Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waldesruh

Waldesruh

Titel: Waldesruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
horchte. Alles war ruhig. Vielleicht nur ein Donner.
    Janna hatte die Tür zu ihrem Zimmer einen Spalt offen gelassen und Emily lenkte den Lichtstrahl darauf.
    Janna schlief tief und fest, ebenso Marie nebenan. Doch dann sah Emily, dass die Tür zu Moritz’ Zimmer offen stand. Sie war sich sicher, dass sie vorhin noch fest verschlossen gewesen war.
    Vorsichtig schlich sie sich näher. Das Zimmer von Moritz war das kleinste und lag am Ende des Flurs. In der Decke befand sich eine Luke mit einer ausklappbaren Stufenleiter, über die man auf den Dachboden gelangte.
    Emily blieb stehen.
    Jemand hatte die Leiter heruntergelassen!
    Wieder das leise Rumpeln.
    Natürlich! Er war auf dem Dachboden! Der Mann musste direkt an ihr vorbeigegangen sein! Sie hatte also doch geschlafen. Bei diesem Gedanken lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Rasch knipste sie die Taschenlampe aus, damit ihr Schein nicht durch die Luke nach oben drang. Was jetzt? Sollte sie die anderen wecken? Oder erst mal abwarten? Was suchte er dort oben? Wertgegenstände? Oder war er ein Brandstifter und legte gerade Feuer?
    Noch während Emily fieberhaft überlegte, hörte sie Schritte direkt über sich. Unwillkürlich wich sie zurück auf den Flur. Der Mann kletterte die Stufenleiter herunter. Er machte sich nicht die Mühe, leise zu sein oder die Stufenleiter wieder hochzuklappen. Sie hörte ihn sogar fluchen, als er gegen ein Spielzeugauto trat.
    Hastig schlüpfte sie in Maries Zimmer und beobachtete durch den Türspalt, wie der Kegel einer Taschenlampe über den Flur huschte. Vor ihrem Zimmer blieb er stehen. Lautlos wie eine Katze glitt Emily hinter die Tür, wo sie sich gegen die Wand presste, als wollte sie darin verschwinden.
    Knarrend, Zentimeter für Zentimeter, öffnete sich die Tür. Marie gab im Schlaf ein leises Schmatzen von sich.
    Emily hob den Schürhaken. Sollte der Mann Marie anrühren, würde sie ihm, ohne zu zögern, das Eisen über den Schädel ziehen!
    Der Lichtkegel seiner Lampe durchschnitt das Zimmer. Emily hielt den Atem an. Der helle Kreis verweilte kurz auf der unruhig schlafenden Marie und tastete dann über Wände, Poster, Regale und sogar unter das Bett. Suchte der Mann nach ihr, nachdem er den leeren Stuhl neben der Treppe gesehen hatte? Schließlich zog er sich wieder zurück. Die Schritte machten noch kurz vor Jannas Zimmer halt, dann stapfte er die Treppe hinunter.
    Emily wagte, endlich wieder zu atmen, als sie hörte, wie das Sofa unter seinem Gewicht ächzte. Dann war alles still, bis auf ein fernes Donnergrollen. Das Gewitter hatte sich verzogen, nun setzte ein leiser, flüsternder Regen ein.
    Emily schlüpfte hinaus auf den Flur. Kein Laut war zu hören. Sie wartete einige Minuten, dann ließ sie kurz die Taschenlampe aufleuchten und schickte den Strahl nach unten. Der Mann schlief tief und fest.
    Kurz entschlossen schlich sie in das Zimmer von Moritz zurück und klappte die Leiter wieder hoch. Noch saß ihr der Schreck so in den Gliedern, dass ihre Hände zitterten. Aber trotzdem wollte sie nicht, dass Janna und Marie erfuhren, dass sie eingeschlafen war.
    Emily weckte Janna erst gegen halb fünf. Sie war die ganze Zeit hellwach geblieben, denn das Herzklopfen wollte und wollte nicht nachlassen. Endlich ging die Sonne auf und die Vögel wurden munter. Soweit Emily es beurteilen konnte, waren es weder Lerchen noch Nachtigallen, sondern Spatzen, die um die Wette krakeelten.
    »Was ist, wenn er nachher immer noch nicht abhaut? Wenn der sich hier einnisten will?«, fragte Marie. Sie saßen am Frühstückstisch. Der ungebetene Gast war offenbar kein Frühaufsteher, er lag noch immer auf dem Sofa.
    »Dann müssen wir Maßnahmen ergreifen«, sagte Janna und lächelte dabei wie eine Sphinx. Es hörte sich an, als hätte sie einen Plan, was Marie und Emily nur zu gerne glauben wollten.
    »Vielleicht ist er ein entlaufener Häftling«, überlegte Emily. Ein normaler Obdachloser würde sich doch nicht so unmöglich benehmen, oder?
    »Keine Ahnung«, bekannte Janna. »Ich hab da wenig Erfahrung.«
    Drüben räkelte sich der Schläfer laut gähnend und wenig später erschien er in der Tür, wünschte einen guten Morgen, was unbeantwortet blieb, und schlurfte an ihnen vorbei zum Kühlschrank. Nachdem er eine Flasche Bier gefrühstückt hatte, zog es ihn eine Tür weiter, und während der nächsten fünf Minuten wurden die Mädchen akustische Zeuginnen einer regen Verdauung.
    »Das Klo machst du nachher sauber, zur Strafe«,

Weitere Kostenlose Bücher