Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
Vom Netzwerk:
nicht gut.‹«
    Der laue Witz zündete, die Jägerschaft lachte dröhnend, woraus Morgenstern folgerte, dass die Herren nicht die erste Maß Bier vor sich stehen hatten. Jedenfalls hatte er das Eis gebrochen, und einer nach dem anderen erzählte Episoden über Matthias Schreiber, der im Rückblick ein besonders erfreulicher Kamerad und Zeitgenosse gewesen sein musste, und noch dazu ein großer Geschichtenerzähler beim monatlichen Jägerstammtisch, bei dem er sorgfältig darauf geachtet habe, dass ihm kein Jungjäger versehentlich seinen Stammplatz besetzte.
    »Das hat den dann gleich eine Runde Himbeergeist gekostet«, erzählten die Jäger amüsiert. Morgenstern erinnerte sich an die Charakterisierung, die ihm Schreibers Sohn gegeben hatte, dachte an Generationenstreit, Engstirnigkeit und lautstark polternde Auseinandersetzungen. Hier am Tisch galt aber wohl der alte römische Grundsatz, dass man über die Toten ausschließlich Gutes zu berichten und andernfalls den Mund zu halten habe.
    »Wer bekommt denn jetzt das Jagdrevier da oben?«, fragte Hecht.
    »Das wird spannend«, sagte der Jägerpräsident. »Das ist eines unserer besten Reviere. So nah an der Stadt und trotzdem ruhig, mit viel Buchenwald und viel Äsung fürs Rehwild. Hoffen wir, dass keine Auswärtigen reindrücken. Irgendwelche reichen Herren aus Ingolstadt oder gar aus München, die viel Geld zahlen, aber sich dann nicht kümmern. Da gibt es schon welche, die nur schießen wollen und sich nicht um Hege und Pflege kümmern, vom Vereinsleben ganz zu schweigen.«
    Morgenstern erhob sich von der Bank, sah Beyer mit feierlichem Blick an, dann psalmodierte er mit getragener Stimme: »Das ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild, waidmännisch jagt, wie sich’s gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.«
    Hecht starrte seinen Kollegen mit offenem Mund an, auch die Jäger reihum nickten beifällig. Morgenstern setzte sich wieder und hinterließ den gewünschten Eindruck, dergleichen Zitate seien für ihn völlig selbstverständlich.
    »Und Matthias Schreiber, der war ein guter Heger und Pfleger?«, fasste er nach.
    »Einer unserer besten«, sagte Beyer. »Der hat da oben einen vorbildlichen Rehbestand. Alles prächtige Tiere, starke Böcke, gesunde Geißen. Der Hias war halt noch ein Vertreter der alten Schule: Kümmerer hat der rigoros ausgemerzt. Ri-go-ros.«
    Ein Jäger mit Vollbart und geröteten Wangen ergänzte: »Nach gutem deutschen Brauch«, hob seinen Maßkrug und nahm einen tiefen Schluck.
    Eine Kellnerin brachte den Kommissaren ihre bestellten zwei Flaschen Orangenlimonade mit Strohhalmen. Morgenstern nuckelte kurz und fragte dann in die Runde: »War Herr Schreiber denn auch politisch engagiert?«
    »Aber natürlich«, sagte der Jägervorsitzende. »Er war in der CSU , im Vorstand des Ortsverbands. Jahrzehntelang, schon seit den fünfziger Jahren. Lange war er der Schatzmeister, aber zuletzt nur noch Beisitzer. Und dann war er auch noch in verschiedensten Vereinen hier in Eichstätt aktiv. Wir haben immer gesagt: Hias, du bist überall, bloß nicht beim Katholischen Frauenbund.« Die Jäger lachten.
    »Wenn ich das richtig sehe, dann haben ihn alle Menschen hier gern gehabt«, fasste Hecht zusammen. »Oder gab es da doch den ein oder anderen Zwist?«
    »Mei, in der CSU waren nicht alle glücklich mit ihm«, sagte einer der Jäger, der bisher still gewesen war. »Er war halt manchmal ein bisserl kompromisslos mit seinen Ansichten. Wenn es um Asylanten und Hartz- IV -Empfänger gegangen ist, war der Hias richtig radikal. Und wenn er übers Finanzamt geschimpft hat, dann hat er gar kein Ende mehr gefunden. Dann haben wir ihn am Stammtisch immer bremsen müssen. Der Hias, der war in der Eichstätter CSU die Ein-Mann-Stahlhelmfraktion.«
    »Es wird ihn aber kein beleidigter Finanzbeamter erschossen haben?«, fragte Morgenstern.
    Die Jägerrunde lachte so dröhnend, dass am Rednerpult auf der Bühne ein deutlich verunsicherter Referent fast flehentlich ins Mikrofon rief: »Wenn ich noch ein paar Minuten um Aufmerksamkeit bitten dürfte, wir sind gleich fertig, dann geht es zum gemütlichen Teil über.«
    Hektisch blätterte er in seinem umfangreichen Redemanuskript; es war unverkennbar, dass er mehrere Seiten übersprang. Nach allenfalls drei Minuten beendete er die Rede sichtlich erleichtert mit einem Franz-Josef-Strauß-Zitat, das für Morgenstern keinen erkennbaren Bezug zur Rede aufwies, aber als patriotischer

Weitere Kostenlose Bücher