Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
vorgestellt und dann gesagt: »Hopkins? Sie sind nicht zufällig verwandt mit Eldred Hopkins drüben in Enfield, oder?<«
    Andrew muß nichts erklären. Man kann sich unzählige Male neu erfinden, aber die Regeln erlauben es einem nicht, in der Mitte anzufangen. Jedes Leben hat einen Anfang, eine Mitte und ein Ende; das Wort Geschichte steht nun mal nicht nur für Historie, sondern auch für Erzählung.
    »Ich habe sie angelogen«, sagt Andrew trocken. »Und nach ihr noch tausend andere Leute. Ich hab meine Lügen der jeweiligen Situation angepaßt. Nachdem ich gesagt hatte, wir kämen aus Nashua, mußte ich einen Job erfinden, den ich dort gehabt hatte. Ich mußte mir einen Grund für den Tod meiner Frau ausdenken. Ich mußte der Kinderärztin erklären, warum Delia keinen Impfpaß hatte. Ich dachte, ich würde geschnappt, an jedem einzelnen Tag. Aber irgendwann hatte ich so viele Lügen erzählt, daß ich anfing, sie tatsächlich selbst zu glauben, weil es einfacher war.« Er sieht mich an. »Es ist wirklich möglich, sich das vorzugaukeln. Du denkst erst, das geht nicht, aber dann merkst du, daß es kinderleicht ist.«
    Ich hatte in der Küche gesessen und zugeschaut, wie meine Mutter den Spinat und den Ricotta vermischte und dann die Tomatensoße darüber goß. Ich beobachtete durchs Fenster, wie sie zum Haus unseres neuen Nachbarn ging und ihn anlächelte, so tat, als würde sie ständig für die Nachbarschaft Lasagne zubereiten, als wäre sie die perfekte Mutter. Ich war jung, aber schon damals fragte ich mich, wie lange es dauern würde, bis die neue Familie die Finte durchschaute.
    Ich sehe Andrew in die Augen. »Ja«, sage ich. »Ich weiß.«

FITZ
    Ich fahre nach Mesa mit einem gemieteten Mercury, in dem das Radio bloß einen spanischsprachigen Sender empfängt und die Klimaanlage nicht funktioniert. Als ich das Fenster runterdrehe, bläst mir der Wind heißen Sand ins Gesicht. Als ich an einer Ampel anhalten muß, hält ein fertiger Typ mit einem langen, grauen Pferdeschwanz ein zerfleddertes Pappschild vor mein offenes Fenster. »He, Kumpel«, sagt er und deutet auf die krakelige Schrift: BRAUCHE HILFE.
    »Wer nicht?« sage ich und gebe Gas, als die Ampel auf Grün springt.
    Ich komme an etlichen Kinderbetreuungsstätten vorbei, das Merkmal einer Stadt, deren Bewohner ihre Kinder von anderen betreuen lassen müssen, damit sie als Lehrer und Kinderfrauen und Cops in vornehmeren Vierteln arbeiten können, in denen sie sich niemals eine Wohnung leisten könnten. Hier reiht sich auch ein mexikanischer Fast-Food-Laden an den nächsten -Rosa's, Garcia's, Uncle Tedoro's. Viele Geschäfte an der Straße preisen ihre Schnäppchen auch auf spanisch an.
    Kurz hinter einem Van, der am Straßenrand steht und Armaturenbrettbezüge mit Leopardenmuster verkauft, sehe ich den Trailerpark. Während ich mich noch frage, in welcher dieser Hütten Delia wohl hausen mag, kommt Sophie aus einer Tür gelaufen. Ihre roten Turnschuhe wirbeln den Staub auf, während sie zu einem anderen Trailer rennt, der mit Weihnachtslichtem und Federn und Windspielen vollgehängt ist. Sie macht nicht den Eindruck, als wäre sie krank.
    »Sophie«, brülle ich, aber sie ist bereits durch die Tür verschwunden.
    Ich parke und gehe zu dem Trailer. Eine Klingel suche ich vergeblich, statt dessen entdecke ich eine Art Triangel, mit der Rancherfrauen die Cowboys zum Abendessen rufen. Ich hebe den Metallstab und schlage dagegen, nur ganz leicht. Sofort geht die Tür auf, und eine indianische Frau erscheint, das Haar zu einem Zopf geflochten, der ihr den Rücken hinabhängt. »Entschuldigen Sie«, sage ich verwirrt, weil ich fest mit Delia gerechnet habe. »Ich muß mich in der Adresse vertan haben.«
    Aber da reckt Sophie den Kopf aus einer Art Kammer. »Fitz!« kreischt sie und kommt mit der Energie einer Naturgewalt auf mich zugesprungen. »Wenn ich mich auf Ruthanns Klo stelle, kann ich alle Wände im Bad gleichzeitig berühren. Willst du mal sehen?«
    Die indianische Frau blickt Sophie mißbilligend an. »Ich dachte, ich hätte dich angeheuert, damit du für mich arbeitest, und nicht, damit du dich auf meine Kloschüssel stellst.«
    Sophie strahlt. »Ruthann gibt mir einen Dollar dafür, daß ich den Minirock von One-Night-Stand-Barbie mit Pailletten beklebe.«
    »One-Night-Stand-Barbie?« wiederhole ich.
    »Meine Sonderausgabe in diesem Monat«, sagt Ruthann. »Sauber eingeschweißt zusammen mit Rohy-pnol-Ken für nur 29 Dollar 99, weil Sie es

Weitere Kostenlose Bücher