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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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die Pinguine dich gleich dabehalten, oder was war los?«
    Hecht wurde rot. »Entschuldige, ich hab gar nicht gemerkt, dass die Zeit so schnell vergangen ist. Ich war erst drüben im Klosterladen und habe bei den Benediktinerinnen das Öl geholt« – er wedelte mit einer kleinen Papiertüte – »und dann noch kurz am Grab der heiligen Walburga.«
    Morgenstern verdrehte die Augen. »Ich sitze mir im Auto den Hintern wund und denke, du bist gleich wieder zurück – und du bist hier beim Beten!«
    Hechts Gesichtsfarbe näherte sich mittlerweile dem Rot überreifer Tomaten. Aber dann ging er in die Offensive.
    »Ich weiß ja, dass du für so etwas überhaupt keine Ader hast, Mike. Aber es gibt ein paar Dinge zwischen Himmel und Erde, die über unsere kleine menschliche Intelligenz hinausgehen. Meine Mutter glaubt daran. Und ich manchmal auch. So wie gerade. Wenn du weißt, dass keine drei Meter von dir die heilige Walburga liegt, dann berührt mich das. So eine berühmte Heilige mitten in Eichstätt. Da wird man sich doch wohl mal ein paar Minuten Zeit nehmen dürfen.«
    Morgenstern schüttelte immer noch fassungslos den Kopf, und Hecht sah sich gezwungen, sich weiter zu rechtfertigen. »Manche Leute kommen eigens wegen ihr Hunderte von Kilometern hierhergefahren. Das steht alles in dem Buch, in das die Leute ihr Anliegen eintragen.«
    Morgenstern sah seinen Kollegen misstrauisch an. »Und du hast dein Anliegen dann auch in dieses Buch eingetragen?«
    »Jetzt reicht’s«, befahl Hecht in einer Schärfe, die Morgenstern bisher noch nie bei ihm erlebt hatte. »Du hast kein Recht, dich über mich lustig zu machen, bloß weil du an gar nichts glaubst.«
    »Bleib locker, Spargel. Ich bin gar nicht so schlimm, wie du denkst. Aber wir haben einen Fall zu lösen. Und auch wenn du an Wunder glaubst: Deine heilige Walburga wird uns dabei bestimmt nicht helfen.«
    »Ich weiß gar nicht, was du hast«, gab Hecht zurück. »Mit unserem Fall kommen wir heute sowieso nicht mehr weiter.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Wir haben schon fünf Uhr. Ich schlage vor, wir machen für heute Schluss. Oder hast du eine bessere Idee?«
    Morgenstern verneinte, auch wenn ihm angesichts seines privaten Zeitdrucks nicht wohl dabei war. Am nächsten Morgen würden sie sich im Möbelhaus Schreiber treffen. Hecht, so beschlossen sie, sollte heute noch einen Termin mit dem Ehepaar Schreiber vereinbaren. Als Hecht den Wagen startete, um zum Ingolstädter Polizeipräsidium und von dort heim nach Schrobenhausen zu fahren, machte Morgenstern vom Straßenrand aus mit päpstlicher Miene ein großes Kreuzzeichen in die Luft. Hecht ballte drohend die Faust und ließ die Reifen quietschen.
    Eigentlich wollte Morgenstern nun zu Fuß nach Hause gehen, doch auf halbem Weg zu seiner Wohnung blieb er stehen: Was mochte Kollege Spargel wohl in dieses sonderbare Wunschbuch am Grab der heiligen Walburga geschrieben haben?
    Keine drei Minuten später zog er die schwere Tür auf, die laut Hinweistafel zur Gruft führte. Er warf noch einmal einen schnellen Blick auf den Klosterhof, ob ihn irgendjemand beobachtete, aber es war niemand zu sehen. Vorsichtig trat er durch die Tür und erkannte, dass das hier keine gruselige unterirdische Gruft war, wie er eigentlich erwartet hatte, sondern eher eine hoch aufragende Kapelle mit zwei Stockwerken. Das hatte wohl den Vorteil, dass viele Gläubige gleichzeitig am Grab der Heiligen beten konnten. Doch jetzt war Morgenstern ganz allein. Vor ihm standen vor einer leuchtend blauen Wand fünf hölzerne bemalte Heiligenfiguren: In der Mitte, das erkannte sogar er sofort, die heilige Walburga als schwarz gewandete Klosterfrau mit einem Buch, auf dem ein Fläschchen stand. Das Buch, so überlegte Morgenstern, war die Bibel, und die Flasche sollte dann wohl das Walburgisöl darstellen, um das sein Kollege Hecht so ein Theater gemacht hatte. Direkt unter der Statue der Heiligen befand sich ein reich vergoldetes Türchen, das vom Obergeschoss genauso gut gesehen werden konnte wie von der unteren Etage der Kapelle. Da lag sie wohl, die Heilige, folgerte Morgenstern.
    Die Wände ringsum waren über und über mit Votivtafeln bedeckt: naive Darstellungen von Menschen, denen auf dem Krankenbett oder sonst wo angeblich himmlische Hilfe zuteil geworden war. »Walburga hat geholfen« stand fast auf jedem Bild, und Morgenstern sah überrascht, dass die Tafeln nicht nur aus längst vergangenen Jahrhunderten stammten, sondern einige erst in den

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