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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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genau im Auge, wenn Sie meinen Gerichtssaal betreten. Und wenn Sie den Mund aufmachen, werde ich ganz genau hinhören. Und nur eine falsche Bewegung, nur ein falsches Wort, und ich bringe Sie persönlich vor die Anwaltskammer.« Er greift nach seinem Glas Erdnußbutter. »Die Sitzung ist geschlossen.«
    Als Emma Wasserstein beim Aufstehen ihre Unterlagen fallen läßt, bücke ich mich, um sie für sie aufzuheben. »Mach dich auf etwas gefaßt, Yankee«, raunt sie.
    Ich richte mich auf. »Wie bitte?«
    Der Richter beobachtet uns über den Rand seiner
    Brille hinweg. »Ich habe gesagt, das ist sehr nett, Mr. Talcott«, erwidert Emma, dann lächelt sie und geht schwerfällig aus dem Raum.
    Als ich nach Hause komme, sehe ich, wie Sophie vor dem Trailer einen Feigenkaktus rosa anmalt. Mit ihren kleinen Händen kann sie den Pinsel mühelos zwischen den Stacheln hin und her bewegen. Ich bin sicher, daß das Anstreichen von Kakteen in diesem Staat gegen das Gesetz verstößt, aber ich bin nicht in der Stimmung, mir noch mehr Familienmitglieder als Mandanten aufzuhalsen.
    Ich parke neben unserer großen Blechdose und steige aus in die sengende Hitze. Ruthann und Delia sitzen auf Klappstühlen zwischen den Trailern im Staub, und Greta liegt lang ausgestreckt und erschöpft neben der Lackdose. »Wieso malt Sophie den Kaktus an?«
    Delia zuckt die Achseln. »Weil er rosa sein wollte.«
    »Aha.« Ich gehe neben Sophie in die Hocke. »Wer hat dir das gesagt?«
    »Wer wohl«, sagt Sophie mit einem Überdruß in der Stimme, wie es nur Vierjährige zustande bringen. »Magdalena.«
    »Magdalena?«
    »Der Kaktus.« Sie zeigt auf einen Saguaro ein Stück weiter links. »Das da ist Rufus, und der kleine mit dem weißen Bart ist Papa Joe.«
    Ich drehe mich zu Ruthann um. »Sie geben Ihren Kakteen Namen?«
    »Natürlich nicht ... das machen ihre Eltern.« Sie zwinkert mir zu. »In der Küche steht kalter Tee, wenn Sie möchten.«
    Ich gehe in ihren Trailer und taste in den Schränken zwischen Knöpfen und Perlen und getrockneten Kräutern in Rohledersäckchen herum, bis ich ein sauberes Geleeglas finde. Der Krug mit Tee schwitzt auf der Arbeitsfläche. Ich gieße das Glas bis zum Rand voll und will gerade einen Schluck nehmen, als das Telefon klingelt. Nach kurzem Suchen finde ich den Apparat unter ein paar braunen Bananen. »Hallo?«
    »Ist Ruthann Masäwistiwa da?« fragt eine Stimme.
    »Einen Moment bitte. Wer spricht denn da?«
    »Virginia-Piper-Klinik. Onkologie.«
    Onkologie? Ich stecke den Kopf nach draußen. »Ruthann, Telefon.«
    Sie schwingt den Pinsel für Sophie, versucht, Farbe unter die engen Achselhöhlen des Kaktus zu bringen. »Nehmen Sie eine Nachricht entgegen, Sikyätavo. Ich hab hier mit unserem kleinen Picasso zu tun.«
    »Ich glaube, es ist wichtig.«
    Sie reicht Sophie den Pinsel und kommt in den Trailer, läßt die Fliegentür hinter sich zuknallen. Ich halte ihr das Telefon hin. »Die Klinik«, sage ich leise.
    Sie sieht mich einen langen Augenblick an. »Falsch verbunden«, bellt sie in den Hörer und legt auf. Ich bin sicher, sie hat nicht gemerkt, daß sie ihren Arm wie einen Vogelflügel über der linken Brust gefaltet hat.
    Wir haben alle unsere Geheimnisse.
    Sie sieht mich noch immer an, bis ich den Kopf ein ganz klein wenig neige, ein Versprechen, daß ich Stillschweigen bewahre. Als das Telefon erneut klingelt, bückt sie sich und zieht das Kabel aus der Wand. »Falsch verbunden«, sagt sie.
    »Ja«, sage ich leise. »Passiert mir auch andauernd.«
    Im McCormick-Vergnügungspark ist kaum etwas los, als wir kurz vor Sonnenuntergang eintreffen. Mit seiner Mischung aus Spielplatz und Kirmes ist der weitläufige Park ein beliebtes Ziel. Delia lädt Fitz ein mitzukommen, und ich lade Ruthann ein, die ihren Trenchcoat aus einer voluminösen Handtasche hervorkramt und anfängt, müden Müttern ihre Secondhand-Waren feilzubieten.
    Ich schaue zu, wie Fitz und Delia mit Sophie auf ein Karussell gehen. Sophie klettert auf ein weißes Pferd, das den Hals nach vorn reckt. »Na komm«, ruft Fitz mir zu. »Was hast du schon zu verlieren?«
    »Meine Würde?«
    Fitz schwingt sich auf ein blaßrosa Pony. »Ein Mann, der sich seiner Männlichkeit sicher ist, würde nicht rumstehen wie ein Verlierer.«
    Ich lache. »Soll ich solange deine Handtasche festhalten?«
    Sophie zappelt auf dem Rücken ihres Pferdes herum, als Delia sie festschnallen will. »Sonst muß keiner so einen Gurt tragen«, beschwert sie sich. Delia

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