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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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sein, auch wenn du durch den Pakt zugibst, daß du genauso verkorkst bist wie alle anderen.
    Daß Concise und die Afroamerikaner in unserem Trakt hinter mir stehen, beschert mir Unabhängigkeit von Sticks und seinen Männern. Aber vor allen Dingen gibt es mir etwas, was ich seit vielen Jahren nicht mehr hatte: das Gefühl, dazuzugehören. Wer sein Leben lang davonläuft, mag vielleicht weit kommen, aber er läßt eigentlich zu niemandem wirklich Nähe zu. Ich habe dich bekommen, und mehr habe ich nie gewollt, aber ich habe einen Preis dafür bezahlt. Ich habe die einzige Frau verlassen, die ich je geliebt habe; ich bin nie mit einem Freund zum Angeln gefahren; ich habe redselige Mitarbeiter stets auf sichere Distanz gehalten. Wenn du andere ins Allerheiligste deines Lebens läßt, riskierst du, daß sie dein Herz sehen, und das konnte ich nicht riskieren. Auf eine seltsame Art und Weise ist Concise nach fast dreißig Jahren mein erster richtiger Freund. Es spielt keine Rolle, daß er ein Dealer ist, daß er schwarz ist, daß er mir einen ehrenwerten Rückzug aus einem Geschäft anbietet, bei dem ich mich von Anfang an nicht wohl gefühlt habe. Ich weiß nur: Bis vor einer Minute hieß es noch, wir gegen sie ... und jetzt nicht mehr.
    »Das kannst du nicht machen«, sage ich und zittere plötzlich am ganzen Körper.
    »Ich mach, was ich will«, entgegnet Concise schroff über die Schulter. »Na los, verzieh dich. Das kannst du doch so gut.«
    Ich stürze mich auf ihn, ehe er weiterreden kann. In diesem Augenblick ist er für mich Sticks und Flaco und Elephant Mike und alle gesichtslosen Männer und brauen, die da draußen in der Welt ein Urteil über mich gefällt haben, ohne alle Fakten zu kennen. Er ist jünger und stärker, aber ich habe ihn von hinten überrumpelt. Ich schaffe es, ihn zu Boden zu werfen und mit meinem Gewicht festzuhalten.
    »Du Idiot. Weißt du nicht, was dir droht, wenn deine Deals rauskommen?« Concise ächzt. »Eine neue Anklage. Das heißt, du kriegst noch ein paar Jährchen mehr aufgebrummt.«
    Plötzlich begreife ich: Concise hat gar nicht vor, das Bündnis zwischen uns aufzulösen. Er will es schützen. Er will mich davor bewahren, mit ihm zusammen zur Rechenschaft gezogen zu werden.
    Durch den Lärm hat sich eine kleine Gruppe vor unserer Zelle versammelt - Blue Loc, bereit, mich jederzeit zu packen und von Concise wegzuziehen, ein paar White-Pride-Jungs, die mich anfeuern, und Sticks, der mit verschränkten Armen und unergründlicher Miene dasteht.
    Ein Aufseher drängt sich durch die Schaulustigen. »Was ist hier los?«
    Ich lasse Concise los. »Wir albern nur herum.«
    Der Aufseher mustert die noch immer blutende Wunde an meinem Hals.
    »Hab mich beim Rasieren geschnitten«, sage ich.
    Der Wachmann glaubt mir kein Wort. Doch er hat erreicht, worauf es ankam: Der Funke, der das Pulverfaß hätte entzünden können, ist erloschen. Während er die anderen Insassen unsanft von der Tür wegstößt, steht Concise auf und zieht seine Anstaltskleidung gerade.
    »Ich hab dir geholfen, die Sache aufzubauen«, sage ich zu ihm. »Ich steige jetzt nicht aus.«
    Der nächste Tag ist der letzte Tag meiner Geschworenenauswahl und Concise' erster Prozeßtag. Wir werden also beide gleichzeitig zum Gericht gebracht werden. »Ich wette, du hast dir ein schickes weißes Button-down-Hemd besorgt«, sagt Concise.
    Er hat sogar recht. »Und du?«
    Er grinst. »Schick und schwarz.«
    »Du denkst bestimmt, ich sollte in Nadelstreifen und Gamaschen vor Gericht erscheinen.«
    »Du bist doch nicht AI Capone.« Unser Gespräch wird unterbrochen, als Twitch in unsere Zelle gestürzt kommt. »Ich mach jetzt keine Geschäfte«, sagt Concise gereizt.
    Die Augen des Süchtigen zucken wild umher. »Ich tu dir 'nen Gefallen, Mann«, sagt er. »Wenn du mir auch einen tust.«
    Er will uns also Informationen liefern, wenn er dafür kostenlos Stoff für eine Dröhnung kriegt. Concise verschränkt die Arme. »Ich höre.«
    »Ich war heute morgen auf der Krankenstation, da hab ich mitgekriegt, wie einer von den Aufsehern gesagt hat, sie benutzen heute den Thron.«
    »Wieso sollte ich dir das abkaufen?«
    Twitch zuckt mit den Schultern. »Ich hab schließlich keine Patrone im Arsch.«
    »Wenn ich vom Gericht zurückkomme und es stimmt, was du gesagt hast«, sagt Concise, »kriegst du, was du willst.«
    Bei der Aussicht auf Gratisstoff schwebt Twitch förmlich zur Zelle hinaus. Concise blickt mich an. »Wir müssen die Patrone

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