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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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er.
    »Reden wir miteinander? Wie in: Möchtest du mit mir reden?«
    »Ich glaube schon, ja.«
    »Gut. Hab dich bei Persius mit den Reichen und Berühmten gesehen. Du sahst durch mich hindurch.«
    »Vom Glanz geblendet.«
    »Nun, ich dachte, ich war neulich abends ein wenig teenagermäßig drauf. Vielleicht nicht ganz die reife Person, die ich sein sollte.«
    »Reife wird heutzutage oft überbewertet.«

    Nicht ihr volles Lachen, nicht das Lachen, bei dem er damals im Restaurant Court House quer durch den Raum geschaut hatte und ihre Blicke sich trafen und der Schalter umgelegt wurde, der Strom floss, der kristallene Augenblick. Er hatte den Blick gesenkt, und als er wieder hinsah, schaute sie ihn immer noch an.
    »Du gaffst meine sexy Freundin an«, sagte Tony Ruskin. Er war der Polizeireporter von The Age , Villani kannte ihn, seit er als Reporter angefangen hatte, der kluge Sohn eines klugen Cops namens Eric Ruskin, der den Job an den Nagel hängte und sich ins Parlament wählen ließ, es schließlich bis zum Polizeiminister brachte. Sie trafen sich auf Matt Camerons Weihnachtsgrillfest für Cops aus dem Raubdezernat und Freunde, an einem Sonntag am Pool in Hawthorn, von mittags bis in-ein-Taxi-verfrachtet-nachdem-man-ins-Rosenbeet-gekotzt-hat.
    »Ich gaffe nicht«, sagte Villani. »Manchmal glotze ich.«
    Anna Markham verließ den Raum, kam zurück, machte einen Umweg und legte eine Hand auf Ruskins Schulter. »Ein bisschen zu öffentlich, oder?«, sagte sie. »Ich dachte, ihr hättet diese Treffen in Tiefgaragen.«
    »Vor aller Augen im Verborgenen«, sagte Ruskin. »Anna Markham, Stephen Villani.«
    »Ich kenne den Inspector vom Sehen«, sagte sie.
    »Dito«, sagte Villani.
    Später nach dem Essen gesellte sie sich zu ihnen, trank ein Glas Roten.
    »Ich bin bettreif«, sagte Ruskin. »Anders als andere muss ich morgens klar denken.«
    Als alle Anstalten machten aufzubrechen, sagte Anna: »Eigentlich hätte ich nichts gegen noch ein Glas einzuwenden. Wie steht’s mit Ihnen, Inspector?«
    Ruskin ging, er wusste Bescheid. Sie tranken noch ein Glas, lachten viel. Als sie draußen auf Taxis warteten, Dampf ausatmeten,
sagte Anna: »Man bringt das Morddezernat nicht mit lachen in Verbindung.«
    »Wir lachen viel. Wir kichern den ganzen Tag.«
    Eigentlich wollte er den ersten Schritt machen, ließ es aber bleiben, er war gerade in einer Schuldphase. Sie schrieb ihre Nummer auf eine leere Karte. Er rief nie an. Wenn er sie im Fernsehen sah, dachte er jedes Mal daran, doch er war kein Mensch, der die Initiative ergriff. Das redete er sich selbst ein. Das war seine Ausrede.
    Jetzt sagte Anna: »Können wir diese Unterhaltung woanders fortsetzen?«
    »Nenn einen Treffpunkt.«
    »Das Cité. In der Avoca Street. Kennst du das?«
    »Na klar, sehr beliebt bei Cops. Kleines Bier und ein Parmigiani für zehn Dollar, halber Preis in der Happy Hour zwischen vier und neun. Das heißt zwischen vier und neun Uhr morgens.«
    »Der Ort, der die Zeit vergaß. Ich bin um acht da. Ab acht.«
    Vorher war der Dancer dran.

A rchitekten hatten sich die alte Schlachterei vorgenommen, Wände abgeschlagen, Backsteine freigelegt, jetzt war überall schwarzes Holz und dunkel getöntes Glas, eine Wand voller Weinflaschen. In dem großen, offenen Raum aßen und tranken ein Dutzend Leute. Auf einem Flachbildschirm hinter der Bar liefen Nachrichten.
    Dance saß in einer Ecke, könnte einen Haarschnitt vertragen, dunkler Nadelstreifenanzug ohne Schlips, und tunkte Brot in Olivenöl. Ein Kellner hatte soeben Rotwein in zwei Gläser gegossen.
    Villani setzte sich.
    »Ihr seid so, du und dieser Schuppen hier«, sagte er, die über Kreuz gelegten Finger erhoben. »Für mich?«
    »Ich trinke nicht zwei gleichzeitig. Feiner kleiner Shiraz aus der Heathcote-Gegend. Und ein feiner Anzug.«
    Villani trank ein Schlückchen, ließ den Wein im Mund kreisen. »Eindeutig Wein. Wann hast du Crownies drangegeben?«
    »Wenn man Bier trinkt, trinkt man Stella, Alter«, sagte Dance. »Nur ihr Leichenbeschauer trinkt noch Crown.«
    Dance sah sich in dem Raum um, das lange Gesicht eines Kreuzritters, Gottes Soldat, gut aussehend, er wurde alt, liebte den Herrn, liebte sich selbst und liebte noch viel mehr.
    »Weißt du, ich werde wach«, sagte er. »Um drei, vier Uhr morgens, als wär ich darauf programmiert. Wie gerädert liege ich da und denke an die alten Zeiten.«

    »Jeder redet über die alten Zeiten«, sagte Villani. »Sollte mir da was fehlen?«
    »Was mir

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