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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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eine Verabredung mit einer Rotbuche oder einer gelben Birke
    einzuhalten; manchmal auch mit einer alten Bekannten unter den Föhren, deren Wipfel, wenn Eis und Schnee die Äste
    niederbogen, schärfer hervortraten, so daß sie wie Tannen aussahen. Auch wenn der Schnee zwei Fuß tief war, stapfte ich noch auf die höchsten Hügel, bei jedem Schritt einen neuen Schneefall von den Ästen schüttelnd. Manchmal kroch und rutschte ich auch auf Händen und Knien dorthin, sofern sich die
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    Jäger schon in ihre Winterquartiere zurückgezogen hatten.
    Eines Nachtmittags unterhielt ich mich damit, eine gestreifte Eule (Strix nebulosa) zu beobachten, die bei hellem Tageslicht auf einem der unteren toten Äste einer Weißfichte in der Nähe des Stammes saß. Ich blieb fünfzehn Fuß von ihr entfernt stehen. Sie hörte mich, wenn ich eine Bewegung machte und der Schnee unter meinen Füßen knirschte, konnte mich aber scheinbar nicht sehen. Wenn ich sehr laut wurde, reckte sie den Hals, sträubte die Nackenfedern und riß die Augen weit auf. Bald aber fielen ihre Lider wieder zu, und sie nickte ein.
    Auch mich überkam ein Gefühl der Schläfrigkeit, nachdem ich sie eine halbe Stunde lang beobachtet hatte. Sie saß mit halbgeschlossenen Augen da wie eine Katze, eine geflügelte Schwester der Katze. Ganz schmal war der Schlitz zwischen den Lidern, durch den sie eine halbinselförmige Verbindung zu mir unterhielt. So schaute sie aus dem Land der Träume auf mich herab und bemühte sich, das vage Etwas, das Ding, das da ihre Träume störte, zu erkennen. Schließlich, als ich beim Nähertreten etwas mehr Lärm machte, wurde sie unruhig und drehte sich träge um, als habe sie es satt, in ihren Träumereien gestört zu werden. Als sie aufflog und zwischen den Tannen hinschwebte, wobei sie die Flügel zu unerwarteter Breite ausspannte, konnte ich nicht das leiseste Geräusch
    vernehmen. Mehr von einem feinen Gefühl für ihre Umgebung als von ihren Augen geleitet, tastete sie sich mit den
    empfindsamen Fittichen ihren Weg durch das Halbdunkel und suchte sich einen neuen Ast, auf dem sie in Frieden das Heraufdämmern des Tages erwarten konnte.
    Wenn ich so den langen Bahndamm durch das Wiesenland
    hinschritt, hatte ich oft gegen den schneidend scharfen Wind anzukämpfen, denn nirgends hatte er ein freieres Spiel. Und wenn mich die Kälte auf der einen Backe empfindlich getroffen hatte, wandte ich ihr, Heide, der ich war, auch die andere zu.
    Auf der Landstraße von Bristers Hügel war es nicht viel besser.
    Denn wie ein friedlicher Indianer ging ich selbst dann noch in den Ort, wenn sich zwischen den Steinmauern der
    Waldenstraße der ganze von den offenen Feldern verwehte
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    Schnee türmte und eine halbe Stunde später die Spuren des letzten Fußgängers verwischt waren. Wenn ich dann
    zurückkehrte, hatten sich, wo der unermüdliche Nordwestwind den Pulverschnee um die scharfe Biegung zusammentrieb,
    gewöhnlich neue Verwehungen gebildet, durch die ich erst hindurchstapfen mußte. Hier war nicht die Spur eines Hasen, ja nicht einmal der winzige Abdruck einer Feldmaus zu sehen.
    Selten aber geschah es, daß ich nicht, auch mitten im Winter, eine etwas wärmere, sumpfige Stelle fand, an der Gras und Zehrwurz in immerwährendem Grün sprossen und wo
    manchmal ein widerstandsfähiger Vogel die Rückkehr des
    Frühlings erwartete.
    Kehrte ich abends von meinem Spaziergang zurück, dann stieß ich trotz Schnee und Kälte mitunter vor meiner Tür auf die Fußstapfen eines Holzschlägers, fand auf dem Herd ein
    Häufchen Holzspäne und das Haus erfüllt von dem Duft seiner Pfeife. Oder ich hörte, wenn ich Sonntag nachmittags zufällig zu Hause war, den Schnee unter den Schritten eines
    langschädeligen Farmers knirschen, der weither durch die Wälder auf einen kurzen Meinungsaustausch zu mir kam -einer der wenigen Berufenen, der »Mensch auf seiner Farm« war. Er hatte den Rock des Professors mit dem Bauernkittel gelauscht und war ebenso fähig, die Nutzanwendung aus Staat und
    Kirche zu ziehen wie eine Ladung Dünger aus seinen)
    Wirtschaftshof. Wir sprachen von rauhen, einfachen Zeiten, da die Menschen noch bei kalter, frischer Witterung mit klarem Kopf um ein großes Feuer saßen. Und wenn es keinen anderen Nachtisch gab, dann versuchten wir unsere Zähne an so
    mancher Nuß, die die klugen Eichhörnchen ihrerseits
    liegengelassen hatten, denn die mit den dicksten Schalen sind gewöhnlich hohl. Der Mann, der den längsten

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