Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
Vom Netzwerk:
vergisst man nie«, sagte Singo. »Ein Leben lang nicht.«
    Villani kannte keinen Fall, wo durch Schnuppern etwas entdeckt worden wäre, was man auf andere Weise nicht gefunden hätte. Doch je mehr er schnupperte, desto hundeähnlicher wurde er, desto mehr wurden ihm die Gerüche der Welt bewusst.
    Es würde der Tag kommen, an dem Schnuppern sich auszahlte.
    Neben einem Mülleimer gestapelte leere Pizzakartons, Plastikteller in einem Trockengestell, leere Spüle, zwei Topfkratzer. Er durchquerte den Raum. Ein düsterer Flur mit nacktem Parkettboden führte zur Vordertür, zwei Türen links, zwei Türen rechts.
    Er warf einen Blick in den ersten Raum zu seiner Linken. Ein Schlafzimmer, Einzelbett. Pedantisch sauber wie die Küche, ungemachtes Bett, darunter zwei Paar Laufschuhe ordentlich nebeneinander, gefaltete Kleider auf einem Stuhl, in einer sauberen Haarbürste steckte ein Kamm, ein Stachelschwein mit Rückenflosse.
    Der Raum vis-à-vis war ein Badezimmer, auf den Haltern hingen Handtücher. Es war so sauber wie in der Küche und roch nach Chlorbleiche.
    Daneben noch ein Schlafzimmer, breites Doppelbett, nicht gemacht, billige chinesische Baumwollklamotten, von
einem Körper gepellt, auf den Boden fallen gelassen, mehrere Schichten Kleidung. Er roch Zigaretten, Dope, alkoholisierten Atem, schweißgetränkte Laufschuhe.
    Und noch etwas. Parfüm, billiges Parfüm. Er schnupperte über dem Bett. Hier hatte kürzlich eine Frau geschlafen. Oder ein parfümierter Mann.
    Das nächste Zimmer zur Rechten. Ein Duplikat des vorigen Raumes, aber dreckiger und mit zwei Drogenpfeifen. Hier roch es nach einem anderen, billigen Parfüm.
    Das Zimmer zur Linken war ein Wohnzimmer. Übergroße, billige Ledersessel, Schaumstoff quoll aus Rissen, ein quadratischer gläserner Couchtisch, drei Meter Durchmesser, mit einem Sprung von einer Ecke zur anderen, eine Landebahn für Hamburgerverpackungen, leere Bierdosen, leere Softdrinkdosen Marke Cougar, die Zeitschriften Hot Rod , Stiff, HighLand . Eine verchromte Radkappe diente als Aschenbecher für vielleicht vierzig oder fünfzig Kippen, andere waren neben dem Aschenbecher gelandet und auf dem Tisch verglüht, hatten Aschezylinder und dunkle Nikotinflecken hinterlassen. Auf einem Fernsehtisch stand ein Fünfzig-Zoll-Flachbildschirm, er lief ohne Ton, ein Mann und eine stark geschminkte Frau, Betonfrisur, sprachen in die Kamera – Frühstücksfernsehen. Am Ende eines Satzes runzelte der Mann die Stirn, die Augenbrauen standen schief, ein Hundegesicht, manchmal glücklich, manchmal verdutzt, manchmal traurig. Die hübsche Frau war aufgeregt und hilflos, sie wusste, dass sie Frischfleisch war, ein Blickfang, man hatte ihr gesagt, sie solle ganz sie selbst sein, was ihr nicht weiterhalf, da sie keine Ahnung hatte, wer oder was sie selbst war, von hübsch abgesehen.
    Jemand hatte auf einem an der Wand stehenden Sofa geschlafen, auf dem ein Schlafsack mit geöffnetem Reißverschluss lag, ein schmieriges Kissen, auf dem Boden ein voller Aschenbecher, eine halb leere Packung Zigaretten, ein Plastikfeuerzeug.

    Neben dem Kamin lag ein ordentlicher Stapel Zeitungen, auf einem Tischchen neben einem breiten, klobigen Sessel. Villani warf einen Blick darauf.
    The Age .
    Die Samstagszeitung. Wer las in diesem Haus so eine renommierte Zeitung, die Drogenopfer oder der ordentliche Mann, der Aufräumer und Desinfizierer?
    In der Milchbar in Selborne hatten sie The Age immer für Bob Villani aufgehoben. Wenn er die ganze Woche am Steuer unterwegs war, sammelten sich die Zeitungen. Sonntags ordnete Bob sie chronologisch, und Vater und Sohn lasen sie in einem Rutsch, zuerst Bob, der jede Ausgabe weiterreichte, sobald er damit durch war.
    Villani ging durch den Flur zurück, durch die antiseptische Küche, hinaus in den Tag. Moxley kam gerade aus dem Lagerhaus, einen grünen Mundschutz vor dem Gesicht, den er jetzt bis zur Stirn hochschob.
    »Drei männliche Weiße, bei dem in der Nähe des Eingangs ausschließlich Schusswunden, Kopfschuss, die beiden hängenden haben zahlreiche Verletzungen, einschließlich Schusswunden«, sagte er. »Keine Hinweise auf ihre Identität. Außer …«
    Er gab Villani eine Karte.
    VOLIM TE IVAN , schräg und in Versalien.
    »Was ist das?«, fragte Villani.
    »Eingraviert auf einem Ohrring bei dem am nächsten hängenden Mann«, sagte Moxley. »Beide sind Ende dreißig, würde ich sagen. Vielleicht ein paar Jahre mehr oder weniger.«
    Sie sahen ihm nach, als er in das

Weitere Kostenlose Bücher