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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Worten stürzte sich der Hüne Meginfried wütend auf meine Angreifer. Beringo, mein Onkel, schoss Pfeil um Pfeil ab. Jeder traf. Ich selbst stach um mich und fühlte mehr als einmal, dass sich mein Dolch in menschliche Leiber bohrte und den Widerstand der Gegner zum Erlahmen brachte. Die meisten der Angreifer schlug Meginfried mit seinem Schwert zu Boden. So kämpften wir uns gemeinsam eine Gasse zum Dom frei, in den inzwischen auch der widerstrebende König von seinen Freunden gebracht worden war.
    Auf das wilde Klopfen Meginfrieds hin wurde die Tür einen kleinen Spalt weit geöffnet, und wir schlüpften in den hohen, noch immer vom Duft des Weihrauchs erfüllten Kirchenraum.
    Hier waren die Männer schon dabei, die wenigen Waffen zu zählen, die sie noch in den Herbergen gefunden hatten. Die Königin und ihre Frauen sowie die Kinder des Königs saßen verängstigt auf den Stufen des Chorraumes des Martinsdomes, der noch vor kurzer Zeit der Schauplatz ihres großen Triumphes gewesen war.
    »Waldo, wie froh bin ich, dass dir nichts geschehen ist.« Mit diesen Worten kam der König auf mich zu und umarmte mich herzlich vor aller Augen. Noch immer schien er sich weniger um sich selbst als um jene zu sorgen, die seinetwegen in Gefahr geraten waren. Meginfried und Beringo beobachteten die Szene zufrieden.
    »Wenn diese beiden nicht gewesen wären, mein Onkel Guiscuhiarn von Missilac, auch Beringo genannt, und mein Freund Meginfried, ich hätte es nicht überlebt«, erklärte ich Rudolf. »Ich dachte schon, mein Tod sei nahe. Da haben sie mich gerettet.« Der König nickte. »Da sind durch dich zwei tapfere Männer in meine Reihen zurückgekehrt. Aber sie haben ja geschworen, dich zu beschützen. Der eine davon ist also dein Onkel? Ich danke Euch, dass Ihr mir meinen Freund und Berater gerettet habt«, meinte er sodann und reichte beiden die Hand. Er duldete es nicht, dass sie vor ihm auf die Knie sanken.
    »Wieso seid ihr denn hier? « fragte ich leise.
    »Nun, wir dachten, dass du uns vielleicht brauchen könntest«, erklärte Beringo trocken. »Hatten recht«, setzte Meginfried hinzu. Und schon lagen wir einander in den Armen.
    »Ich werde mich auf keinen Fall in diesem Gotteshaus verkriechen«, dröhnte Rudolf entschieden. »Wenn der König es noch nicht einmal schafft, diesen Mainzer Bürgern Einhalt zu gebieten, wie sollen die Menschen ihm dann vertrauen und glauben, dass er Heinrich erfolgreich entgegentreten kann? «
    Da wiesen ihn einige mit besorgten Gesichtern darauf hin, dass nur wenige bewaffnet seien, die sich mit dem König in das Gotteshaus gerettet hatten. Rudolf gab nicht nach. »Sogar falls mein Königreich auch nur einen Tag währen sollte — ich werde jetzt hinausgehen und kämpfen — wenn es sein muss, allein.«
    Daraufhin schlossen sich einige der Männer zusammen, um einen Ausfall zu wagen. Unter ihnen waren auch Meginfried und Beringo. Beringo schoß den Männern mit seinen Pfeilen vom Portal des Gotteshauses aus den Weg frei, Meginfrieds Schwert hielt reiche Ernte.
    Der Aufstand von Mainz ertrank in Strömen von Blut. Am nächsten Morgen kniete der Rat der Stadt demütig vor Rudolf nieder und schwor seinem König im Namen aller Bürger für alle Zukunft unverbrüchliche Treue.
    Beringo, Meginfried und ich jedoch betranken uns noch am Abend des Aufstandes aus Freude über unser Wiedersehen.
    »Als ich auf dem Weg nach Missilac war, dachte ich, wie langweilig es dort ohne Meginfried und dich werden würde«, erklärte mein Onkel, als ich ihn fragte, warum er wiedergekommen sei. »Außerdem fand ich, ich sei vielleicht doch noch nicht alt genug, um nur noch mit den Kindern meines Bruders zu spielen. Also wendete ich mein Pferd und ritt zu Meginfried, um ihn zu fragen, ob er sich mir anschließen wolle. Ohne ein Wort ergriff dieser sein Schwert und kam mit mir. Wie mir scheint, erreichten wir Mainz gerade noch zur rechten Zeit.«
    »Schschscheint mir auch«, bemerkte Meginfried mit schwerer Zunge. Bald war nur noch sein Schnarchen zu hören.
    Später hörte ich, über mich seien die unglaublichsten Geschichten in Umlauf. Die Leute erzählten sich, ich hätte ganz allein gegen fünfzig Mainzer gekämpft und sie kraft meiner Zaubersprüche in Schach gehalten. Dann seien mir zwei mächtige Höllengeister zu Hilfe geeilt und wie der Leibhaftige selbst über meine Angreifer hergefallen hätten gar viele von ihnen gemordet. Ich hätte sodann jene, die den Ausfall aus dem Martinsdom wagten, mit einem

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