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Waldesruh

Waldesruh

Titel: Waldesruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Marie. »Zum Beispiel, wer Moritz morgens zur Schule bringt und ihn abholt. Ich weiß nicht, wie wir das hinkriegen sollen, ohne selbst jeden Tag zu spät zu kommen und Stunden zu schwänzen. Und wenn wir das tun, dann fallen wir mit der Zeit auf, dann wollen die Lehrer mit Oma reden...«
    Emily verspürte plötzlich ein Gefühl der Resignation. Nein, das konnte auf die Dauer nicht gut gehen. Wie hatten sie nur so blind sein können! Was konnte alles passieren, was hatten sie vorher nicht bedacht?
    »Ich hab keine Ahnung, wie wir das machen«, gestand Janna. »Für heute melde ich ihn jedenfalls mal krank und mich selbst gleich dazu. Wir können ihn ja nicht alleine hierlassen. In einer Woche sind Ferien, danach sehen wir weiter. Vielleicht können wir ein Kindermädchen für ihn anstellen, wenn ich einen Überblick habe, wie es mit der Kohle aussieht.«
    Bisher war Emily der Meinung gewesen, die ältere Schwester ihrer Freundin sei eine eitle, arrogante Zicke. Von Marie wusste sie, dass Janna unbedingt Schauspielerin werden wollte und sich viel auf ihr Aussehen einbildete. Aber seit gestern musste Emily zugeben, dass sie sich geirrt hatte. Nun, in der Krise, hielt sich Janna gar nicht übel. Und ihre Geschwister machten ihr das Leben auch nicht gerade einfach.
    »Ein Kindermädchen ist eine gute Idee.« Marie nickte. »Ich habe dazu nämlich keine Lust. Und am besten noch eine Putzfrau.«
    »Klar! Und einen Butler, eine Köchin und einen Chauffeur«, ergänzte Janna.
    Moritz hatte aufgehört zu weinen und schaute verständnislos von Janna zu Marie. »Ich will aber in die Schule«, protestierte er. Moritz besuchte seit dem letzten Herbst die Grundschule des nahen Dorfes und schien sich wohlzufühlen. Er traf dort seine Freunde und seine Lehrerin liebte er geradezu abgöttisch.
    »Am Montag darfst du wieder hin«, versprach Janna.
    Apropos Schule – Emily sah auf die Uhr über dem Herd. Halb neun. Sie stand auf. »Ich muss los. Wenn ich zu spät komme, meutert meine Mutter.«
    »Man sieht sich«, sagte Marie.
    »Denk an dein Versprechen«, mahnte Janna.
    »Natürlich.«
    »Und danke für – du weißt schon«, fügte Janna hinzu.
    Emily erklomm stöhnend ihr Fahrrad. Nicht nur Schultern und Arme, jeder Muskel in ihrem Körper rebellierte gegen die Bewegung. Sie fühlte sich wie eingerostet. Als sie nach der Lenkstange griff, brachten sich die Blasen an ihren Händen in Erinnerung. Trotzdem fuhr sie so rasch wie möglich über den Feldweg nach Hause, tausend Gedanken im Kopf, die alle darum kreisten, was sie gestern Nacht getan hatten.
    Immer wieder fragte sie sich, ob sie richtig gehandelt hatte, als sie sich dafür entschieden hatte, Marie und Janna zu helfen. Die Schwestern hatten definitiv unter Schock gestanden, taten es womöglich noch. Vielleicht wäre es ihre Aufgabe gewesen, die beiden zur Vernunft zu bringen?
    Emily stöhnte und trat heftiger in die Pedale. Was, wenn Moritz in der Schule Probleme machte und die Lehrerin mit seiner Großmutter sprechen wollte? Wenn ein Elternabend anstand? Und vielleicht hatte Frau Holtkamp ja doch Bekannte, die sie eines Tages besuchen wollten? So viele unvorhersehbare Dinge konnten geschehen.
    Aber dennoch – jetzt gab es kein Zurück mehr.
    »Mama, kann ich dich mal sprechen?«
    Frau Schütz legte das Buch hin, mit dem sie es sich auf der Terrasse bequem gemacht hatte. »Was willst du?«
    »Es ist wegen der Ferien.«
    »Ja?«
    »Ich möchte nicht mitkommen auf diesen Segeltörn. Vier Wochen auf so einem Boot, das ist mir zu langweilig. Außerdem wird mir ab Windstärke vier immer schlecht.«
    »Aber Emily! Was willst du denn dann machen? Du kannst nicht vier Wochen alleine hierbleiben. Oder möchtest du zu Oma nach Köln? Aber du hast doch erzählt, dass Svenja, Jennifer und die anderen verreist sind. Du würdest dich schrecklich langweilen.«
    »Ich möchte bei Marie bleiben.«
    »Bei Marie?«
    »Ja. Marie, ihre Geschwister und die Großmutter bleiben über die Ferien zu Hause. Sie haben mich eingeladen.«
    Emilys Mutter schüttelte den Kopf. »Ich kann dich doch nicht für so lange Zeit einer älteren Dame aufhalsen. Nein, Emily, vergiss es.«
    »Was heißt hier ›aufhalsen‹? Ich kann mich dort nützlich machen.«
    Das stimmte, es gab viel zu tun. Die Schwestern hatten beschlossen, das Häuschen innen gründlich zu renovieren. Durch den Wegfall von Frau Holtkamps Schlafzimmer hatten Janna und Marie endlich eigene Zimmer bekommen und wollten sie nun neu

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