Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Wald in die Luft, als ob das Dach eingestürzt sei, und wir schrieen: "Concord, zu Hilfe!" Wagen rasten in fürchterlicher Eile und mit schwerer Ladung vorbei. Auf einem derselben saß vielleicht unter anderen auch der Agent der Versicherungsgesellschaft, der die Verpflichtung hatte, dabei zu sein, auch wenn das Feuer noch so weit entfernt war. Ab und zu klingelte die Spritzenglockehinter uns. Und zu böserletzt kamen langsam aber sicher, wie man sich hernach ins Ohr raunte, diejenigen, die das Feuer angelegt und die Bewohner alarmiert hatten. Wir rannten als ehrliche Idealisten blindlings weiter, bis wir schließlich bei einer Straßenbiegung ein Krachen hörten, über die Mauer hinweg die Glut spürten und zu unserem Leidwesen wahrnahmen, daß wir an Ort und Stelle seien. Gerade die Nähe des Feuers kühlte unsere Hitze wesentlich ab. Erst wollten wir eine Froschpfütze ins Feuer gießen, dann wurde jedoch beschlossen, es brennen zu lassen. War doch das Haus schon so weit eingeäschert und so wertlos! So standen wir denn um die Spritze herum, drängten und stießen einander, gaben unsern Gefühlen durch Sprachrohre Ausdruck oder unterhielten uns mit gedämpfter Stimme über die großen Feuersbrünste, die auf Erden bereits stattgefunden hatten. Man denke nur an den Brand von Bascoms Laden! Untereinander waren wir alle darüber einig, daß wir den letzten drohenden Weltbrand in eine zweite Sintflut verwandeln könnten, wenn wir zur rechten Zeit mit unserer "Pumpe" zur Stelle sein könnten, und wenn ein voller Froschteich in der Nähe sei. Schließlich traten wir den Rückzug an, ohne irgend ein Unheil angerichtet zu haben. Ich kehrte heim zum Schlafen und zu Gondibert. In bezug auf Gondibert möchte ich übrigens noch bemerken, daß ich mich dem in der Vorrede stehenden Ausspruch, daß der Witz das Schießpulver der Seele sei, gern anschließe: "denn den meisten Menschen ist der Witz etwas Unverständliches, wie den Indianern das Schießpulver."
Der Zufall wollte, daß ich in der folgenden Nacht fast zur gleichen Stunde über dieses Feld wanderte. Da hörte ich plötzlich ein leises Stöhnen, und als ich mich in der Dunkelheit diesem Ort näherte, entdeckte ich den einzigen, mir bekannten Überlebenden dieser Familie, den Erben sowohl ihrer Tugenden als auch ihrer Laster, den allein dieser Brand überhaupt etwas anging. Er lag auf dem Bauche, sah über die Kellermauer hinunter auf die noch rauchende Asche und murmelte gewohnheitsgemäß etwas vor sich hin. Er hatte den ganzen Tag lang in den Niederungen im Fluß gearbeitet und jetzt die erstenAugenblicke, die ihm selbst gehörten, benutzt, um das Seim seiner Väter und seiner Jugend aufzusuchen. Von allen Seiten und nach allen Stellen des Kellers hielt er Umschau, als ob dort ein ihm bekannter Schatz zwischen den Steinen verborgen sei. Es gab dort aber weiter nichts als ein Häuflein Steine und Asche. Das Haus war dahin – nun sah er sich das an, was davon übrig geblieben war. Die Anteilnahme, die ihm durch meine Anwesenheit allein schon bewiesen zu sein schien, schmeichelte ihm. Er zeigte mir, so gut es in der Dunkelheit möglich war, den verschütteten Brunnen. Der konnte, dem Himmel sei Dank, niemals verbrennen. Dann tastete er lange Zeit an dem Mauerwerk herum, um den Brunnenschwengel zu finden, den sein Vater selbst geschnitten und hergerichtet habe. Er suchte auch nach dem eisernen Haken und nach der Öse, durch welche die Last an dem schwereren Ende des Brunnenschwengels befestigt wurde – kurz, nach allem, woran er sich jetzt klammern konnte – um mich zu überzeugen, daß dies kein gewöhnlicher "Apparat" sei. Ich befühlte ihn und sehe ihn noch jetzt fast täglich auf meinen Spaziergängen – eine ganze Familiengeschichte hängt an ihm.
Etwas mehr zur linken Seite, wo man den Brunnen und die Fliederbüsche sieht, lebten in dem jetzt freien Felde Rutting und Le Grosse. Doch wir wollen wieder die Richtung nach Lincoln einschlagen.
Tiefer im Walde als alle anderen hatte sich dort, wo die Landstraße am meisten an den Teich herantritt, Wyman der Töpfer angesiedelt, der seinen Mitbürgern irdenes Geschirr lieferte und dessen Kinder dem gleichen Beruf oblagen. Auch sie waren nicht reich an weltlichen Gütern und besaßen das Land Zeit ihres Lebens widerrechtlich. Der Sheriff kam oft und immer vergeblich, um die Steuern einzuziehen. Er pflegte dann "einen Holzspan mit Beschlag zu belegen" um der Formalität zu genügen, denn etwas anders gab
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