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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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sind.« Sie deutet auf den kleinen Klapptisch, der mitten in dem winzigen Raum steht und mit Perlen und Glitter und Plastikkörperteilen übersät ist. Sie rutscht schwerfällig auf die Sitzbank dahinter, setzt sich eine Brille auf, die sie an einer Kordel aus ihrer Bluse fischt und fängt an, aus Armen und Beinen und Rümpfen Puppen zusammenzustecken. »Neunneunundneunzig?« feilscht sie.
    Ich krame einen io-Dollar-Schein aus der Tasche und lege ihn auf den Tisch. Ruthann schiebt das Geld in ihre Hosentasche und reicht mir die Puppen. »Sie ist nicht da.«
    »Wer?«
    Sie hebt eine Augenbraue, während sie einer Barbie das Haar flechtet. Ich lasse den Blick durch den Trailer wandern, der mit verstaubten, vorsintflutlichen Geräten, Bergen von alten Zeitschriften, kaputten Spielsachen und kahlköpfigen oder verdreckten oder amputierten Barbies vollgestopft ist. »Ich bin Fitz«, stelle ich mich etwas verspätet vor.
    »Ich bin beschäftigt«, erwidert Ruthann.
    »Ruthann verkauft Sachen, die andere Leute wegwerfen«, erklärt Sophie.
    Ruthann zuckt die Achseln. »Manche Idioten kaufen alles, was eine Indianerin herstellt. Ich könnte wahrscheinlich meinen eigenen Müll neu arrangieren und sagen, es sei Kunst, und es würde in Phoenix im Heard Museum ausgestellt.«
    »Ich war heute im Krankenhaus«, sagt Sophie. »Ich war krank, als ich aufgewacht bin, aber Ruthann hat die Federn verschwinden lassen, und jetzt bin ich wieder gesund.«
    Ich blicke die Frau irritiert an, aber sie schüttelt bloß den Kopf.
    Was immer Sophie auch fehlte, es ist anscheinend wieder verflogen. »Wo ist deine Mom, Soph?« frage ich, aber sie zuckt nur die Achseln. Ich räuspere mich und spiele mit einem Arm. Er sieht aus, als gehört er Ken; er hat einen Bizeps.
    Ruthann wirft mir einen Rumpf und einen Kopf zu. »Machen Sie sich nützlich.«
    Ich fange an, einen Ken zusammenzusetzen. Als er fertig ist, nehme ich einen Filzstift und bemale den Torso und die Extremitäten mit gepunkteten Linien und Symbolen. Ich beschrifte einige Körperstellen: PECH. HÖLLISCHER SCHMERZ. SEXUELLES VERSAGEN. FINANZIELLER RUIN. Sophie reckt das Kinn über meinen Arm. »Was machst du da, Fitz?«
    »Etwas für deine Mom. Einen Voodoo-Eric.«
    Ruthann lacht, und als ich aufschaue, sehe ich, daß sie mich anders anblickt als vorher. »Sie«, sagt sie, »sind vielleicht doch besser, als ich dachte.«
    In dem Augenblick geht die Tür auf, und ich sehe, wie Delia Gretas Leine an den Arm eines großen Gartenzwergs aus Gips bindet. »Platz«, befiehlt sie. Als sie hereinkommt und mich sieht, erhellt sich ihr Gesicht, und sie fällt mir um den Hals. »Gott sei Dank, daß du da bist!« Dann dreht Delia sich zu Ruthann um. »Das ist mein allerbester Freund.«
    »Wir hatten bereits das Vergnügen.«
    »Ja, Ruthann war so freundlich, den Künstler in mir zu wecken.« Ich hebe die Puppe hoch und gebe sie Delia. »Könnte sich mal als nützlich erweisen. Hör mal, meinst du, wir könnten ... irgendwo in Ruhe reden?«
    Ich sehe mich in Ruthanns kleinem Trailer um. »Geht ruhig«, sagt Ruthann und winkt uns zu. »Sophie und ich haben zu tun.«
    Aber Delia beugt sich vor und fühlt Sophies Stirn. Sie wendet sich zu mir. »Heute morgen -«
    »Ich hab schon gehört.«
    »Ich konnte nicht mal Eric erreichen, um ihm zu sagen, daß er ins Krankenhaus kommen soll -«
    »Ich weiß«, erwidere ich. »Er sagt, er hat versucht, dich auf dem Handy zu erreichen.«
    Delia blickt mich aufmerksam an. »Du hast Eric schon gesehen? Warst du in der Kanzlei?«
    Ich zögere, denke an die Notizen, die ich mir zu der Anklageeröffnung gemacht habe. Aus denen ich einen Artikel zusammenschreiben werde, den ich dann per E-Mail an die New Hampshire Gazette schicke. »Ich hab ihn im Gericht getroffen. Dein Vater ist vor knapp einer Stunde einem Richter vorgeführt worden.«
    Delia schüttelt den Kopf. »Das verstehe ich nicht. Eric hätte mich doch angerufen.«
    »Eric hat es auch erst in letzter Minute erfahren. Er hätte die Anklageeröffnung fast verpaßt.«
    Sie geht nach draußen vor den Trailer und setzt sich neben Greta in den Schatten. »Ich war gestern abend wütend auf ihn.«
    »Auf Eric?«
    »Auf meinen Vater.« Sie zieht die Knie an, legt die Wange darauf. »Ich hab ihn im Gefängnis besucht, um ihm zu sagen, daß ich aussagen würde, einfach alles tun würde, was ihm helfen könnte. Ich wollte die Wahrheit hören, doch als er anfing zu erzählen, konnte ich an nichts anderes mehr denken, als

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