmendem Alter gerissener geworden, und niemand hegte die geringsten Zweifel an seiner Intelligenz. Doch ähnlich wie in Behörden schien auch im Charakter eines Menschen die Scheiße immer oben zu schwimmen.
    Was heute Nacht passiert war, überraschte ihn nicht. Er hatte schon lange darauf gewartet, dass Arthur überschnappen würde.
    Das Schlimme war, dass es seine Frau getroffen hatte.
    Eine Krankenschwester. Eine anständige Frau, wie ihm schien, wenn auch nicht aus der Gegend.
    Es hatte ihn schon immer erstaunt, was die Leute bei anderen Menschen alles ausblenden

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