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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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mit den Achseln. »Rechnungen. Bestellungen. Versandpapiere. Das Übliche.«
    »Und war diese Arbeit sehr … anspruchsvoll?«
    Er lächelte. »Anspruchsvoll würde ich nicht gerade sagen. Eher belangloser Kram.«
    »Aber Sie waren so sehr davon in Anspruch genommen, dass Sie nicht hörten, wie Robert von der Toilette kam. So viel Aufmerksamkeit erforderten diese langweiligen Rechnungen und Bestellungen also doch.«
    »Natürlich war es langweilige Arbeit. Trotzdem muss man sich darauf konzentrieren.«
    »Haben Sie die Toilettenspülung wahrgenommen? Wie das Wasser in den Abfluss rauschte? Wie die Tür auf- und wieder zuging?«
    »Nein. Nicht bewusst.«
    »Sie haben Hartholzdielen in Ihrem Haus, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Hatte Robert Schuhe an?«
    »Das weiß ich nicht mehr.«
    »Aber er ging durch Ihren Flur?«
    »Ja.«
    »Was liegt noch an diesem Flur?«
    »Verzeihung?«
    »Gibt es an diesem Flur noch andere Zimmer?«
    »Eine Tür führt auf eine Veranda hinterm Haus, und wenn man in der anderen Richtung um die Ecke geht, kommt man ins Esszimmer und dahinter schließt sich die Küche an.«
    »Sie wissen also gar nicht genau, ob er an dem Tag wirklich auf die Toilette gegangen ist, richtig? Sie haben nichts gehört und nichts gesehen. Er hätte demzufolge ebenso gut auf die Veranda, ins Esszimmer oder in die Küche gehen können.«
    »Er war hibbelig.«
    »Er war was?«
    »Hibbelig. Er hat so auf der Stelle hin und her getrippelt. Sie wissen schon, so wie es Kinder eben tun, wenn sie auf die Toilette müssen.«
    »Sie nehmen also an, dass er zur Toilette wollte, weil er hibbelig war.«
    »Ja.«
    »Bisher hatten Sie uns das noch nicht mitgeteilt.«
    »Ich hatte es vergessen.«
    »Ist es nicht vielmehr so, dass es sich hierbei um eine weitere Lüge handelt, Mr. Danse? Wie bei Ihrer Unterhaltung mit Robert im Auto und Ihren Beobachtungen während der Fahrt?«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Hat Lydia Danse Ihnen vor diesem Zwischenfall jemals persönlich mitgeteilt oder sonst irgendwie Anlass zu der Vermutung gegeben, dass sie mit den Scheidungsvereinbarungen unzufrieden war?«
    »Nein.«
    »Weshalb sollte sie ihre Meinung geändert haben?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Ihnen ist doch bewusst, dass Meineid strafbar ist, Mr. Danse?«
    »la.«
    »Gut. Dann frage ich Sie jetzt noch einmal: Haben Sie Ihren Sohn, Robert Danse, an jenem oder an irgendeinem anderen Tag sexuell missbraucht?«
    »Hören Sie …«
    »Ja oder nein. Haben Sie?«
    »Warum fragen Sie ihn nicht einfach selbst, wenn Sie mir nicht glauben? Fragen Sie Robert. Nein, ich habe so etwas nicht getan. Fragen Sie Robert.«

    Wood bat um eine Unterredung. Die drei Rechtsanwälte traten vor die Richterbank. Lydia wusste nicht, worum es ging, doch die Aussprache zog sich eine Weile hin. Bis auf Burke schienen alle sehr erregt zu sein. Schließlich sprach er ein Machtwort, und alle drei wandten sich wieder dem Gerichtssaal zu.
    Owen Sansom kehrte kopfschüttelnd an ihren Tisch zurück.
    »Was? Was ist passiert?«, wollte Lydia wissen.
    »Wir möchten noch einmal Lydia Danse in den Zeugenstand rufen, Euer Ehren«, sagte Wood in diesem Moment.
    »Das ist passiert«, sagte Sansom. »Gehen Sie ihm ja nicht an die Gurgel, verstanden? Versuchen Sie, cool zu bleiben.«
    Cool war nicht ganz das richtige Wort. Sie war innerlich wie erfroren. Sie konnte sich nachher kaum daran erinnern, wie sie den Weg bis zum Zeugenstand überwunden, dort Platz genommen hatte und schließlich daran erinnert worden war, dass sie noch immer unter Eid stand. Es war, als wäre irgendetwas in ihr eingerastet, als hätte sich ein Zahnrad verhakt und das ganze Getriebe wäre zum Stillstand gekommen.
    Wood vergeudete keine Zeit.
    »Sie haben bereits ausgesagt«, sagte er, »dass Sie nicht sicher sind, ob Sie sich einer Anordnung, die meinem Mandanten uneingeschränkten Umgang mit Robert gewähren würde, ohne weiteres fügen würden. Es geht in dem Zusammenhang um vollkommen gewöhnliche Umgangsrechte. Sie hatten inzwischen Zeit, noch einmal darüber nachzudenken, und wir fragen uns, ob Sie Ihren Standpunkt in dieser Sache inzwischen geändert haben.«
    »Meinen Standpunkt?«
    »Ja.«
    Sie war nicht dumm. Sie hörte sämtliche Alarmsirenen schrillen. Und sie wusste, worauf er hinauswollte. Sie konnte nur nicht fassen, dass Richter Burke ihn so offensichtlich damit durchkommen ließ.
    Vorsicht, ermahnte sie sich. Es musste irgendeinen Ausweg aus dieser Zwickmühle geben.
    »Mein Standpunkt ist, dass

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