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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Morgenstern. »Ich sehe hier nirgends etwas zum Unterstellen, wenn es zu regnen anfängt.«
    Böiger Wind kam auf, es wurde mit einem Mal dämmrig, und das Donnergrollen verstärkte sich. Die ersten Blitze zuckten – zum Glück immer noch weit entfernt.
    »Schnell, Kinder, zurück zu den Fahrrädern«, rief Morgenstern und deutete auf die Gewitterwolken, die immer bedrohlicher wurden. Die Jungen kletterten von »ihren« Figuren und rannten mit den Eltern zu den Fahrrädern am Feldweg unterhalb des Figurenfelds. Es fielen schon die ersten dicken Regentropfen, als Familie Morgenstern den Schotterweg hinab Richtung Staatsstraße fuhr, die beiden Jungen vornweg, die Eltern als Nachhut.
    »Auweia, wir werden klitschnass«, rief Fiona. »Was machen wir bloß?«
    »Wir fahren auf der Staatsstraße nach Eichstätt zurück, das geht viel schneller. Wenn ich das vorhin richtig gesehen habe, läuft neben der Straße ein Radweg«, entschied Morgenstern.
    Mit Karacho bogen die beiden Kinder auf den Radweg neben der Staatsstraße ein, dass der Kies nur so spritzte.
    »Der Regen wird immer schlimmer!«, jammerte Marius.
    »Pfeif auf den Regen, das Gewitter ist unser Problem«, rief Morgenstern zurück. Über dem Altmühltal zuckten jetzt im Halbminutentakt Blitze, das Rollen des Donners hallte lautstark von den Talflanken wider. Bastian ließ sich mit seinem Rad zu den Eltern zurückfallen.
    »Ich habe Angst«, sagte er.
    »Wir müssen uns irgendwo unterstellen. Mit den Fahrrädern ist das im Gewitter zu gefährlich«, bestimmte Fiona.
    »Aber wo?«, fragte Morgenstern. »Hier ist weit und breit nichts.«
    Tatsächlich waren es bis zu den ersten Häusern der Stadt noch eineinhalb Kilometer, und neben dem Radweg war der Hang gleichmäßig mit Magerrasen und einigen kargen Wacholderbüschen bedeckt. In diesem Moment entdeckte Morgenstern hinter einem einzelnen Ahornbaum am Straßenrand die Höhlen. Umwuchert von Gebüsch führten sie nah beieinander in die Bergflanke; die eine so schmal, dass man vermutlich nur kriechend hineinkommen konnte, die andere aber groß und hoch und sicherlich einige Meter tief.
    »Schnell, hier rein!«, schrie Morgenstern durch das Donnergrollen. »Marius, komm zurück! Hier ist ein sicherer Platz!«
    Gehorsam drehte Marius um, und alle vier Morgensterns warfen ihre Räder neben dem Radweg auf den Boden und rannten in die größere der beiden Höhlen.
    »Haben wir ein Glück!«, sagte Fiona schwer atmend. »Nicht zu glauben, dass ausgerechnet hier der perfekte Unterschlupf ist.«
    Draußen schüttete es nun wie aus Eimern. Die Blitze kamen immer näher. Als ein besonders scharfer Blitz dicht vor ihnen niederzuckte, zogen sich die Morgensterns so tief wie möglich in die Höhle zurück und setzten sich auf den Boden. Fiona nahm den vor Nässe und Angst bibbernden Bastian in den Arm und hielt ihn fest an sich gepresst. Marius, der Ältere, ebenfalls vom Regen tropfnass, ließ sich dasselbe wider Erwarten von seinem Vater gefallen. Morgenstern drückte ihn, so fest er konnte – er selbst hatte fast genauso viel Angst wie sein Sohn. Aber das hätte er nie zugegeben.
    Nach nicht einmal zehn Minuten war der Spuk vorbei. Ebenso schnell, wie die Gewitterfront aufgezogen war, war sie nach Osten weitergetrieben, um anderswo Angst und Schrecken zu verbreiten. Und den Regen hatte sie mitgenommen.
    Ungläubig steckten die Morgensterns die Köpfe aus der Höhle.
    »Schwein gehabt«, lachte Morgenstern. Marius ging als Erster nach draußen, um sich umzusehen. Keine Minute später war er wieder zurück in der Höhle.
    »Papa, komm mal mit!«, sagte er. »Da draußen hängt eine Tafel.«
    »Was denn für eine Tafel?«
    »Nun komm schon.«
    Gehorsam ging Morgenstern mit nach draußen, gefolgt von Fiona und Bastian.
    »Hier, schaut.« Marius deutete auf die felsige Stelle zwischen den beiden Höhleneingängen. Von Gebüsch umwuchert war eine ovale Bronzetafel ans Gestein geschraubt worden. Und was Morgenstern las, sorgte dafür, dass sich ihm die Nackenhaare aufstellten.
    »Gruselig«, sagte er. Genau an dieser Stelle, so hieß es in der Inschrift, sei eine Marschkolonne britischer kriegsgefangener Offiziere in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, am 14. April 1945, irrtümlich von amerikanischen Tieffliegern angegriffen worden. Die Männer hätten zum Teil in den Höhlen Schutz gefunden, aber vierzehn von ihnen seien ums Leben gekommen, fünfzig verwundet worden. Außerdem hätten zwei deutsche Wachsoldaten hier ihr

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