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Waisen des Alls

Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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handschuhgeschützten Fingern und lachte.
    Alle Getunten schwiegen. Sie hatten sich zuvor darauf geeinigt, nichts zu sagen, solange ihnen nicht mit Folter gedroht wurde, und bislang war davon noch nicht die Rede gewesen. Julia aber hielt es das Risiko für wert, ein, zwei Fragen zu stellen.
    »Was macht Sie so sicher, dass wir die sind, für die Sie uns halten?«, hatte sie gesagt. »Ein Computer im Kopf! Wo gibt’s denn so was?«
    »Hmm, dann kann die Prinzessin also sprechen«, meinte Talavera. »Ihr seid also nur unschuldige Reisende, harmlose Touristen, die mal einen Blick auf Halzaan und Fensahr werfen wollen, bevor sie zur Erde zurückkehren? Und das mit militärischer Eskorte?« Sie lachte. »Tut mir leid - ich habe mir die Scans angesehen, die wir vergangene Nacht durchgeführt haben. Scheiße, ich hab eure Akten gesehn! Ja, du bist Julia Bryce, und ich mache mein Recht als kaltherzige Söldnerin geltend, dich an den Höchstbietenden zu verkaufen, und das ist zufällig der Hohe Orden der Spiralprophezeiung.«

    Das Shuttle wurde in den Luftschichten durchgerüttelt, die Frequenz des Triebwerksheulens nahm ab.
    »Also, ich bin froh, dass wir das geklärt haben«, hatte Julia trocken erwidert. »Was springt für uns dabei raus?«
    »Eine ganze Menge«, sagte Talavera mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen. »Ihr braucht nur zu machen, was man euch sagt … dann dürft ihr weiterleben.«
    »Könnte schlimmer sein.«
    »Du hast ja keine Ahnung.«
    Als das Shuttle in den Landeanflug überging, holte Talavera einen Injektor mit Pistolengriff aus der Tasche und verpasste jedem eine Dosis.
    »Eine an eure Profile angepasste Breitbandimpfung«, erklärte sie. »Aber ihr solltet die Einheimischen trotzdem besser nicht küssen.«
    Das Shuttle senkte sich schwankend ab und kam mit einem abgefederten Ruck zum Stehen. Zischend öffnete sich eine Luke, in Julias Ohren knackte es, als der Druckausgleich hergestellt wurde. Die Fesseln wurden gelöst, dann wurden die Getunten über eine Rampe in die grelle, staubige Hitze hinausgeleitet. Am Fuß der Rampe musterte Julia erstaunt das Elendspanorama, das sich in alle Richtungen erstreckte. Das Shuttle war auf einer Erhebung mit steilen Flanken gelandet, die Ausblick bot auf eine riesige Fläche mit Baracken, Hütten, Zelten und kleinen, spinnennetzartigen Rahmenkonstruktionen, die teilweise mit ausgebleichten Planen abgedeckt waren. Die Bewohner wimmelten umher und blickten zu den Neuankömmlingen hoch. Alle möglichen Spezies waren vertreten, hauptsächlich aber Bargalil, Gomedraner und Henkayaner sowie einige reptilienhafte Kiskashin.
    Zunächst nahm sie nur Chaos wahr, doch nach einer Weile fielen ihr die ersten Ordnungsstrukturen auf. Man
hatte ein grobes Wegenetz angelegt, und es gab umzäunte Plätze für die kleinen Kinder. Mit großen Handkarren wurde Wasser verteilt, an überdachten Ständen Nahrung ausgegeben. Einiges deutete darauf hin, dass dies kein Provisorium war; Wände und Markisen waren bunt verziert, einige Hütten hatten einen Boden aus Lehmziegeln, Stein oder Mörtel, viele Dächer hatten Antennen oder Satellitenschüsseln, und hier und da funkelten Solarzellen in der Sonne.
    Die Felsenerhebung war nicht der einzige Blickfang in dieser riesigen Barackensiedlung. In etwa dreihundert Metern Entfernung stand mitten zwischen den Behausungen ein großes Raumschiff mit abgerundeten Linien, sich verjüngendem Bug und einer Höhlung am Heck, wo sich einmal der Antrieb befunden hatte. Jetzt waren darin Hütten und Laufgänge untergebracht, ganze Etagen, auf denen Flüchtlinge sich auf Stützelementen, von denen Wäsche und Fahnen hingen, häuslich eingerichtet hatten. Der Rumpf war der halben Panzerung beraubt, aus den Lücken ragten wacklige Anbauten hervor. Ein zweites Schiff, etwas größer und eckiger, stand einen Kilometer entfernt, und als Julia den Blick nach links und nach rechts schweifen ließ, machte sie noch einige weitere Schiffe in unterschiedlichen Stadien des Verfalls aus. Unwillkürlich musste sie an die Herakles auf Darien denken und wurde unerwartet von Heimweh erfasst.
    »Ah, Sie bewundern meine tapfere Pajentor . Früher war sie eine kühne Sternenreisende, jetzt beherbergt sie einige Hundert meiner Kinder.«
    Dies war ihre erste Begegnung mit Hurnegur, dem henkayanischen Rebellenführer, der erstaunlicherweise flüssig Anglik sprach. Henkayaner waren muskulös und kräftig, wenn auch ein wenig kleiner als Menschen, und an
Bord der

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