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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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andere Schwarze in der Haftanstalt Madison Street.
    Im Morddezernat des Polizeipräsidiums von Phoenix muß ich warten, während die Detectives systematisch alle Personen in Trakt B vernehmen - von den Auf-sehern und den Schwarzen, die aussagen, daß Concise und ich uns erst kürzlich geprügelt haben, bis hin zu Fetch, dem jungen weißen Burschen, der gesehen hat, wie ich die Patrone nach dem Kampf auf dem Hof ausgekotzt habe.
    Wer immer geschossen hat, er weiß, daß kein Mensch glauben wird, daß ein Weißer und ein Schwarzer im Knast Freundschaft schließen könnten. Er weiß, daß die Schwarzen mich für Concise' Mörder halten werden - schließlich weiß jeder, daß es meine Kugel war, die ihn getroffen hat. Und diesmal werden die Weißen ihnen recht geben.
    Wer immer geschossen hat, er wollte uns beide treffen.
    Detective Rydell hat mich an eine Art Lügendetektor angeschlossen. Das Gerät arbeitet wie ein herkömmlicher Polygraph, ist aber genauer: Ks mißt nicht die physiologischen Streßreaktionen, sondern die Mikrotremoren eines Stimmenfrequenzbereichs, den das menschliche Ohr nicht hören kann. Mikrotremoren sind nur dann feststellbar, wenn eine Person nicht die Wahrheit sagt, sagt jedenfalls der Detective.
    »Ich habe heute morgen geduscht«, sage ich. »Weil ich ins Gericht mußte.«
    »Wann war das?«
    »Ich weiß nicht. So gegen acht.« Ich erzähle ihm nichts von Twitch und dem Metalldetektorstuhl und auch nicht, daß Concise die Patrone in einer Fuge unter der Pritsche versteckt hat. »Dann hab ich gele-sen, bis wir ins Gericht mußten.«
    »Was haben Sie gelesen?«
    »Kinen Roman aus der Anstaltsbibliothek. Von Bal-dacci.«
    Rydell verschränkt die Arme. »Dann haben Sie zwischen etwa Viertel nach acht und elf nichts anderes getan als lesen?«
    »Zwischendurch bin ich mal aufs Klo.«
    Er starrt mich an. »Groß oder klein?«
    Ich fahre mir mit einer Hand durchs Gesicht. »Können Sie mir sagen, wieso Ihnen die Antwort darauf bei der Suche nach Concise' Mörder weiterhilft?«
    Rydell atmet hörbar aus. »Hören Sie, Andrew. Versetzen Sie sich mal in meine Lage. Sie sind ein gebildeter Mann, dreißig Jahre älter als das Opfer. Sie sind kein Berufsverbrecher. Und da wollen Sie mir weismachen, Sie hätten sich mit dem Burschen angefreundet. Sie hätten tatsächlich Gemeinsamkeiten entdeckt.«
    Ich denke daran, wie Concise über seinen Jungen gesprochen hat. »Ja.«
    Kurzes Schweigen. »Andrew«, sagt Rydell, »helfen Sie mir, damit ich Ihnen helfen kann. Wie können wir beweisen, daß Sie den Mann nicht erschossen haben?«
    Es klopft an der Tür des Vernehmungszimmers, und der Detective entschuldigt sich kurz, um draußen mit einer Kollegin zu sprechen. Als er den Raum verlassen hat, blicke ich nach unten auf mein Hemd. Das Blut ist getrocknet, der Stoff scheuert hart an meiner Brust. Ich frage mich, ob jemand Concise' Sohn verständigt hat. Ich frage mich, ob sie überhaupt wissen, wo er wohnt.
    Die Tür geht wieder auf, und Rydell kommt mit einem vollkommen ausdruckslosen Gesicht herein. »Wir haben eine selbstgebastelte Pistole gefunden. Im Spind von Ihrem Freund. Möchten Sie was dazu sagen?«
    Ich sehe sie vor meinem geistigen Auge, unter dem Vorrat an Medikamenten und Fressalien, die Concise aus der Kantine abgestaubt hat: die Knarre, die er sich extra mühevoll gebastelt hatte, um zu verhindern, daß passiert, was passiert ist. Ich hatte angenommen, auch sie wäre gestohlen worden. Aber anscheinend hatte sich noch jemand eine gebaut.
    Ich ringe plötzlich um Atem, um eine logische Erklärung. »Die ist unbenutzt.«
    Rydell verzieht keine Miene. »Bei so einer Schußwaffe Marke Eigenbau läßt sich mit ballistischen Tests nichts nachweisen«, sagt der Detective. »Aber ich wette, das wissen Sie, gebildet, wie Sie sind.«
    Ich schlucke schwer. »Ich möchte mit meinem Anwalt sprechen.«
    Ich bekomme ein Telefon mit einer langen Schnur, und während ich Erics Handynummer wähle, steht Rydell links hinter mir. Ich versuche es dreimal, und jedesmal teilt mir eine blecherne Stimme mit, daß die Person, die ich erreichen möchte, nicht erreichbar ist.
    Ich werde zurück in die Haftanstalt gebracht, denn ohne Eric kann mein Verhör nicht fortgesetzt werden. Ich erhalte eine Einzelzelle, doch trotz der Isolation erreichen mich die Gerüchte, die in Umlauf sind. Flaco hat bei den carnales , den Mitgliedern der New Mexican Mafia, rumgeprahlt. Die Weißen, sagt er, sind viel zu feige, um so ein Ding

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