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Waisen des Alls

Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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eintrat.
    »Endlich können wir dieses versandete Höllenloch hinter uns lassen«, sagte sie. »Bald werden wir wieder an Bord der Sakrament sein, eine große, glückliche Familie, während die Raketen zu Hurnegurs Raumschiff weiterreisen.«
    Julia lehnte sich ans Schott, schob die dünne Kapuze zurück und verschränkte die Arme.
    »Und welche Aufgabe wartet jetzt auf uns? Sollen wir neue, schmutzige Biowaffen zusammenbrauen und uns irgendwelche Strahlen zur Bewusstseinskontrolle ausdenken, oder geht es vielleicht um ein Spielzeug für Ihren Schreibtisch, eine Vorrichtung, die kleinen Tieren die Beine ausreißt?«
    Talavera lachte liebenswürdig, trat ein, zwei Schritte auf Julia zu und streckte die eine Hand aus. Dann nahm Julia eine verwischte Bewegung wahr. Ihr rechter Arm wurde nach vorn gerissen und zwischen Talaveras Linker und ihrem rechten Oberarm verdreht. Die Gelenke protestierten, der Schmerz zwang sie schreiend in die Knie.
    »Sei froh«, sagte Julia ihr ins Ohr, »dass meine Leibwächter die Menschensprache nicht verstehen, sonst wäre das wesentlich unangenehmer für dich ausgegangen. Betrachte es als Gratislektion und hüte in Zukunft deine Zunge.«
    Talavera ließ los und trat zurück. Julia massierte sich mehrere schmerzhafte Druckstellen am Arm, dann richtete
sie sich schwankend auf. Konstantin und die anderen hatten zornig geschwiegen, von Talaveras Gefolge mit fremdartigen Waffen mit trichterförmigen Läufen in Schach gehalten.
    »Um deine riskante Frage zu beantworten: Wir werden die Armada bis ans Ziel begleiten.« Talavera lächelte sardonisch. »Ihr seid nämlich mit Darien noch nicht fertig …«
    Vom Korridor her ertönten Stimmenlärm und das Geräusch von Schritten. Talavera blickte zum Eingang, dann ließ sie den Blick über die fünf Getunten schweifen.
    »Eine sehr wichtige Person möchte euch kennenlernen«, sagte sie. »Also setzt die Kapuzen wieder auf, lasst die Hände bedeckt, und wenn ihr gefragt werdet, solltet ihr auf eure Worte achten. Und zwar sehr genau.«
    Sie zogen die Kapuzen über, und da die dünnen Gewänder keine Taschen hatten, verbargen sie die Hände in den weiten Ärmeln. Dann öffnete sich die Tür, und ein groß gewachsener, alter Henkayaner trat humpelnd ein, gestützt auf einen dicken Gehstock, den er mit der Hand seines rechten Hilfsarms festhielt. Der Henkayaner hatte seinen fast haarlosen Kopf entblößt und war mit zahlreichen roten und braunen Stoffbahnen bekleidet, einige breit, andere schmal, einige fest gewickelt, andere lose. Die mit kleinen Metallsymbolen bestickten oder besetzten Enden hatte er sich über Schulter und Arme gelegt … und Julia machte sich mit Bestürzung klar, dass ihm beide Oberarme fehlten.
    Unter dem rot-braunen Bändergewand zeichneten sich der längliche Oberkörper und die breiten Schultern ab, von denen geschickt arrangierte Stofffalten herabhingen, ein Schleier, der offenbar nicht die Aufgabe hatte, das Fehlen der beiden Hauptarme zu verbergen. Litt der Henkayaner
vielleicht an einem genetischen Defekt oder an den Folgen einer grauenhaften Folterung?
    Sodann trat Rebellengeneral Hurnegur in den Frachtraum, dicht gefolgt von zwei Leibwächtern. Er verneigte sich vor dem verkrüppelten Henkayaner, dann wechselten sie ein paar Worte. Julia musterte währenddessen ihre Gefährten, nahm bei ihnen jedoch nur unterschiedliche Stadien der Erschöpfung und des Abscheus wahr. Dann wandte Hurnegur sich an Talavera.
    »Händlerin Talavera, der Prophet-Weise möchte wissen, ob alle Menschen auf den geschändeten Welten wie diese hier sind.«
    Der Prophet-Weise? Die Stimme der Epiphanischen Spiralprophezeiung war sicherlich die am meisten verehrte Persönlichkeit auf Zophor 3, und seine Anwesenheit weihte sozusagen die Mission der Armada, deren wichtigstes Element die modifizierten Raketen waren. Und jetzt wollte er offenbar die Menschen sehen, die an der Entwicklung dieser fürchterlichen Waffen maßgeblich beteiligt gewesen waren.
    Talavera räusperte sich. »Nein, General, diese Menschen wurden für wissenschaftliche Aufgaben gezüchtet. Sie verfügen über ein spezielles Gehirn, dass es ihnen erlaubt, komplexe Berechnungen anzustellen.«
    Der Prophet-Weise lauschte Hurnegurs Übersetzung und stellte sofort die nächste Frage. Seine Stimme war sanft und ein wenig heiser, sein Blick aber kalt und forschend.
    »Haben die Menschensiedler diese Monster gesehen?«, sagte Hurnergur. »Wie haben die normalen Menschen ihrer Heimatwelt auf sie

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