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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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gehen. Dabei klopfte er mit den Fingerspitzen gegen sein Kinn. Das war seine Dozentenmasche. Gleich würde er zu einem Vortrag ausholen. Sie kannte diese Vorträge bereits und konnte sie nicht leiden.
    »Und doch passt alles zusammen«, begann er. »Die Alpträume natürlich, die allgemeine Nervosität, die Ungeschicklichkeit, die Schüchternheit. Es würde ohne Frage erklären, warum er ins Bett macht, und die Haltung, die er einnimmt, wenn Sie ihn wickeln wollen. Mir sind zwar keine Fälle von Kindesmissbrauch bekannt, die unmittelbar zu Stottern geführt hätten, aber es ist durchaus möglich, dass so ein traumatisches Erlebnis eine Ursache dafür sein kann. Vor allem aber interessiert mich in diesem Zusammenhang seine körperliche Unbeholfenheit, die eine Art Selbstbestrafung darzustellen scheint.«
    Er wandte sich ihr zu.
    »Um Ihnen die Wahrheit zu sagen: Ich habe schon mit etwas Derartigem gerechnet.«
    »Was?«
    »Nun, es schien mir durchaus im Bereich des Möglichen.«
    »Dass Robert missbraucht wurde, schien Ihnen im Bereich des Möglichen?«
    »Ich fürchte, ich hielt es sogar für wahrscheinlich.«
    »Und da haben Sie nichts gesagt? Sie haben diese … Wahrscheinlichkeit einfach für sich behalten?«
    Sie wäre dem Mann am liebsten an die Gurgel gesprungen. Sofort und auf der Stelle.
    Er seufzte abermals. Anscheinend strapazierte sie seine Geduld.
    »Mrs. Danse, ein Verdacht auf Kindesmissbrauch gehört nicht zu den Dingen, über die man leichtfertig spricht. Insbesondere nicht – und das kann ich Ihnen leider nicht ersparen – mit einer potenziellen Täterin.«
    »Augenblick mal«, sagte sie. »Nur damit ich Sie richtig verstehe: Ich vertraue Ihnen meinen Sohn an, stelle Ihnen tausend Fragen über sein seltsames Verhalten, und Sie glauben, dass ich ihn missbraucht haben könnte?«
    Er zuckte mit den Achseln. »So etwas soll schon vorgekommen sein. Das betreffende Elternteil ist sich sicher, dass das Kind nichts sagen wird, setzt das Kind vielleicht sogar unter Druck. Und bringt es dann, falls die Gefahr besteht, dass alles auffliegt, in therapeutische Behandlung, um alles zu vertuschen. Und zwar mit genau der Begründung, die Sie gerade vorgebracht haben. Warum sollte ich ihn behandeln lassen, wenn ich die Schuldige bin? Nicht zu vergessen der unbewusste Wunsch, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Vielleicht hat der betreffende Elternteil das Bedürfnis nach Bestrafung, aber er oder sie ist nicht dazu in der Lage, seine oder ihre Taten ohne weiteres zu gestehen, und hofft daher, das Kind würde das übernehmen. Sie müssen zugeben, Mrs. Danse, dass ich bisher lediglich Ihre Version der Ereignisse kenne. Es ist durchaus möglich, dass Sie den Missbrauch begangen haben. Auch wenn ich das selbstverständlich für höchst unwahrscheinlich halte. Der Schlüssel zur Wahrheit ist naturgemäß Robert. Nur er kann uns mit einiger Sicherheit sagen, was geschehen ist.«
    Es war unglaublich. Dieser hochnäsige kleine Scheißkerl. Es war gar nicht zu übersehen, wie sehr er seine kleine Rede genossen hatte. Sie wäre am liebsten sofort aufgestanden und gegangen, um ihm nie wieder unter die Augen treten zu müssen.
    Doch sie war auf ihn angewiesen.
    Und so sehr sie es sich auch wünschte, es hätte keinen Sinn gehabt, es sich mit dem Mann zu verscherzen.
    Dazu war später noch genug Zeit.
    »Wann haben Sie Zeit für ihn?«
    Er blätterte umständlich in seinem Terminkalender und spähte dabei angestrengt durch die untere Hälfte seiner Gleitsichtbrille.
    »Morgen, fünfzehn Uhr dreißig?«
    »Es muss unbedingt heute noch sein, sagt mein Anwalt. Es ist sehr dringend.«
    Er wirkte etwas verärgert. Von mir aus, dachte sie. Hauptsache, es geht voran.
    »Ich kann ihn heute um halb fünf zwischenschieben«, sagte er. Dann schüttelte er den Kopf und seufzte wieder. »Aber ich würde mir an Ihrer Stelle wirklich nicht zu viel davon versprechen.«
    »Das tue ich auch nicht«, antwortete sie völlig ohne Ironie.

    Nachdem sie beim Proktologen gewesen waren, saßen sie schweigend im Auto. Sie wusste einfach nicht, was sie sagen sollte. Robert schien in Gedanken versunken.
    Doktor Hessler war ein netter Mann, der Robert sehr gut behandelt und ihm ohne Umschweife versichert hatte, dass ihm nichts von dem, was er mit ihm vorhatte, wehtun würde. Dann hatte er sofort das Thema gewechselt und sich erkundigt, ob er denn Dschungelbuch II schon gesehen hatte – keine Ahnung, wie er darauf gekommen war.
    Sie hatten den Film

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