Waisen des Alls
Abwehrbatterien mit schweren Projektoren sind permanent einsatzbereit, zwei am Warpbrunnen, vier im flachen Gelände; und eine Kompanie brolturanischer Veteranen hat befestigte Stellungen auf dem Vorgebirge errichtet.«
Der Geläuterte Teshak nickte und ging ein paar Schritte zur Seite, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. General Gratach verharrte reglos, sein Blick ging ins Leere.
»Eine umfassende, schlüssige Strategie, Kuros. Die aufständischen Menschen müssen Ihnen ganz schön zugesetzt haben. Haben Sie deshalb den Namul-Asaph angefordert?«
»Die Menschen stellen ein Problem dar, Eure Geläutertheit, aber ich mache mir auch Sorgen wegen der einheimischen Zweibeiner vom Waldmond - sie stehen eindeutig mit den Ruinen an der Schulter des Riesen und dem Warpbrunnen in Verbindung. Ihren Mythen zufolge stand diese Welt vor Jahrtausenden im Mittelpunkt eines gewaltigen Krieges, und der Mondwald wird darin als lebendiges Wesen geschildert. Ich habe Sorge, dass sie zusammen mit den Menschen unser Vorhaben ernsthaft gefährden könnten. Da sie über zahlreiche Verstecke und Unterschlüpfe
verfügen, glaube ich, dass sie ein ernsthaftes Problem darstellen, das zu lösen ein Namul-Asaph bestens geeignet wäre.«
»Die Uvovo sind eine bekannte Größe, Kuros«, sagte Teshak. »Sie sind ein Faktor des selbstregulierenden Systems, das die Vorläufer zum Schutz des Warpbrunnens auf dieser und auf Hunderten anderen Welten installiert haben. Hier auf Darien aber fehlt ein wesentliches Element, ein Psisymbiont, der die einzelnen Wälder mit der gesamten Biomasse verbinden und den ganzen Planeten in eine gewaltige Waffe verwandeln könnte; ohne den Symbionten sind die Uvovo wenig mehr als im Dunkeln tappende Primitive.
Was die Menschen angeht … nun, in der Erdsphäre halten sie große Stücke auf sich und glauben, sie besäßen einen besonderen Funken, obwohl sie in Wahrheit ihre Stellung und ihren Einfluss uns verdanken. Ohne den Rückhalt der Hegemonie wären sie eine unbedeutende Vasallenzivilisation an der Grenze von Fensahr. Allein durch unsere Mitwirkung sind sie stark geworden und in der Lage, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Menschen von Darien mögen weniger diszipliniert und aufwieglerischer sein, aber das heißt nicht, dass sie sich von anderen Menschengesellschaften grundlegend unterscheiden würden. Im Unterschied zu den Ezgara, beispielsweise.«
Kuros runzelte die Stirn. »Die Ezgara sind ein Geheimorden von Menschensöldnern - ich kann die Analogie nicht nachvollziehen.«
»Es gibt verschiedene Stufen des Wissens, Kuros, Wissen innerhalb von Wissen. Die Heimatwelt der Ezgara heißt Tygra, ihr Sonnensystem ist in der Qarqol-Tiefenzone verborgen. Die Tygraner, wie sie sich selbst nennen,
sind keine Söldnersekte - ihre Vorfahren sind vor fast achtzig Velanns mit einem Schiff namens Forrestal auf jener Welt eingetroffen.«
»Ein weiteres verschollenes Kolonieschiff der Menschen«, sagte Kuros nachdenklich, seine Verblüffung über die Enthüllungen und die Tatsache, dass man ihm all dies anvertraute, geschickt verbergend.
»Eines unserer Erkundungsraumschiffe hat sie ein paar Velanns nach den Achorga-Kriegen entdeckt. Während die Erde wiederaufgebaut wurde und die Bevölkerung sich für unsere behutsame Bevormundung erkenntlich zeigte, lief es bei den Tygranern ganz ähnlich. Unsere Techniker unterminierten das Kommunikationsnetz der Kolonisten und starteten eine Reihe subtiler Experimente, die der Ausung einer kriegerischen Kultur und einer stärker selektierenden Hierarchie förderlich waren. Dann gaben wir ihnen einen Gegner, eine Lowtech-Zivilisation, welche die Dschungelsümpfe im Süden der Landestelle bewohnte. Dabei handelte es sich um geschuppte, Eier legende Zweibeiner mit einer primitiven Stammeskultur; sie waren den Menschen zahlenmäßig weit überlegen, doch ihre Gebietsansprüche hinderten sie daran, sich zu vereinigen. Wir entfachten einen Konflikt und nährten ihn heimlich, bis neun Velanns später die erwartete Lösung eintrat. In den vergangenen fünfundsechzig Velanns dienten sie der Hegemonie in brenzligen Situationen als höchst effektive Vollstrecker.« Teshak musterte Kuros mit kaltem Blick. »Der gleichen Vorgehensweise hätten Sie sich im Falle dieses aufmüpfigen Menschennests bedienen sollen, anstatt sich die Befreiungsfront Darien auszudenken und die Regierung auszulöschen.«
Kuros biss die Zähne zusammen und versuchte, sich seinen Groll nicht anmerken
Weitere Kostenlose Bücher