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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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aufgebracht. Und Sie schlagen vor, ihn nach seinen Telefonaten zu befragen?«
    »Ist das eine Fangfrage, Chef?«
    Villani schwieg, sah nach vorn. Er spürte, dass Dove unsicher wurde, bald würde er das Schweigen durchbrechen. Bob Villani war der Meister des Schweigens, Bob verunsicherte einen mit Schweigen, brachte einen zum Plaudern, wodurch man alles noch schlimmer machte. Am Ende der zehnten Klasse las Bob sein Zeugnis, musterte ihn über den Zeugnisrand hinweg, faltete es zusammen, steckte es in den Umschlag, sah weg, als hätte irgendetwas an der nackten Wand seine Aufmerksamkeit geweckt. Er lernte den vorteilhaften Gebrauch des Schweigens von Bob und wandte es bei Mark und Luke an.
    Am letzten Sonntag hatte Luke mit seiner bestussten kleinen Wetterfee den Blick, das Schweigen nicht ausgehalten und immer sinnloseres Geschwätz von sich gegeben, mit unstetem Blick.
    Und Mark hinter seinem Arztschreibtisch, überall die kleinen Geschenke der Pharmavertreter, die Notizblöcke, die Porsche-Computermaus mit Scheinwerfern, die Röhren mit chinesischen Tennisbällen im Regal, Mark hielt es gerade mal fünfzehn Sekunden aus.
    Das gehörte zu dem herrischen Auftreten. Und Bob besaß die Frechheit, so zu tun, als missbillige er das, als sei er am Entstehen dieses Chefgehabes nicht beteiligt, als gefiele es ihm nicht, dass Gordie dadurch eingeschüchtert war, dieser Schwachkopf, dessen massiger Vater Ken sich seine Bettrolle geschnappt und sich Monate vor Gordies Geburt aus dem Staub gemacht hatte. Doch vorher kam er noch vorbei und fetzte sich mit Bob, was sie nicht mit ansahen, weil Bob befahl,
sie sollten im Haus bleiben. Die Männer gingen hinter den Wellblechschuppen, sie hörten Kens laute Stimme und spürten die Gewalt wie einen Druck auf der Haut, das dauerte ein paar Minuten, dann hörten sie den Pick-up die Auffahrt hinunterrasen und ein Geräusch, fast wie einen Knall.
    Als Bob zurückkam, spannte er die Finger an, ging zum Wassertank und hielt sie unter den Hahn. Später sahen sie, dass das Tor gute vier Meter von den Pfosten entfernt lag, offenbar hatte Kens Kuhfänger es mitgeschleift.
    Bob sagte: »Der Junge weiß, was gut für ihn ist, er fährt nach Broome.«
    Wenn man so wollte, waren Mark und Luke Villanis erste Kinder gewesen. Und dann sein richtiger Sohn, Tony. Hatte er ihn durch Schweigen eingeschüchtert? Ein paarmal bestimmt. Corin nicht, nein, ihr hatte er nie so zugesetzt. Na gut, ein-oder zweimal, als sie kurzzeitig ein launischer Teenager war.
    Und Lizzie? Lizzie hätte ihn überhaupt nicht beachtet, oder sie hätte ihn auf ihre direkte, missmutige Art angesehen, strenger Mund, fester Blick. Lizzie ließ sich von ihm nicht einschüchtern.
    Laurie? Anfangs vielleicht. Eine Zeit lang bewunderte sie ihn, was ihm erst später, Jahre später klar wurde, als sie eines Tages sagte: Du wirktest so viel älter als ich, hast einen immer beurteilt. Viel mehr als mein Dad.
    Doch das hatte sie überwunden, sein Schweigen, seine Urteile waren ihr scheißegal. Sie zuckte nur noch mit den Schultern und ging, ging ihren eigenen Weg.
    Dove wartete ab. Er würde nicht reden.
    »Nicht alles ist ein Test«, sagte Villani. »Manchmal will man nur eine Meinung hören.«
    »Ist nicht immer leicht, aus Ihnen schlau zu werden«, sagte Dove, »Chef.«
    »Bricknell war also auf der Party im Orion«, sagte Villani. »Fragen Sie ihn nach den Telefonaten mit dem Prepaid-Handy.
Er wird fragen, wie Sie zu seinen Verbindungsdaten kommen. Was antworten Sie ihm?«
    »Was weiß er schon, wir können das Handy haben«, sagte Dove. »Wir haben es analysiert, haben alle Daten.«
    »Es ist über eine Woche her«, sagte Villani. »Wenn er nervös ist, hat er inzwischen mit den Leuten gesprochen, die das Mädchen gebracht haben. Dann weiß er, dass wir das Handy nicht haben, weil sie es ihm sonst gesagt hätten. Er wird nicht in Panik geraten, weil er weiß, dass wir rein gar nichts in der Hand haben. Und selbst wenn er bereit ist, Fragen zu beantworten, wird er behaupten, jemand habe sich sein Handy ausgeliehen, ein Fremder habe es gestohlen, als sie auf dem Klo Koks geschnupft hätten. So was in der Art.«
    Dove fand seine Sonnenbrille. »Das Blut in Preston.«
    »Noch so ein Geheimnis«, sagte Villani. »Diese Spur begann mit dem Mädchen auf dem Hume Highway. Das sieht mittlerweile fragwürdig aus. Wenn also der Wagen nichts zu bedeuten hat, dann hat das Haus des lange abwesenden Alibani einen Scheißdreck mit Prosilio zu

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