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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Bad war, fing Beth an, nach ihrer Mutter zu schreien. Sie stand am Fernseher, die Wange an den Bildschirm gedrückt. Und tatsächlich, da war Elise in den 6-Uhr-Nachrichten. Sie sprach in ein Dutzend Mikros und hielt ein Foto von Beth in die Kamera.«
    Andrew steht auf und schreitet in dem kleinen Raum auf und ab. »Ich wußte, ich würde nicht ewig in dem Hotel bleiben können«, sagt er. »Aber ich wußte nicht, was ich machen sollte. Um ein Haus zu kaufen, braucht man eine Identität und ein Bankkonto, und beides hatte ich nicht mehr. Kurz darauf waren wir nachmittags auf der 42nd Street unterwegs und kamen an einer Spielothek vorbei, Playland. Beth sah die blinkenden Flipperautomaten und zog mich hinein. Ich drückte ihr ein paar Münzen in die Hand, damit sie auch ein bißchen spielen konnte. Da war eine Gruppe von Teenagern, die sich um ein Mädchen mit einem nagelneuen gefälschten Führerschein drängten. Die wurden in der Spielothek verkauft, und das brachte mich auf eine Idee. Ich ging zur Theke und fragte den jungen Mann, der da arbeitete, wo ich einen Ausweis kriegen könnte. Der Bursche zuckte mit den Schultern und deutete auf einen Paßfotoautomaten. Ich nahm einen Zwanziger aus der Brieftasche und stellte ihm die Frage erneut. Er sagte, er hätte mal einen Typen in Harlem gekannt, und als ich vierzig Dollar drauf legte, fiel ihm auch der Name wieder ein. Als ich die Nummer anrief, die er mir gegeben hatte, nannte man mir eine Adresse in Harlem, zu der ich nach Mitternacht gehen sollte.«
    »Harlem?« sage ich. »Nach Mitternacht?«
    »Für zweitausendfünfhundert Dollar beschaffte der Typ mir einen Führerschein, falsche Pässe und Geburtsurkunden für uns beide. Wir bekamen auch Sozialversicherungsnummern. Es waren echte Identitäten, von einem Vater und seiner Tochter, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Ich hätte fast einen Rückzieher gemacht, als ich das hörte, aber dann sah ich den Namen auf einem der Pässe: Cordelia Hopkins. Cordelia - so heißt die jüngste von König Lears drei Töchtern, die bedingungslos zu ihrem Vater steht.« Er blickt mich an. »Ich hielt das für ein gutes Omen.«
    Ich trommle mit den Fingern auf den Tisch und mir wird klar, daß auch Andrew einmal jemand anderes war. »König Lear ... Cordelia«, sage ich. »Du hast studiert, nehme ich an.«
    »Chemie und Pharmazie. Ich war Apotheker in Arizona.« Er zuckt die Achseln. »Ich hätte in New Hampshire auch gern in meinem Beruf gearbeitet, aber ich hatte keine Zulassung unter meinem neuen Namen.«
    »Wie seid ihr in Wexton gelandet?«
    »Delia fühlte sich in New York nicht wohl. Wir haben oft ein Spiel gespielt... ich hab sie gefragt, wenn sie überall sein könnte und alles sehen könnte, was würde sie sich wünschen?« Andrew blickt mich an. »An dem Tag hat sie gesagt: Schnee.«
    Wenn man in New Hampshire aufwächst, ist Winter etwas Selbstverständliches. Aber für ein Kind aus Phoenix muß das unvorstellbar sein.
    »Ich bin nach Norden gefahren«, sagt Andrew. »Eine Meile vor Wexton ging mir der Sprit aus, und wir sind zu Fuß in den Ort gegangen. Ich glaube, es war Liebe auf den ersten Blick - die weiße Kirche und der Park und die Bänke mit den kleinen Messing-schildchen, mit den Namen von früheren Schulleitern. Ich kam mir vor wie in einer Filmkulisse, wie an einem Ort, an dem es ein Happy-End geben könnte. Delia und ich sind also in die nächste Sparkasse und haben ein Konto eröffnet. Eine Zeitlang haben wir in einer Pension gewohnt, bis ich den Job als Hausmeister im Seniorenzentrum bekam - ich hatte als Apotheker viel mit älteren Leuten zu tun gehabt und dachte, das könnte passen. Die suchten so dringend jemanden, daß keiner nach Referenzen gefragt hat. Etwa einen Monat später haben wir über einen Makler ein Haus gefunden, das wir uns leisten konnten.«
    »Gleich neben meinem Elternhaus«, murmele ich.
    Andrew nickt. »Deine Mutter hat uns damals einen Auflauf rübergebracht, als wir einzogen.«
    Ich kann mich sogar noch daran erinnern. Sie war ausnahmsweise mal nüchtern, und sie hat eine Gemü-selasagne zubereitet, nach einem Rezept, mit dem sie den ersten Preis bei einem Kochwettbewerb gewonnen hatte. Es war ihr Standardgericht, mit dem sie zur Geburt eines Kindes gratulierte oder bei einem Todesfall kondolierte oder Nachbarn willkommen hieß. Ich durfte die Zucchinischicht auslegen, in Form des Buchstabens E, den ich gerade in der Vorschule gelernt hatte.
    »Deine Mom hat sich

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