Wald-Schrat
Leere niemals mehr verlassen. Und ihre Bäume litten, denn ohne seinen Geist verliert ein magischer Baum langsam seine Zauberkraft und wird zu – o grausiges Schicksal – etwas so gut wie Mundanem. Manch einer hält dieses Schicksal für schlimmer als den Tod.
»Es tut mir leid«, sagte die Dämonin, »zumal es bedeutet, dass dein Unterhaltungswert rapide absinkt.«
Forrest hatte keine Ahnung, wo der Baum der Nymphe stand, doch er musste ebenso leiden wie Waldis. Er hoffte, dass eine andere Nymphe frei war, um ihn in Besitz zu nehmen und zu retten. Forrest kannte nur Waldis Baum und fühlte sich schuldig, aber was konnte er schon tun? Um einen zweiten Baum konnte er sich unmöglich kümmern, denn so funktioniert die Beziehung zwischen Geist und Baum nicht: Forrest war an seinen Sandelbaum gebunden. Er kannte auch keinen Faun, der gerade nach einem Baum suchte. Es gibt immer mehr Bäume als verfügbare Nymphen und Faune, sodass die meisten Bäume, die magisch hätten erblühen können, ganz normal heranwachsen. Das ist traurig, weil die meisten Bäume ihren Gefährten viel zu bieten haben, aber wahr.
Dann fiel Forrest doch etwas ein. Die Chance war hauchdünn, doch immerhin besser als gar nichts. »Du bist doch auch ein Geist«, sagte er zu der Dämonin. »Möchtest du vielleicht einen Baum adoptieren?«
»Du meinst, ich soll eine Dryade werden, fast ewig leben und mir ständig Sorgen um meinen Baum machen?«
»Ja. Das ist ein hochanständiger Beruf. Du brauchst dazu keine Nymphe zu sein. Jeder Geist, der sich um den Baum kümmert, erhält ihm die Magie. Auf die Verpflichtung kommt es an. Und die Pantinen würden deine Füße schützen.«
»Verpflichtung. Schutz der Füße.« Mentia bemühte sich ernst dreinzublicken, doch dann pafften ihr Rauchwölkchen aus den Ohren, und sie explodierte in einem ausgelassenen Feuerball. »Ho ho ho!«
Nun, vielleicht war Forrests Idee auch schlechter als gar nichts gewesen. Dämonen haben keine Seele, denn sie sind ja nichts anderes als entartete Überreste von Seelen und scheren sich um nichts und niemanden. »Es tut mir leid, dass ich davon sprach.«
»Oh, mir nicht! Für mich war das der Knaller des Tages!« Der Rauch verdichtete sich wieder zu der außerordentlich femininen Frau, das Sinnbild mädchenhafter Lockung in einem leicht durchscheinenden Kleid. »Eine Baumnymphe! Bei dir gibt es wirklich tonnenweise Lacher!« Und sie verwandelte sich in ein braunes Fass, aus dem grellbunte pfannkuchenförmige Lachmünder hervorquollen und über den Rand fielen.
Forrest beachtete sie so wenig wie möglich und machte sich auf den Weg zu seinem Heimatbaum. Wie konnte er auch nur so dumm sein, einer Dämonin solch einen Vorschlag zu machen?
Sie folgte ihm. »Das Schöne daran ist, dass meine bessere Hälfte vielleicht sogar eingewilligt hätte, wenn sie nicht mit etwas anderem beschäftigt wäre. Sie hat eine halbe Seele. Aber sie hat auch ein halbsterbliches Kind, deshalb hat sie alle Hände voll zu tun. Ich bin die Hälfte ohne Seele.«
Als ob er das nicht selber gemerkt hätte. »Du könntest dir mit dem Baum die Seele teilen.«
»Die Seele eines Schuhbaumes«, rief sie aus, und ihr Gelächter sammelte sich zu einer weiteren Dampfwolke. »Oder meinst du nicht vielmehr Sohle? Meine Füße schützen! Ach, jemand muss mich halten – ich glaube, ich muss sonst vor Heiterkeit vergehen.« Sie schwoll an, bis sie platzte und sich in Luft auflöste. Nur ein leises Kichern blieb zurück.
Diesmal schien sie wirklich verschwunden zu sein. Doch Forrest stellte sein Glück nicht auf die Probe; er schritt geradeaus, ohne nur einmal zurückzublicken.
Als er wieder am Pantinenbaum ankam, sank ihm das Herz. Das arme Ding ließ traurig die Äste hängen. Dieser Baum war alles, was ihm von seinem Freund Waldi noch blieb. Er musste ihm helfen.
Forrest kletterte hinauf und legte dem Baum eine Hand auf den Stamm. »Vertrau mir, Pantinenbaum«, sagte er. »Ich finde einen anderen Geist für dich. Gib mir nur ein wenig Zeit.«
Der Baum musste ihn gehört haben, denn er richtete die Blätter auf und wurde grüner. Der Baum kannte Forrest, denn der hatte ihn oft besucht und war mit seinem Faun befreundet gewesen. Nun vertraute der Baum darauf, dass Forrest ihm half.
Der Faun hatte ein Versprechen gegeben, und nun musste er sein Bestes tun. Mancher hält Faune und Nymphen zwar für hohlköpfige Wesen, die weder Gefühl noch Pflicht kennen, doch bringen diese Leute die Arten durcheinander. Die
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