Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
Vom Netzwerk:
wieder«, sagte Villani. »Meine herrische Art, heißt es.«
    »Mich und Luke hast du nach Strich und Faden rumkommandiert. «
    Am liebsten hätte Villani gesagt: Du bist nur Arzt geworden, weil ich dich rumkommandiert habe , stattdessen sagte er: »Ihr zwei lägt immer noch im Tiefschlaf, wenn ich euch nicht aus dem Bett geworfen hätte.«
    Marks Blick war auf den Schreibtisch gerichtet. »Du warst wie ein Gott, ist dir das klar? Hattest immer das Sagen, wusstest immer, was zu tun war, so verdammt cool und ruhig. Ich wollte sein wie du. Ich wollte, dass du mich mochtest. Du hast mich nicht gemocht, stimmt’s? Du magst mich immer noch nicht.«
    Villani fühlte sich unbehaglich, schaute sich um. »Also, tja, du bist mein Bruder, mögen spielt da keine Rolle. Ich will nicht erleben, wie du dir dein Leben versaust. Was ist los mit dir? Du hast Dreck am Stecken, stimmt’s?«
    Mark hielt seinem Blick stand, trotzig.
    Villani wartete, faltete die Hände und wartete, blinzelte nicht, sah nicht weg.
    Mark warf den Kopf in den Nacken, und dann bekam er feuchte Augen, blinzelte mehrmals, legte die Arme auf den Schreibtisch, senkte den Kopf und sagte etwas, das Villani nicht verstand.
    »Was? Was?«
    Mark schaute auf, blinzelte wieder. »Man ermittelt gegen mich.«
    »Wer?«
    »Die Ärztekammer.«

    »Weswegen?«
    »Rezeptbetrug und andere Sachen. Sie wollen, dass ich meine Approbation ruhen lasse.«
    »Rezeptbetrug?« Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass Mark sanfte braune Augen hatte, nicht Bob Villanis schwarze Oliven.
    »Der Druck ist enorm, man muss an dem Spiel teilnehmen, um zu verstehen, man …«
    »Dem Spiel? Ist das etwa ein Spiel? Wenn das heißen soll, dass du süchtig bist, dann raus mit der Sprache.«
    »Ich hab’s unter Kontrolle, Steve. Völlig unter Kontrolle. Ich hab eine schwere Zeit hinter mir, aber jetzt hab ich’s unter …«
    »Was sind die anderen Sachen bei ›Rezeptbetrug und andere Sachen‹?«
    »Na ja, jemand hat, jemand hat ausgesagt, ich hätte jemanden wegen einer Wunde behandelt, ohne dies zu melden. Einer Schusswunde.«
    »Und das stimmt, oder?«
    »Sieh mich nicht so an, sieh mich bloß nicht so an, okay, ist schließlich kein Kapitalverbrechen, es war ein Unfall, irgendwelche Typen haben rumgealbert, ein Schuss hat sich gelöst, es wurde niemand von … von einem wie dir angeschossen. Nein.«
    Villani erhob sich, kühl bis ins Herz. »Du bist also der zahme Hausarzt der Hellhounds«, sagte er. »Du bist der drogensüchtige Doc, der diese Schweine wieder zusammenflickt, ihnen verschreibt, was sie nicht selbst machen können. «
    Mark stand auf. »Steve, es ist vorbei. Ich schwör’s, ich schwöre, das es vorbei ist, ich hab’s unter Kontrolle, ich nehme mein Leben wieder in die Hand, das ist …«
    »Du bist eine Schande«, sagte Villani. »Bob, ich, was haben wir uns abgerackert und gedacht, wir hätten ein Vollblut im
Stall, einen Chirurgen. Du hast es verbockt, du Schwächling, du verdammte Platzverschwendung.«
    Er stand auf, brachte das Spießrutenlaufen zwischen bitterbösen Blicke im Wartezimmer hinter sich, ging durch die schäbige Passage, überquerte den Parkplatz. Er blieb eine Weile im Wagen sitzen und sammelte sich.

V illani und Dove saßen im Wagen und aßen belegte Brötchen, die Villani auf der Rückfahrt nach Preston gekauft hatte, er konnte sich nicht darauf verlassen, dass Dove nicht verloren ging.
    Ein Auto hielt hinter ihnen. Birkerts. Er stieg hinten ein.
    »War in der Gegend«, sagte er. »Hab gehört, ihr wärt hier. Mr. Kiely hat mich an Burgess verwiesen.«
    Troy Burgess war Villanis erster direkter Vorgesetzter im Morddezernat gewesen. Warum Singleton ihn in die Abteilung geholt hatte, blieb ein ewiges Rätsel. Burgess war arbeitsscheu, ein schwerer Trinker, verbrachte die meiste Zeit des Tages mit Glücksspiel, seinen häuslichen Problemen, zwei Exfrauen, vier Kindern – von denen eins wegen Drogen im Knast saß und eins mit einem Gewaltverbrecher verheiratet war, den ein Kollege in den Rücken geschossen hatte –, mit ständig wechselnden anspruchsvollen jungen Frauen, die er in Stripclubs, Kneipen und bei Pferderennen kennenlernte.
    »Burgo säuft nicht mehr«, sagte Birkerts. »Wetten hat er auch drangegeben, heißt es. Ist inzwischen für Mr. Kiely so ’ne Art Berater geworden. Als weiser, erfahrener Cop. Erklärt ihm die Geschichte der Polizei und ihre drolligen Sitten und Gebräuche.«
    »Gott steh uns bei«, sagte Villani. In Sachen Wetten fühlte er

Weitere Kostenlose Bücher