Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
durchzuziehen. Richtig Mumm haben nur die Chicanos. Die Detectives sollten endlich mal mit dem Mann sprechen, der den Nigger wirklich abgeknallt hat.
    Achtundvierzig Stunden nach Concise' Tod - achtundvierzig Stunden, in denen ich meinen Anwalt nicht erreichen konnte - nimmt die Polizei Flacos Angebot an. Während der Vernehmung zückt Flaco plötzlich eine selbstgebastelte Knarre, die er unter seinen Hoden versteckt hatte, als er vor dem Transport ins Präsidium abgetastet wurde, und überreicht sie Detective Rydell.
    Es gibt nur eine Unstimmigkeit, die jedem in Trakt B auf Anhieb auffällt, den Detectives jedoch nicht: Im Knast weiß jeder genau, wer welche Waffe hat. Concise war dabei, sich eine Pistole zu basteln, und die wurde in seinem Spind gefunden, wo er sie versteckt hatte. Ansonsten gab es in unserem Trakt nur noch eine Pistole, und zwar die, mit der Sticks während des Kampfes auf dem Hof auf mich gezielt hatte.
    Die einzige Waffe, die Flaco hatte, war die messerscharf angefeilte Zahnbürste.
    Mir fällt ein, was Concise mir einmal über Flacos gescheiterten Mordauftrag erzählt hat. Der Mord an Concise könnte seinen angeschlagenen Ruf retten, denn damit hätte er sich als der Macho bewiesen, der er für eine Aufnahme in die Mexican Mafia sein muß. Wenn Flaco wußte, daß ihm ohnehin eine lange Gefängnisstrafe bevorstand, dann wollte er sich bestimmt die Achtung der carnales sichern.
    Aber wie war er an Sticks Pistole gekommen?
    Am nächsten Tag werde ich wieder zum Verhör gebracht. »Barium«, sage ich, kaum daß Detective Rydell den Raum betreten hat. »Und Antimonverbindungen. Auch wenn die Ballistik nicht nachweisen kann, ob eine Kugel aus einer selbstgebastelten Pistole stammt, lassen sich doch Pulverrückstände nachweisen.«
    »Es lassen sich auch Blutspuren nachweisen, denn so eine Schußwaffe trifft am genauesten, wenn sie dem Opfer an den Kopf gedrückt wird.« Er beugt sich vor.
    Ich habe zwei Schußwaffen dieser Machart. Auf einer waren am Rand Blutspuren. Und auch die Untersuchung auf die chemischen Verbindungen, die durch eine abgefeuerte Kugel vom Kaliber .22 entstehen, hat bei dieser Waffe ein positives Ergebnis erbracht. Genau so ein Geschoß befand sich nämlich im Kopf Ihres Zellengenossen. Die andere Schußwaffe«, sagt er, »ist die, die wir bei Ihnen in der Zelle gefunden haben.«
    Ich lasse mich gegen die Rücklehne des Stuhls fallen. Ich habe keine Kraft mehr zu reagieren, als der Detective mir eröffnet, daß ich nicht mehr unter Verdacht stehe.
    Diesmal lande ich auf Ebene 2 und komme in eine Zelle zu einem Mann mit dem Spitznamen Hazelnut, der die Angewohnheit hat, sich die Haare in kleinen Büscheln auszureißen und sie mit Fäden aus der Bettdecke zu verflechten, im Makramee-Stil. Immer noch besser als die Alternative - obwohl Flaco noch in Gewahrsam ist, kann ich nicht davon ausgehen, daß die Schwarzen mich weiterhin schützen, und mein Status bei den Weißen wird unverändert sein. Ich frage mich, wie lange ein Körper ohne Schlaf auskommt. Wie viele Nächte ich brauche, um mir ein Messer zu basteln.
    Nach nur vierundzwanzig Stunden in meiner neuen Zelle ziehe ich erneut um. Ein anderer Insasse, ein junger Weiße namens Hayseed, ist von seinem Zellengenossen bedroht worden und möchte verlegt werden. Hayseed hat ausdrücklich darum gebeten, sich mit mir eine Zelle zu teilen. Mit der Begründung, wir wären alte Freunde.
    Wir sind keine Freunde. Ich kenne ihn nicht mal. Ich habe den starken Verdacht, daß er von dem Methamphetamin weiß. Vielleicht denkt er ja, ich hätte noch was von dem Stoff. Ich betrete die Zelle und mustere ihn: Hayseed ist noch ein halbes Kind - ein Blondschopf mit vorstehenden Zähnen. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus, Mann, der Umzug, meine ich. Der andere Typ hat total gestunken. Ich glaub, der hat seit drei Monaten nicht mehr geduscht. Und ich wußte ja, daß sie dich mit dem Haarausreißer zusammengesteckt haben, da hab ich mir gedacht, du hättest gegen einen kleinen Tapetenwechsel nichts einzuwenden.«
    Hayseed plaudert ohne Unterlaß: warum Kabuta-Traktoren besser sind als die der Marke John Deere, daß Spam-Mails alle aus Nebraska kommen, daß er den Mädchen, die er vergewaltigt hat, die Haarspangen geklaut und sie in dem vermoderten Astloch einer Gelbkiefer versteckt hat. Ich liege überwiegend da und starre auf die Pritsche über mir. Ich zähle, wie oft in den Zellen gehustet wird, wenn alles still und dunkel ist. Ich tue alles

Weitere Kostenlose Bücher