Waldmeister mit Sahne
Straße und vergleiche meinen Schwanz mit dem anderer.“
„Werner, unternimm gefälligst etwas, wenn sich dein Sohn so echauffiert.“
„Ich werde bestimmt nicht meine Körperteile mit denen meines Sohnes vergleichen, Ilse.“
„Warum? Hast du Angst schlecht abzuschneiden?“
Bitte! Bringt mich in das Waisenhaus zurück, aus dem mich diese Irren entführt haben.
„Papa, fährst du mit mir angeln?“
Seine Eltern unterbrachen ihr Geplänkel und sein Vater zuckte mit den Schultern.
„Wird dich das von deinen trüben Gedanken ablenken?“
„Das nicht. Doch vielleicht schaffe ich es ja, mir einen Angelhaken durch ein Auge bis ins Gehirn zu treiben und erlöse mich damit von meinen Qualen. Also? Was ist nun?“
„Klingt prima!“
Michael liebte seine Eltern. Wirklich!
Joachim saß auf dem Sofa. Die Rollläden hatte er bereits seit Tagen nicht mehr hochgezogen, sodass das Wohnzimmer im Dunkeln lag. Tränen liefen über seine Wangen. Sie begannen automatisch zu fließen, sobald er an Micha dachte und das war in den letzten Tagen verdammt oft gewesen. Innerlich fühlte er sich ganz leer. In den Händen hielt er eine Flasche Bier, die er bereits halb ausgetrunken hatte.
Bist du jetzt glücklich?, fragte er sich. Frau weg, Kinder weg. Und Micha hasst mich. War es das wert gewesen?
Joachim konnte nicht einmal sagen, was genau er mit ,es‘ meinte. Seine Beziehung mit Micha? Das Ausleben seiner versteckten Homosexualität? Die Erfüllung seiner Bedürfnisse? Alle diese Fragen hätte er mit einem Ja beantwortet. Ja, das war es wert. Er war glücklich gewesen, wenn er mit Micha zusammen war. Die Nähe, den Sex, das gemeinsame Lachen … All das hatte er in vollen Zügen genossen. Wann hatte er denn das letzte Mal mit Vanessa gelacht? Oder etwas mit ihr gemeinsam unternommen? Es war ja nicht so, dass er es nicht versucht hatte. Vanessa hatte nur nie Zeit. Sie musste entweder zum Töpfern, zum Sport oder zu einer Freundin. Und irgendwann hatte er es aufgegeben zu fragen.
„Paps?“
Joachim fuhr aus seinem Selbstmitleid auf und kniff im nächsten Moment geblendet die Augen zusammen, als das Deckenlicht eingeschaltet wurde. Martin stand in der Tür und sah ihn beinahe erschrocken an. Hastig stellte Joachim das Bier ab und wischte sich über die Augen.
„Marty, was machst du denn hier?“ Er sah unmöglich aus und das wusste Joachim auch. Schlimmer, er konnte es im Gesicht seines Sohnes lesen.
„Sag mal, hast du geheult?“, fragte Martin und kam näher. Joachim wischte sich erneut über das Gesicht, schniefte leise, räusperte sich. Abstreiten hatte wohl keinen Sinn. Also nickte er.
„Wegen Mama?“, fragte Martin und ließ sich in einen Sessel fallen.
„Nein“, sagte Joachim ehrlich.
„Was machst du hier?“ fragte er nochmals und versuchte damit vergeblich von seinem Zustand abzulenken.
„Ich habe es nicht mehr ausgehalten. Mama und Oma sind nur am Zetern und schimpfen die ganze Zeit über dich. Da habe ich gesagt, ich übernachte bei einem Freund. In Wirklichkeit wollte ich mit dir reden.“ Martin schälte sich aus seiner Jeansjacke und ließ sie achtlos neben dem Sessel zu Boden fallen.
„Worüber?“
Sein Sohn lehnte sich in dem Sessel zurück und musterte ihn neugierig. „Mama sagt, dass du schwul bist und uns daher verlassen würdest.“
Joachim nickte vorsichtig.
„Oh Mann, Paps! Man wird doch nicht plötzlich über Nacht schwul“, sagte Martin verstört.
„Ich glaube, ich war es schon immer“, murmelte Joachim. Er konnte unmöglich mit einem Sechzehnjährigen über seine unerfüllten sexuellen Begierden in all den Jahren reden.
„Aber du hast geheiratet. Und du hast Hennie, Lucas und mich. Schwule können keine Kinder kriegen.“
Joachim sah Martin nur an, dieses Mal mit einem leichten Lächeln um die Mundwinkel.
„Okay, okay.“ Sein Sohn lachte etwas verlegen. Nur einen Augenblick später kam die nächste Frage: „Wie merkt man denn, dass man schwul ist?“
Joachim suchte verzweifelt nach einem Beispiel, an dem er es Martin erklären könnte.
„Stell dir Sex wie Eis essen vor.“
Martin zog ein komisches Gesicht, kommentierte dieses verrückte Beispiel allerdings nicht.
„Du magst Eis“, fuhr Joachim fort. „Du isst sogar wahnsinnig gerne Eis. Und irgendwann stellst du fest, dass du Waldmeister deutlich besser findest als Zitrone. Verstehst du?“
Langsam nickte sein Sohn.
„Stört es dich?“ Nervös knetete Joachim seine Finger. „Ich meine, stört es dich
Weitere Kostenlose Bücher