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Wald-Schrat

Titel: Wald-Schrat Kostenlos Bücher Online Lesen
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jeder Faun und jede Nymphe davor, in die Leere vorzustoßen, denn aus ihr führt kein Weg hinaus. Wer immer ihre Grenzen überschreitet, ist verloren. Nur besondere Geschöpfe wie die Nachtmähren vermögen aus der Leere zu entkommen, weil sie nicht auf die gleiche Weise wirklich sind wie gewöhnliche Leute: Sie haben wenig Substanz.
    »Komm nicht zu dicht an die Leere«, warnte Forrest die Dämonin.
    Sie änderte die Flugbahn, sodass sie sich der Grenze weiter näherte, dann verharrte sie abrupt auf der Stelle. »He, du bist ja wirklich ein raffinierter kleiner Waldwicht«, rief sie bewundernd aus. »Du wusstest, dass ich automatisch das Gegenteil von dem tue, was du mir sagst. Fast hätte es sogar funktioniert, doch zu deinem Unglück bin ich nur ein bisschen verrückt. Um sich in die Leere zu wagen, muss man aber ganz schön verrückt sein, und das bin ich nicht.«
    »Vielleicht beim nächsten Mal«, brummte Forrest.
    Die Nymphe hatte Waldi zweifellos dadurch angestachelt, dass sie dicht an den Rand der Leere vorstieß. Ihre Fußabdrücke berührten fast die Grenze, entfernten sich davon und näherten sich wieder. Die Bedrohung durch diese grauenhafte Umgebung musste der Jagd zusätzlichen Reiz verliehen haben. Auch Forrest hatte schon an solchen Jagden teilgenommen und wusste genau, wohin er treten musste, damit er die Grenze niemals überschritt.
    Dann plötzlich sträubten sich seine Sandalen weiterzugehen. Perplex blieb er stehen – was war denn los? Die Sandalen waren magisch und schützten seine Hufe vor Schaden; wenn er in etwas Gefährliches zu treten drohte, hielten sie ihn auf. Trotzdem konnte er vor sich nichts sehen, weswegen er sich sorgen musste.
    »Was ist?«, drängelte Mentia. »Bist du hufkrank?«
    »Nicht direkt«, entgegnete Forrest, »aber meine Sandalen sind stehen geblieben.«
    »Weißt du, ich mag dich von Minute zu Minute mehr. Du bist ja fast so durchgedreht wie ich.«
    »Ich glaube kaum, dass das möglich ist.«
    »Du versteht es, einem Mädchen Komplimente zu machen.« Diesmal erpurpurte sie sogar, und grüne Pünktchen tanzten darin Polka; es breitete sich über ihre Beine bis in den Erdboden ringsum aus. »Und warum sind deine Sandalen stehen geblieben?«
    »Da steck’ ich nicht drin. Vielleicht ein Fehlalarm.«
    Andererseits hatten seine Sandalen sich noch nie geirrt. Deshalb ließ er sich auf die haarigen Knie sinken und musterte den Boden vor seinen Füßen. Nichts Ungewöhnliches, nur ein paar lächelnde Glückspilze, die sorglosesten aller Schmarotzerpflanzen, und ein paar Rossäpfel, die mit den Schweifen schlugen, um Fliegen zu vertreiben. Forrest überlegte, ob er sich bei den Äpfeln erkundigen sollte, ob etwas Gefährliches in der Nähe war, doch er sprach und verstand die Pflanzensprache nicht sonderlich, und wahrscheinlich hätte er ohnedies nur ›Wie-hie-hie?‹ zur Antwort erhalten. Deshalb richtete er sich wieder auf und umging die trügerische Stelle.
    »Dann eben nicht«, murrte die Dämonin enttäuscht.
    Doch nun konnte er die Spuren nicht mehr finden; sie waren verschwunden. Also drehte er um – und sah es: Auf dem Boden lag ein Kehrholzsplitter. Forrest war ganz sicher, dass es sich um Kehrholz handelte, denn der Glückspilz gleich daneben ließ sich todtraurig hängen. Und dieser Splitter lag in einem Frauenschuhabdruck: Die Nymphe war unbeabsichtigt auf das Kehrholz getreten. Der Splitter hatte sie nicht direkt verletzt, weil er flach auf dem Boden lag, doch er musste den Leichtfüßigkeitszauber ihrer Schuhe beeinflusst haben, sodass sie den Boden unter den Füßen verlor.
    »Gibt’s was zu sehen?«, sich erkundigte D. Mentia scharfsinnig.
    Forrest entdeckte neben dem Kehrholz einen Pantinenabdruck und begriff die ganze schreckliche Wahrheit. Die Nymphe hatte durch die Umkehrung ihres Schuhzaubers das Gleichgewicht verloren und schwankend die Grenze der Leere überschritten. Dabei war sie gegen Waldi gestoßen, den ihr plötzliches Anhalten völlig überrascht haben musste. Und so waren sie beide in die Leere gestürzt.
    »Ja. Sie sind verloren.«
    Ein höchst ungewöhnlicher Unfall – dergleichen ereignete sich in einem Jahrhundert vielleicht einmal. Der Kehrholzsplitter war vermutlich erst vor kurzem durch einen fehlgeleiteten Windstoß an diese Stelle geblasen worden. Solange er nicht mit etwas Magischem in Berührung kam, war er völlig harmlos. Hier aber hatte die unvermittelte Umkehrung…
    Waldi und die Nymphe waren verloren – sie würden die

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