Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
Sophie schwanger war.«
    »Was, wenn ich morgen rückfällig würde?« fragt er.
    »Sag das nicht. Das würde nicht passieren, Eric -«
    »Was, wenn du wüßtest, daß ich wieder trinke, und ich hätte Sophie bei mir? In meiner Obhut?«
    Ich schließe die Augen und versuche zu vergessen, daß er die Worte überhaupt ausgesprochen hat, aus Angst, sie könnten zur Tatsache werden.
    »Würdest du mir das Trinken wieder leicht machen, Dee?« fragt Eric. »Würdest du auch Sophie mit hineinziehen, damit sie Ausflüchte für ihren alkoholsüchtigen Vater findet?«
    »Ich würde sie dir wegnehmen. Ich würde sie nehmen und das Weite suchen.«
    »Weil du mich liebst?« fragt Eric heiser.
    »Nein.« Ich starre ihn an. »Weil ich sie liebe.«
    Er dreht sich zum Richter um. »Keine weiteren Fragen«, sagt er.
    Ich will aufstehen, um den Zeugenstand auf wackeligen Beinen zu verlassen, doch da steuert Emma Wasserstein bereits auf mich zu. »Eins verstehe ich nicht, Ms. Hopkins«, sagt sie. »Weshalb haben Sie Angst, ein Alkoholiker könnte die Sicherheit Ihrer Tochter gefährden?«
    Ich blicke sie an, als wäre sie verrückt. »Alkoholiker sind unzuverlässig. Man kann ihnen nicht trauen. Sie tun anderen Menschen weh, ohne darüber nachzudenken, was sie da eigentlich tun.«
    »So ähnlich wie ein Kidnapper, was?« Emma Wasserstein dreht sich zum Richter um. »Die Anklagevertretung schließt ihre Beweisaufnahme«, sagt sie und setzt sich wieder.

ANDREW
    Irving Baumschnagel braucht sieben Minuten für den Weg den Mittelgang hinunter in den Zeugenstand, weil er zu stur ist, die Hilfe eines Gerichtsdieners anzunehmen. Eric beugt sich zu mir, während er den unsicheren Gang des Mannes beobachtet. »Bist du sicher, daß er das schafft?«
    Irving ist einer der Senioren, die Eric als Leumundszeugen aus Wexton hat einfliegen lassen. »Er ist geistig wesentlich fitter als körperlich.«
    Eric seufzt. »Mr. Baumschnagel«, sagt er und steht auf. »Wie lange kennen Sie Mr. Hopkins?«
    »Fast dreißig Jahre«, sagt Irving stolz. »Wir saßen zusammen im Planungsausschuß vom Wextoner Stadtrat. Er hatte das Seniorenzentrum gerade so richtig in Schwung gebracht, als ich in das Alter kam, es zu benutzen.«
    »Was für einen Beitrag leistet er für die Gemeinschaft?«
    »Er setzt sich für Belange ein, die die meisten Leute lieber verdrängen«, sagt Irving. »Zum Beispiel alte Menschen. Oder bedürftige Familien - davon haben wir in Wexton einige. Während die meisten Leute in der Stadt lieber so tun, als gäbe es bei uns keine Armut, organisiert Andrew Lebensmittel- und Kleidersammlungen.«
    »Kennen Sie Delia Hopkins?« fragt Eric.
    »Natürlich.«
    »Was hat Delia Ihrer Meinung nach von ihrem Vater gelernt?«
    »Na, da fällt mir sofort ihr Beruf ein«, sagt Irving. »Such- und Rettungsdienst. Sie hat ja ständig gesehen, wie ihr Vater sich für andere Leute einsetzt.«
    »Danke, Mr. Baumschnagel«, sagt Eric und nimmt wieder neben mir Platz.
    Die Staatsanwältin erhebt sich und verschränkt die Arme. »Sie sagten gerade, der Angeklagte habe sich sein Leben lang für andere Leute eingesetzt.«
    »Das ist richtig.«
    »Könnte man sagen, daß er Rücksicht auf die Gefühle anderer genommen hat?«
    »Unbedingt«, sagt Irving.
    »Daß er ein Gespür dafür hatte, wer Hilfe brauchte?«
    »Ja.«
    »Wer Zuspruch brauchte?«
    »Auf jeden Fall.«
    »Wer eine Chance brauchte, sein Leben zu ändern?«
    »Wenn jemand so eine Chance brauchte, hat er sie ihm verschafft«, beteuert Irving.
    »Könnte man sagen, Mr. Baumschnagel, daß der Angeklagte bereit war, einem Menschen ein zweite Chance zu geben?«
    »Das steht außer Frage.«
    »Na«, sinniert die Staatsanwältin, »dann muß er ja wirklich ein anderer Mensch geworden sein.«
    Daddy, sagtest du, guck mal, meine Zöpfe. Guck mal, ich hab den schlimmsten Mückenstich der Welt. Guck mal, ich kann Handstand, einen Purzelbaum, guck mal, mein Fingerfarbenbild. Guck mal, der Splitter in meinem Fuß, wie schön ich schreiben kann, die Kröte, die ich gefangen hab. Guck mal, was ich für eine
    Note habe, der Brief mit der Zusage. Guck mal, mein Diplom, das Ultraschallfoto, deine Enkeltochter.
    Ich könnte mich unmöglich an all die Dinge erinnern, die ich mir angucken sollte. Ich kann mich bloß erinnern, daß du mich darum gebeten hast.
    Das Erstaunliche an Abigail Nguyen ist, daß sie nur ein paar Jahre älter aussieht als damals, als sie Bethanys Kindergärtnerin war. Sie ist zierlich und macht im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher