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Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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wert war, sich in der Nähe der Plejaden oder der Hyaden, bei Aldebaran oder Altair niederzulassen, dann war ich wirklich dort, oder wenigstens ebensoweit wie sie von jenem Leben entfernt, das ich hinter mir gelassen hatte. Ein ebenso schwacher Strahl wie von dort zitterte und blinkte zu meinem nächsten Nachbar hinüber. Nur in Nächten, wo der Mond nicht scheint, war er für ihn sichtbar. So war die Stätte im Universum beschaffen, auf der ich mich angesiedelt hatte ...
     
    "Es war ein Schäfer, lebensfroh.
"Hoch wie die Berge,
"Auf die er sein Vieh zur Weide trieb,
"Waren seine Gedanken."
     
    Was müßten wir von des Schäfers Leben denken, wenn seine Herden immer zu höheren Weiden wanderten als seine Gedanken?
     
    Jeder Morgen überbrachte mir die freudige Aufforderung, mein Leben gerade so einfach und, ich darf wohl sagen so unschuldig zu gestalten, wie die Natur selbst. Ich war ein ebenso aufrichtiger Verehrer der Aurora wie die Griechen. In aller Frühe stand ich auf und nahm ein Bad im Teich; das war eine religiöse Übung und eine meiner besten Handlungen. Man erzählte, daß auf der Badewanne des Königs Tsching-Thang Schriftzeichen eingegraben waren, welchebesagten: "Erneuere Dich selbst jeden Tag; tue es wieder und wieder und in alle Ewigkeit wieder." Das kann ich begreifen. Der Morgen bringt heroische Zeiten zurück. Ich wurde, während ich bei offenen Türen und Fenstern dasaß, so tief ergriffen durch das leise Gesumm einer Mücke, die ihren unsichtbaren, unergründlichen Flug in früher Morgendämmerung durch mein Zimmer nahm, als ob ich Posaunentöne hörte, die laut ein Loblied tönten. Das war Homers Requiem: eine Ilias und Odyssee der Luft, die ihren eigenen Zorn und ihre Irrfahrten besangen. Es lag etwas Kosmisches darin. Ein ewiger Bericht (bis auf Widerruf) von der immerwährenden Lebenskraft und Fruchtbarkeit der Welt. Der Morgen, der wichtigste Teil des Tages, ist die Stunde des Erwachens. Da sind wir am wenigsten "somnolent", und wenigstens eine Stunde lang wacht jener Teil von uns, der den übrigen Tag und die Nacht schlummert. Wenig kann von dem Tag erwartet werden (wenn der Ausdruck Tag überhaupt angebracht ist), zu dem uns nicht unser Genius, sondern das mechanische Klopfen eines Domestiken erweckt, wenn wir nicht durch unsere neugesammelten Kräfte und Willensenergien von innen heraus, durch die Schwingungen himmlischer Musik – anstatt durch Fabrikglocken – und durch balsamische Lüfte zu einem Leben erweckt werden, das an Reinheit unser Leben am gestrigen Abend, als wir uns zum Schlummer niederlegten, übertrifft. So trägt auch die Finsternis ihre Früchte, erweist sich als heilsam, nicht weniger wie das Licht. Der Mensch, der nicht glaubt, daß jeder Tag eine frühere, heiligere und heller vom Morgenrot durchglühte Stunde mit sich bringt, als all diejenigen, welche er bereits entweihte, hat am Leben verzweifelt. Er wandelt auf abschüssigen, dunklen Pfaden. Nach einem zeitweiligen Stillstand des Sinnenlebens fühlt sich die Seele des Menschen (oder vielmehr fühlen sich die Organe der Seele) täglich neu gestärkt und des Menschen Genius versucht aufs neue das Leben so edel wie möglich zu gestalten. Alle großen Ereignisse, so möchte ich behaupten, werden in der Morgenstunde, im Morgenlicht gezeitigt. In den Veden steht geschrieben: "Alle Geisteskraft erwacht am Morgen." Poesie und Kunst und auch die schönsten denkwürdigsten Taten der Menschenwerden in solch einer Stunde geboren. Alle Dichter und Helden sind Kinder der Aurora, wie Memnon: um Sonnenaufgang tönt ihr Lied. Für den, dessen elastische, kraftvolle Gedanken mit der Sonne gleichen Schritt halten, ist der Tag ein ununterbrochener Morgen. Was die Ähren oder die Menschen durch ihr Tun und Treiben sagen, ist ganz nebensächlich. Der Morgen ist da, wenn ich erwacht bin, wenn ich einen Sonnenaufgang in mir spüre. Das Streben, den Schlaf abzuschütteln, nenne ich Umwertung der Moral. Warum geben denn die Menschen einen so stümperhaften Bericht über ihren Tag? Doch nur weil sie schliefen! Sie sind durchaus keine schlechten Rechenmeister. Wenn die Schläfrigkeit sie nicht überwältigt hätte, sie würden etwas getan haben. Für körperliche Arbeit sind Millionen wach genug. Aber nur ein einziger unter dieser Million ist wach genug zu wirksamen, geistigen Leistungen, nur ein einziger unter hundert Millionen zu einem poetischen, göttlichen Leben. Erwacht sein, heißt leben! Ich habe noch nie einen völlig

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