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Waisen des Alls

Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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linken abzuschließen, und an den Drehzapfen an Boden und Decke nahm er einen schwachen Energieschimmer wahr. Diesmal langte er mit beiden Händen in die eine Griffmulde und zog mit aller Kraft, nahm eine Bewegung wahr, hielt inne, schöpfte Atem und zog erneut.
    Knirschend öffnete sich die Tür erst einen Finger-, dann einen Handbreit, und schließlich war die Lücke groß genug, um hindurchzuschlüpfen. Hinter der Tür lehnte er sich an die Wand, schnupperte den Modergeruch und blickte zur Treppe, die in das dunkle Innere des Berges hineinführte. Er spürte das Gewicht des Felsgesteins, das auf ihm lastete, diese gewaltige, nach unten drückende Masse, und wurde einen Moment lang schwankend. Dann aber nahm er seinen Mut zusammen, verdrängte das Unbehagen und stieg die Treppe hinunter.
    Staub wirbelte unter seinen Füßen auf, den Bodengrus spürte er durch die Fellstiefel hindurch. Unter der bröckelnden Oberfläche des Gesteins ertastete er Vertiefungen, nicht die Details alter Uvovo-Reliefs, sondern etwas anderes. Auf einmal war er überzeugt davon, dass sie früher als Leitvorrichtungen für Kriechpflanzen gedient hatten, für ein Netzwerk lebendigen Grüns, das die ganze Uvovo-Feste durchzogen und sich in alle Winkel erstreckt hatte. Vielleicht hatten hier dereinst sogar Inekakäfer und Ulbywurzeln Licht gespendet.

    Die Treppe mündete in einen kleinen Raum, der an einen geschwungenen Gang grenzte. Hier unten war es stockdunkel, doch mit seinen Seheraugen sah er die von Rissen durchzogenen Wände, die regelmäßigen Öffnungen an der Außenwand, die Geröllhaufen, die vertrockneten toten Insekten und ein paar lebendige, die vor ihm davonhuschten. Das seltsame Wandgespenst aber ließ sich nicht blicken. Schließlich gelangte er zu einer Stelle, wo ihm der Weg durch einen Haufen aus Geröll und Erdreich versperrt wurde, die, der dicken Staubschicht und den eingelagerten zarten, verdorrten Pflanzenresten nach zu schließen, den Gang schon vor langer Zeit blockiert hatten. Ein großes herabgefallenes Deckenteil hatte ein Loch in den Boden geschlagen, durch das Chel in einen leeren Raum hinunterblicken konnte.
    Der gebogene Gang beschrieb einen großen Kreis, und in der Innenwand gab es nur zwei Öffnungen, geheimnisvolle Nischen, in denen Stufen zu quadratischen Flügeltüren hinunterführten. Sie ähnelten Zeremonialeingängen und waren diametral zueinander angeordnet, doch der Zugang wurde ihm durch Felsbrocken und zerbrochenes Mauerwerk versperrt, das man in den Nischen aufgehäuft hatte. Stirnrunzelnd fragte sich Chel, wer das getan haben mochte und weshalb, und er hätte gern gewusst, was sich hinter den Türen befand. Dann ging er zurück zu dem Einsturz und dem Loch im Boden, das gerade weit genug war, um hindurchzukriechen …
    Als der große, staubige Geröllhaufen in Sicht gelangte, wurde er schneller - an den Rändern der Bodenöffnung nahm er den schon vertrauten Lichtschimmer wahr, der allmählich tiefer sank und dabei verblasste. Chel setzte sich vor der Öffnung auf den Boden, streckte die Beine durchs Loch, hielt sich am Rand fest und ließ sich hinunter.
Einen Moment lang baumelte er an den Armen, dann ließ er sich fallen.
    Er landete in der Hocke und hatte kaum Zeit zum Atemholen, da wurde er in einen Strahlenwirbel gehüllt, der vom Steinboden emporwallte. Das funkelnde Licht umfloss ihn in bernsteinfarbenen Strängen, ein langsam anschwellendes Leuchten, hinter dem Staubteilchen schwebten.
    »Eindringling! … Störenfried! …«
    Das Leuchten wogte, brandete an und sondierte, suchte nach einem Zugang, einer Schwäche, einer Lücke in der Abwehr, doch Chel hielt stand.
    »Ich nicht«, sagte er.
    »Besudler! … Wüterich! …« Die Stimme klang wie ein auf Flüsterlautstärke abgeschwächtes Kreischen. »… Überbringer des leeren Schlafs! … Nenne deinen Namen …«
    »Cheluvahar von den Krieger-Uvovo, Gelehrter und Seher …«
    »Lügner! … Verdreher der Wahrheit! … Du lügst - alle Seher sind auf der Kolloquiumsinsel ums Leben gekommen, als der Gegner vom Himmel kam … vom Himmel … da ereilte sie der lautlose Tod …«
    »Ich bin ein neuer Seher«, sagte Chel, der bedrängenden Umarmung Widerstand leistend. »Segrana hat den, der ich war, verwandelt!«
    »… Du lügst … DU LÜGST! … sie, die Allumfassende, ist nicht mehr, ist tot, erloschen … verbrannt und tot … die große Segrana mit ihrem unermesslichen Gedächtnis … du lügst, genau wie der Kalte Geher …« Die

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