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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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kennst das doch auch von Sophie, wenn man ihr etwas verspricht, nicht? Wie sie dann anfängt -«
    »Stop«, unterbreche ich ihn. »Ich darf nicht zulassen, daß du Vergleiche zu mir und Sophie anstellst, klar?«
    Er fängt erneut an. »Du weißt, wie das ist, wenn man einem kleinen Kind etwas verspricht. Das ist so, als würde man ihm eine Handvoll Süßigkeiten hinhalten. Beth freute sich wie verrückt auf den Urlaub.«
    »Beth.«
    »So hieß sie ... damals.«
    Ich nicke und schreibe den Namen auf meinen Notizblock. Er paßt nicht zu ihr.
    »Ich bin kurz zu mir gefahren - nach der Scheidung war ich in eine kleine Wohnung in Tempe gezogen -und hab so viel ich konnte in Koffer gepackt. Den Rest hab ich zurückgelassen. Dann sind wir einfach losgefahren.«
    »Du hattest keinen Plan?«
    »Ich wußte ja nicht mal, ob ich die Sache überhaupt durchziehen würde, das hab ich erst beschlossen, als wir auf dem Highway waren«, sagt Andrew. »Ich war bloß so wütend -«
    »Stop.« Wenn er Delia aus Rache oder aus Groll mitgenommen hat, will ich das gar nicht hören. Sonst kann ich mir für ihn nicht guten Gewissens eine Verteidigungsstrategie überlegen. »Also was hast du gemacht, als ihr auf dem Highway wart?«
    »Ich bin Richtung Osten gefahren. Wie gesagt, ich hab nicht nachgedacht. Wir sind in Motels abgestiegen, und ich habe bar bezahlt, und eingecheckt habe ich überall unter einem anderen Namen. Irgendwann wurde mir klar, daß ich in Richtung New York fuhr. Und das ist eine Millionenstadt. Wem würden da zwei Leutchen mehr auffallen?«
    Delia und ich sind einmal während des Studiums nach New York gefahren. Sie konnte es nicht erwarten, die Stadt zu sehen. Sie sagte, sie sei noch nie dort gewesen.
    »Wir haben in einem kleinen Hotel in Manhattan gewohnt, nicht weit von der Penn Station. Ich habe als Richard Worth eingecheckt, und an der Rezeption wurde ich gefragt, ob Mrs. Worth nachkäme. Da ist es mir einfach so rausgerutscht: >Nein, meine Frau ist vor kurzem gestorben.« Andrew blickt mich an. »Und erst da wurde mir klar, daß Beth jedes Wort gehört hatte.«
    »Was ist passiert?«
    »Sie fing an zu weinen. Ich mußte sie aus der Lobby bringen, bevor sie einen Zusammenbruch erlitt, und habe zu der Frau an der Rezeption gesagt, meine Tochter sei noch furchtbar mitgenommen. Ich bin mit ihr nach oben aufs Zimmer und habe sie aufs Bett gesetzt. Ich wollte ihr die Wahrheit sagen, ihr erklären, ich hätte das bloß erfunden, aber ich konnte nicht. Was, wenn Beth sich verplapperte und derselben Frau unten an der Rezeption erzählte, ihr Vater hätte geflunkert? Jeder, der halbwegs bei Verstand war, hätte doch gleich gerochen, daß da was faul ist ... und das Risiko konnte ich nicht eingehen.« Er schüttelt den Kopf und verzieht das Gesicht. »Ich konnte nicht mehr zurück. Und ehrlich gesagt, je mehr ich darüber nachdachte, desto sicherer erschien es mir so. Wenn Beth im Beisein von anderen plötzlich von ihrer Mutter anfing oder jeden Moment damit rechnete, Elise würde auftauchen, oder wenn sie einen Koller kriegte, brauchte ich den Leuten nur zu erklären, ihre Mom wäre vor kurzem gestorben. Dann hätten wir sofort einen Vertrauensbonus.«
    Mitgefühl, wie jeder Strafverteidiger weiß, läßt sich mit einer guten Lüge kaufen.
    »Was genau hast du zu ihr gesagt?«
    »Sie war vier. Sie hatte keinerlei Erfahrung mit dem Tod - meine Eltern waren schon gestorben, als sie auf die Welt kam, und Elise' Vater, den sie nie gesehen hatte, lebte in Mexiko. Deshalb habe ich Beth erzählt, es wäre etwas furchtbar Schlimmes passiert, ihre Mutter hätte einen Autounfall gehabt. Ich hab gesagt, sie wäre verletzt gewesen und die Ärzte im Krankenhaus hätten alles getan, um ihr zu helfen, aber sie hätten es nicht geschafft und Mommy wäre jetzt oben im Himmel. Ich hab gesagt, sie würde Elise nie wiedersehen können, aber daß ich mich immer um sie kümmern würde.«
    »Wie hat sie reagiert?«
    »Sie hat gefragt, ob Elise wieder gesund wäre, wenn wir aus dem Urlaub nach Hause kämen.«
    Ich blicke nach unten auf den Notizblock, auf meine Hände, überall hin, nur nicht in Andrews Gesicht.
    »Ich habe mit ihr alles mögliche unternommen, um sie abzulenken. Wir waren auf dem Empire State Building und im Naturkundemuseum. Wir haben auf der >Alice im Wunderland<-Statue im Central Park gespielt. Ich hab ihr bei Schwarz Spielsachen gekauft. Ich hab mit ihr eine Stadtrundfahrt gemacht. Dann, eines Abends im Hotel, als ich gerade im

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