Waldos Lied (German Edition)
glücklich waren. Kuno von Genf und Adelheid von Rheinfelden, die Tochter Rudolfs. Ladislaus von Ungarn forderte seine Braut ein. Rudolf dachte gar nicht daran, Papst Gregor wegen eines Dispenses zu behelligen, mit dem beide doch hätten heiraten können. Es stand für ihn Wichtigeres auf dem Spiel als eine kindische Liebe.
»Adelheid wird ihren Gemahl lieben lernen, wenn sie ihn kennt«, urteilte auch die Königin, der die Verzweiflung ihrer Tochter dennoch sehr zu Herzen ging. Rudolf blieb hart. Die Verbindung mit dem ungarischen Thron war zu wichtig und die Zusage bereits gegeben. Es gab kein Zurück. Adelheit litt und war nur noch ein Schatten ihrer selbst, doch sie war zum Gehorsam erzogen. So fügte sie sich schließlich dem Willen ihres Vaters.
Auch Kuno von Genf veränderte sich. Aus dem hochfahrenden jungen Schnösel wurde ein ernster, zurückhaltender Mann. Sie durften einander nicht mehr sehen, und Königin Adelheid achtete streng darauf, dass ihre Tochter immer in Begleitung war. Der Eskorte ihres künftigen Gemahls, die sie von Sachsen nach Ungarn geleiten würde, sollte nichts Nachteiliges über die künftige Königin von Ungarn zu Ohren kommen. Meine Aufgabe in dieser Zeit war, so schien es, sie zu trösten.
Die Abgesandten des Königs von Ungarn kamen Ende Juni zum Fest der Apostelfürsten nach Merseburg, das König Rudolf dort mit vielen sächsischen Fürsten zusammen in großer Andacht beging. Ladislaus, der Bräutigam, hatte einige seiner edelsten Fürsten geschickt, um seine Braut zu ihm zu führen. Man konnte sehen, wie beeindruckt sie von der Pracht waren, mit der Rudolf hofhielt, davon, wie gerecht seine Urteile bei Streitigkeiten ausfielen, wie gottesfürchtig er lebte. Sie würden dem ungarischen Königshof berichten, dass die künftige Gemahlin von Ladislaus einem ebenso würdevollen wie mächtigen und reichen Hause entstammte. Königin Adelheid tat alles, um ihren Gemahl darin zu unterstützen. Sie wusste, wie wichtig solche Eindrücke für die Einführung und die Zukunft ihrer Tochter sein konnten.
Gleichzeitig wurden die ungarischen Abgesandten Zeugen eines anderen Festes: der Verlobung von Rudolfs zweiter Tochter Agnes mit dem Sohn seines alten Freundes und Kampfgefährten, Berthold von Zähringen. Die Hochzeit sollte aber wegen der noch kindlichen Braut erst zwei Jahre später stattfinden. Im Gegensatz zu ihrer großen Schwester war die kleine Agnes sehr stolz darauf, einen Bräutigam zu haben. Zwar hielt sie züchtig die Lider gesenkt, als sie ihrem künftigen Ehemann zum ersten Mal begegnete, doch ich sah, wie sie den jungen Berthold von Zähringen aus den Augenwinkeln genau musterte, wenn sie sich unbeobachtet fühlte. Der hochaufgeschossene Jüngling, der einmal ein ganzes Stück größer sein würde als sein rundlicher Vater, schien ihr nicht zu missfallen. Es würde ihm eines Tages ein großer Teil des Erbes der Zähringer zufallen, nachdem sich sein älterer Bruder Hermann schon vier Jahre zuvor in das Kloster Cluny zurückgezogen hatte und dort gestorben war. Der andere Teil des Zähringerbesitzes war für Hermanns Nachkommen bestimmt.
Tagelang hatten die Unterhändler Rudolfs und des Zähringers über die Mitgift verhandelt, die Rudolf seiner zweiten Tochter mit in die Ehe geben würde. Denn wenn es um Geschäfte ging, kannte Berthold von Zähringen keine Freundschaft. So brachte Agnes nicht nur große Besitzungen um das Schloss Burgdorf mit in die Ehe, sondern auch so manches Stück Land am Rhein. Der junge Berthold von Zähringen bekam eine königlich ausgestattete Frau. Nur kurze Zeit später half ihm die Aussicht auf diesen Reichtum beim Bau der prächtigen Burg oberhalb des Dorfes Zähringen.
Agnes saß still dabei, als die Urkunden, die über ihr zukünftiges Leben entschieden, feierlich unterzeichnet wurden. Aus diesem Anlass gab es wieder einmal ein großes Fest. Ganz Merseburg war auf den Beinen, um die Abreise und die baldige Hochzeit der einen Königstochter und die Verlobung der anderen mitzuerleben. Rudolf lud alle Fürsten dazu ein und alle Bewohner der Stadt, die diese Gelegenheit voll Freude nutzten, um dem harten Alltag zu entrinnen. Es gab Kampfspiele, Gaukler zeigten ihre Künste. Ein tanzender Bär, der durch einen Ring in seiner Nase geführt wurde, erregte großes Staunen. Händler und Bauern nutzten die gute Laune der Leute, um ihre Waren feilzubieten. Überall sah man an diesem Tag fröhliche Gesichter. Und natürlich nutzte jeder die Gelegenheit,
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