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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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sich über mich lustig machen wollte?«, fragte Morgenstern ungläubig und starrte den Hörer an.
    »Sieht so aus«, sagte Hecht grinsend. »Aber mach dir nichts draus. Die sind halt ein bisschen überlastet im LKA , und wenn du jetzt auch noch mit einem Gamskopf daherkommst …«
    Morgenstern zog die Trophäe aus der Plastiktüte, in der er sie zwischenzeitlich verstaut hatte, und schaute sie nachdenklich an. Mit dem kleinen Finger bohrte er in das Einschussloch, dann suchte er in allen Schreibtischschubladen nach einem Lineal. Schließlich fand er einen alten Zollstock und vermaß das Loch in dem ausgebleichten Schädel.
    »Pi mal Daumen würde ich sagen, das ist ein halber Zentimeter«, sagte er, wusste aber selbst nicht recht, was er mit dieser Erkenntnis anfangen sollte.
    »Na gut, ich frag später mal den Schneidt, ob er so eine Jagdpatrone für mich hat«, meinte Morgenstern. Siedend heiß fiel ihm ein, dass er noch eine sehr viel wichtigere Frage an Schneidt mit sich herumtrug: Er musste seinen Chef noch um Urlaub bitten. Verdammt, das hatte er völlig vergessen. Und nachdem der Wilderer in die Wälder entwischt war, sah es überhaupt nicht so aus, als ob dieser Fall bis Sonntag geklärt sein könnte. Wütend ballte er die Fäuste.
    »Spargel, wir müssen los«, sagte er energisch. »Sonst kriege ich Stress mit Fiona.«
    »Wie bitte?«, fragte Hecht irritiert, doch Morgenstern stand schon in der Tür. »Glaub mir, wir stehen unter unheimlichem Erfolgsdruck.«
    Die Bauernkundgebung war in vollem Gange, als die Ermittler ins Eichstätter Festzelt kamen. Das etwa zweitausend Menschen fassende Zelt war zu zwei Dritteln besetzt. Je weiter es nach hinten ging, desto lauter und ungenierter wurden Geraune, Geschwätz und Gelächter. Der Redner, so schien es Morgenstern, war alles andere als ein begnadeter Bierzeltagitator. Gelangweilt saßen die Mitglieder der Pollenfelder Blaskapelle hinter ihren Notenständern und warteten auf das Ende der weitschweifenden Ausführungen über die Verdienste der bayerischen Agrarpolitiker, denen in Brüssel unablässig Knüppel zwischen die Beine geworfen würden. Morgenstern hörte Begriffe wie Milchmengenregelung und Kulturlandschaftsprogramm und musste auf seinem Weg durch die Bierbänke hindurch herzhaft gähnen.
    Sie hatten einen langen Tisch im hinteren Bereich ausfindig gemacht, an dem ihrer Einschätzung nach die Waidmänner saßen, erkennbar an ihren grünen Lodenjoppen und den Hüten, die sie neben ihren Maßkrügen abgelegt hatten. Lautes Gelächter dröhnte zu den Ermittlern herüber: Die Jäger hatten anscheinend für die Milchpolitik der EU -Kommission noch weniger übrig als der Rest des Bierzeltes.
    »Grüß Gott, die Herren. Wir suchen den Jägerpräsidenten, den Herrn Beyer«, sagte Hecht, als sie den Tisch erreicht hatten.
    »Das bin ich«, meldete sich ein groß gewachsener, hagerer Mann mit grauen, über den Kopf gekämmten Haaren und stechendem Blick. »Worum geht’s denn?«
    »Wir sind von der Kripo in Ingolstadt und ermitteln im Mord an Matthias Schreiber«, erläuterte Morgenstern und stellte sich und Hecht vor.
    »Schrecklich, diese Sache mit dem Hias«, sagte der Jägerchef, und alle umsitzenden Männer nickten. »Wir reden schon die ganze Zeit von nichts anderem.«
    »Dafür geht es aber recht lustig zu an Ihrem Tisch«, sagte Morgenstern und schaffte es nicht ganz, seine Missbilligung zu verhehlen.
    »Ja mei, das ist halt unsere Art, mit solchen Dingen umzugehen. Das ist hier schon eine Art Leichentrunk«, stellte der Oberjäger klar. »Wenn wir jetzt alle weinen, erweckt das den Hias auch nicht wieder zum Leben. Außerdem hat er doch eigentlich ein schönes, langes Leben gehabt, wenn man vom Ende einmal absieht. Wie heißt’s bei uns, wenn so ein alter Mensch stirbt: ›Die Hebamme war nicht mehr schuld.‹«
    Beyer grinste über seinen vermeintlich gelungenen Scherz und nahm einen großen Schluck aus seinem Maßkrug. Die anderen taten es ihm nach, und dann erst rückten sie zusammen und machten Platz für Hecht und Morgenstern.
    »Wir haben einen Hinweis bekommen, dass Herr Schreiber vor einigen Jahren, genau genommen an Weihnachten 2005, Ärger mit einem Wilderer hatte. Es ging da um eine Gämse. Wir haben diesen Wilderer ermittelt, gehen aber natürlich auch noch anderen Spuren nach.« Morgenstern blickte aufmunternd in die Runde und passte sich dann dem Stil des Oberjägers an: »Wie heißt’s bei uns von der Kripo: ›Auf einem Bein steht man

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