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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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weiteren Fragen.«

    »Wir rufen Arthur Danse in den Zeugenstand, Euer Ehren.«
    Lydia musterte ihn, als er sich setzte und dem Publikum den Blick zuwandte.
    Wäre ich als Richter geneigt, diesem Mann Glauben zu schenken?, fragte sie sich.
    Vielleicht. Er sieht verdammt gut aus.
    Seine Miene drückte nichts weiter aus, als dass er sich der Ernsthaftigkeit des Augenblicks bewusst war – eine Art von intelligenter Anteilnahme. Keine Spur von Schuldbewusstsein. Keine Nervosität. Das Gesicht eines Mannes, der sich nichts mehr wünscht, als Licht ins Dunkel zu bringen und diese Unannehmlichkeit ein für alle Mal hinter sich zu lassen. Sie fand, dass er den Beruf verfehlt hatte. Arthur hätte einen Oscar gewinnen können. Als ihre Blicke sich trafen, schien er nicht das Gefühl zu haben, die Augen niederschlagen zu müssen.
    Wood ging rasch die einleitenden Vorbemerkungen durch, so dass es sofort mit den Lügen und Halbwahrheiten losgehen konnte.
    »Mr. Danse«, sagte er, »würden Sie uns bitte in Ihren Worten schildern, was sich am elften Januar diesen Jahres zugetragen hat?«
    »Gern.« Er beugte sich aufmerksam vor. »Ungefähr um zwölf habe ich meinen Sohn von seiner Mutter abgeholt. Dann sind wir zum Mittagessen zu McDonald’s an der 93 gefahren. Robert mag Chicken McNuggets, obwohl ich versuche, nicht häufiger als ein- oder zweimal im Monat mit ihm dahin zu gehen. Wir haben im Auto gegessen. Danach sind wir nach Ellsworth gefahren, in die Gegend, in der meine Eltern leben. Wir gingen auf die Jagd. Ich hatte mir gerade ein nagelneues Gewehr gekauft – eine Remington-Bockdoppelflinte –, das ich an diesem Tag ausprobieren wollte.«
    »Robert hatte demnach keine eigene Jagdwaffe?«
    »Nein. Da müssen schon noch ein paar Jährchen vergehen, bevor ich ihm erlauben kann, mit einer Schusswaffe zu hantieren.«
    Ganz der verantwortungsbewusste Familienvater. Aber sicher.
    »Wie lange waren Sie auf der Jagd?«
    »So zweieinhalb Stunden, würde ich sagen. Ich glaube, wir sind ungefähr um halb vier zum Auto zurück. So um den Dreh. Ich habe bemerkt, dass Robert ziemlich müde wurde, und da ich bereits ein Kaninchen geschossen hatte, beschloss ich, zusammenzupacken. Wir waren also, wenn’s hochkommt, zwei, höchstens drei Stunden da draußen.«
    »Und was haben Sie dann gemacht?«
    »Ich hatte noch was zu erledigen, also sind wir zu mir nach Hause gefahren. Robert hat sich einen Film auf HBO angesehen und danach mit seinem Sega Genesis gespielt, das ich für ihn besorgt habe, während ich den Papierkram erledigte. Ich vermute, wir haben beide nicht auf die Zeit geachtet, denn auf einmal war es schon Viertel nach sechs. Ich dachte nur, ach, du meine Güte! Ich hätte Robert ja schon vor einer Viertelstunde zu Hause abliefern sollen. Sie wird bestimmt stinksauer sein.«
    »Sie?«
    »Roberts Mutter.«
    »Warum haben Sie nicht angerufen? Um ihr mitzuteilen, dass Sie sich verspäten würden?«
    »Ich hab’s versucht. Aber es war dauernd besetzt. Da habe ich Robert ins Auto gesetzt und ihn schleunigst zu ihr gefahren.«
    »Mr. Danse, ist Ihnen auf dem Weg zu seiner Mutter aufgefallen, dass Robert sich aus irgendeinem Grund nicht wohlzufühlen schien?«
    »Ja, allerdings. Er wirkte irgendwie … zappelig. Als würde es ihm Schwierigkeiten bereiten, ruhig auf seinem Platz zu sitzen. Und ich weiß noch, dass wir einmal durch ein ziemlich tiefes Schlagloch fuhren. Ich wäre fast mit dem Kopf gegen das Wagendach gestoßen, obwohl ich mich angeschnallt hatte. Da habe ich mich zu Robert umgedreht, weil ich nachsehen wollte, ob er okay ist. Er hatte so einen komischen Gesichtsausdruck. Als täte ihm irgendwas weh. Dabei war er ebenfalls angeschnallt.«
    »Haben Sie ihn gefragt, was los sei?«
    »Ja.«
    »Was hat er geantwortet?«
    »Er sagte, es wäre alles in Ordnung. Er hätte bloß Angst, dass seine Mutter auf ihn sauer sein und ihn bestrafen könnte, weil wir spät dran waren. Ich habe ihn beruhigt. Habe ihm gesagt, dass ich schuld wäre, und dass ich ihr das auch sagen würde. Er musste also keine Angst haben.«
    »Mr. Danse, waren Sie, als Sie Ihre Papiere durchgesehen haben, mit Robert in einem Zimmer?«
    »Nein. Ich war in meinem Arbeitszimmer. Robert war im Wohnzimmer.«
    »Für wie lange ungefähr?«
    »Ungefähr zwei Stunden, vielleicht auch ein bisschen länger.«
    »Haben Sie mitbekommen, ob er zwischendurch aufgestanden und auf die Toilette gegangen ist?«
    »Ja. Wenn man bei mir vom Wohnzimmer auf die Toilette

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