Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
Vom Netzwerk:
wenden.
    Stones Rolle in diesem Prozess war ungewöhnlich. Einerseits nahm sie als Roberts Rechtsbeistand seine Interessen wahr, konnte jedoch auch von beiden Parteien in den Zeugenstand gerufen werden, um ihre Ergebnisse als Ermittlerin in dieser Angelegenheit darzulegen.
    Sie berichtete Owen Sansom von ihren Gesprächen mit Lydia Danse, Hessler und Bromberg, und von den drei Besuchen, die sie Robert abgestattet hatte. Dabei hatte sie ihn als den Umständen entsprechend sehr gefasst, jedoch auch unschlüssig vorgefunden. Er schien jedoch durchaus bereit gewesen zu sein, ihr in – wie sie es nannte – vorsichtigen Worten zu offenbaren, was geschehen war. Zumindest bis sie die Frage gestellt hatte, wer ihm das angetan hatte.
    Über dieses Thema hatte er nicht sprechen wollen. Genauso wenig wie über seinen Vater.
    »Und was schließen Sie daraus, Miss Stone?«, wollte Sansom wissen.
    »Einspruch.«
    »Es ist Miss Stones Beruf, Schlüsse zu ziehen, Euer Ehren. Mr. Wood weiß das.«
    »Einspruch abgelehnt. Die Zeugin soll antworten.«
    »Ich schließe daraus, dass der Missbrauchstäter und Roberts Vater ein und dieselbe Person sind.«
    »Ist er bereit, über andere Männer zu sprechen? Zum Beispiel über seinen Großvater. Oder über mich?«
    »Ja.«
    »Er will also nur nicht über seinen Vater sprechen?«
    »Ja.«
    Sansom brachte gegen Woods wiederholten Einspruch den Zwischenfall in ihrem Büro zur Sprache.
    »Erinnern Sie sich, was genau er gesagt hat, als er die Geduld verlor?«
    »Er bat darum, Robert allein sehen zu dürfen, was ich ablehnte, da ihm das gerichtlich untersagt war. ›Auch nicht für fünf verfickte Minuten?‹, sagte er darauf. Er schrie regelrecht.«
    »In Roberts Gegenwart?«
    »Ja.«
    »Wie hat Robert darauf reagiert?«
    »Er zuckte zusammen.«
    »Er zuckte zusammen?«
    »Er schreckte regelrecht zurück. Als wollte ihn jemand schlagen.«
    »Was ging Ihnen in diesem Moment durch den Kopf?«
    »Dass ihn dieser Ausdruck beunruhigt hat. Das Wort ›ficken‹.«
    »Und hat Mr. Danse an besagtem Tag dieses Wort in Ihrem Beisein noch einmal verwandt?«
    »Einspruch. Irrelevant.«
    »Ich lasse die Frage zu.«
    »Jawohl. Vor meinem Büro. Er nannte mich eine ›verfickte, frigide Fotze‹.«
    »War das der exakte Wortlaut?«
    »Ja.«
    Sansom kehrte an seinen Tisch zurück und blätterte in seinen Unterlagen. Als er gefunden hatte, wonach er gesucht hatte, ging er wieder zu Andrea Stone hinüber und reichte ihr einige Papiere.
    »Miss Stone, ist dies das Gutachten, das Sie dem Gericht vorgelegt haben? Ist das Ihre Unterschrift?«
    »Ja.«
    »Könnten Sie uns eine Zusammenfassung geben?«
    »Ich empfehle darin, das alleinige Sorgerecht der Mutter, Lydia Danse, zuzuerkennen. Darüber hinaus spreche ich mich dafür aus, dem Vater, Arthur Danse, sämtliche Umgangsrechte zu verweigern.«
    »Auf welcher Grundlage?«
    »Ich glaube, dass Arthur Danse seinen Sohn sexuell missbraucht hat. Und ich glaube, dass dies bereits seit geraumer Zeit der Fall ist.«
    »Vielen Dank, Miss Stone. Würden Sie das bitte als Beweisstück A vermerken, Euer Ehren? Keine weiteren Fragen an die Zeugin.«
    »Mr. Wood?«
    Wood stand langsam auf und ging auf sie zu. Er lächelte, als wäre sie eine gute, alte Freundin, und Lydia war einen Moment lang bereit zu glauben, dass es tatsächlich so war – obwohl sie es natürlich besser wusste. So gut war er. Wood zog seine Notizen zu Rate.
    »Miss Stone, Sie sagen aus, dass Sie Robert gefragt haben, ob irgendjemand etwas mit ihm gemacht hat, dass er nicht wollte, und dass er darauf geantwortet hat: ›Kann sein.‹ Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Dann haben Sie ihn gefragt, ob irgendjemand seine Geschlechtsteile berührt hat, und er antwortete abermals: ›Kann sein.‹ Richtig?«
    »Ja.«
    »Aber er hat keine Ihrer Fragen mit Ja oder Nein beantwortet, richtig?«
    »Ich hatte den Eindruck, dass er einer direkten Antwort auswich, dass er mir jedoch etwas mitteilen wollte, ohne es auszusprechen.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass er nicht bloß so tat, als wollte er Ihnen etwas mitteilen?«
    »Wie bitte?«
    »Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kinder, die auf einen Elternteil oder auf die Erwachsenen im Allgemeinen wütend sind, gerne zu derartigen Anschuldigungen greifen – die häufig vollkommen aus der Luft gegriffen sind. Woher wollen Sie also wissen, dass Robert nicht bloß die Möglichkeit in Betracht zog, genau das zu tun, sich dann aber dagegen entschied?«
    »Ich übe meinen Beruf schon

Weitere Kostenlose Bücher