Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
mögliche, um wach zu bleiben, und denke schon, daß es mir gelungen ist, als ich mitten in der Nacht aufwache, weil ich keine Luft mehr kriege: Hayseed hält mir mit einer Hand Nase und Mund zu. Ich wehre mich nach Leibeskräften, versuche, seine Handgelenke zu packen, aber er steht hinter mir, und ich sehe bereits Sterne.
    »Aufwachen, Nigger-Freundchen«, flüstert Hayseed. »Dein Bimbo hätte sich nicht weigern sollen, an die Brotherhood zu verkaufen. Das hat den Jungs da oben genügt, um grünes Licht für den Auftrag zu geben.« Seine Handfläche preßt sich auf meinen Mund, meine Zähne. »Mein Bruder sagt, der Nigger hat nicht mal was mitgekriegt.«
    Sein Bruder hat Concise umgebracht? Und was ist mit Flaco?
    »Die Sache war echt'n Kinderspiel, auch weil der Latino sich gleich hinterher angeboten hat, die Knarre zu verstecken. Aber Flaco hat niemandem gesagt, daß er die Sache auf seine Kappe nehmen will, nur damit die Mexican Mafia ihn nimmt. Eigentlich solltest du den Kopf dafür hinhalten.«
    Hayseed beugt sich noch näher zu mir. »Ich soll dir auch noch was von meinem Bruder geben«, sagt er, und dann spreizt er seine Finger so weit, daß ich gierig nach Luft schnappe. Und er küßt mich voll auf den Mund, um mir gleich darauf mit dem Handrücken mit solcher Wucht auf die Wange zu schlagen, daß ich blute.
    »Ich kenn deinen Bruder nicht«, röchle ich panisch.
    »Und ob du ihn kennst«, sagt Hayseed. »Du hast sogar mal was für sein Aussehen getan; du hast ihm eine Augenklappe verpaßt.«
    Als Eric kommt, geht die Sonne auf. Ich bin auf der Krankenstation verarztet worden und habe noch immer Wattebäusche in meiner gebrochenen Nase. Ein Auge ist zugeschwollen. Außerdem tut mir die Kehle weh, weil ich wie am Spieß gebrüllt habe, um die Aufseher zu alarmieren.
    Eric steht auf, als ich das Besprechungszimmer betrete. »Tut mir leid ... ich war in den letzten zwei Tagen ... nicht erreichbar. Ich hatte ein harte - ach du Scheiße, Andrew!« Als er mein Gesicht sieht, wird er blaß. »Die haben mir kein Wort -« »Ich kann hier nicht bleiben«, stoße ich hervor. »Du mußt mich rausholen.«
    »Andrew, dein Prozeß fängt in zwei Tagen -«
    »Ich gehe auf keinen Fall zurück in die Zelle, Eric!«
    Er nickt knapp. »Also schön. Ich gehe erst wieder, wenn sie dich in Einzelhaft unterbringen.« Das Wort ist Balsam für meine Seele. Mehr muß ich nicht hören. Ich sinke auf die Knie und beuge mich tief zum Boden wie ein demütiger Bittsteller. Ich habe noch nie vor Eric geweint. Ich glaube, überhaupt noch nie vor irgendwem, bis vor zwei Tagen.
    »Andrew«, sagt Eric, und ich kann hören, wie verlegen ihn die Situation macht. Aber ich weiß, wie viel tiefer ich noch sinken kann - das ist der Unterschied zwischen uns.
    »Ich kann das nicht«, sage ich.
    »Ich weiß. Ich spreche mit -«
    »Ich meine, auf lange Sicht, Eric. Ich kann nicht ins Gefängnis.« Meine Augen sind noch feucht, als ich ihn anblicke. »Sonst bringen die mich auch noch um.«
    Eric faßt meine Hand. »Ich schwöre«, sagt er. »Ich verschaff dir einen Freispruch.«
    Wie jeder, der hilflos im Meer treibt, greife ich nach dieser Rettungsleine. Ich glaube ihm.

FITZ
    Wenn es für Romeo einfach gewesen wäre, Julia zu kriegen, hätte es niemanden interessiert. Das gleiche gilt für Cyrano und Don Quijote und Gatsby und ihre Angebeteten. Die Fantasie beflügelt nun mal der Anblick von Männern, die sich fragen, wie lange es noch dauert, bis sie nicht wieder auf die Beine kommen. Auf jeden, der sich ein Happy-End wünscht, kommt ein anderer, der bei einem Autounfall am Straßenrand steht und gafft.
    Aber was wäre wohl passiert, wenn Julias beste Freundin mit Romeo geflirtet hätte; wenn Gatsby sich betrunken und Daisy gestanden hätte, was er immer noch für sie empfindet; wenn einer von diesen armen romantischen Idioten eine stundenlange Autofahrt zu einem Hopi-Reservat und wieder zurück auf sich genommen hätte, wobei ihm bei jedem verstohlenen blick auf die geliebte Frau neben sich, die er nach Hause zu einem anderen Mann brachte, das Wort Obertrottel wie Säure im Magen sprudelte.
    Wäre einer von ihnen so blöd gewesen wie ich und hätte sie geküßt?
    »Ehrlich«, sage ich. »Es war ein Versehen.«
    Ich sehe ihr an, daß sie mir das nicht abkauft.
    »Ich verspreche, es kommt nicht wieder vor.«
    Aber Sophies Augen verengen sich. »Lügner.«
    Ich bin mit ihr ein Eis essen gefahren, vor allem, weil ich mich nach gestern möglichst von

Weitere Kostenlose Bücher