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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Schutzzauber belegt, durch den sie unverwundbar wurden. Nur deswegen sei es möglich gewesen, dass so wenige Männer König Rudolf vor dem sicheren Tod hätten retten können.
    Der König selbst berichtete mir von diesen wilden Gerüchten. »Es waren sogar schon einige meiner Getreuen bei mir, die mich fragten, ob sie dich auch einmal um einen solchen Zauber bitten dürften. Nun, es kann nicht schaden, wenn meine Feinde glauben, du habest mich unverwundbar gemacht«, fügte er danach lachend hinzu.
    »So bist du also auch noch ein berühmter und mächtiger Zauberer, mein lieber Neffe«, säuselte Beringo spöttisch, als ich ihm später davon erzählte.
    »Und du und Meginfried, ihr seid demnach üble Ausgeburten der Hölle«, knurrte ich zurück. Mir missfiel dieses dumme Geschwätz zutiefst, auch wenn sich die Ursache leicht erklären ließ. Es mussten nämlich einige Mainzer gegenüber ihren Mitbürgern einen guten Grund dafür angeben, warum sie trotz ihrer großen Übermacht von drei Männern in die Flucht geschlagen worden waren. Wahrscheinlich hatte außerdem einer der Männer Rudolfs, der mich noch aus der ersten Zeit beim Herzog von Schwaben kannte, herumerzählt, ich sei ein Wahrsager und Zauberer. So holten mich die Folgen meiner jugendlichen Dummheit wieder ein.
    Einige Monate danach überzog der Krieg das Land. Bruder kämpfte gegen Bruder. Der Freund mordete den Freund. Genau, wie Rudolf es befürchtet hatte.

 
     
    Sie sandten Reiter mit scharfen Dolchen
    durch ihr ganzes Vaterland, das ganze Volk aufzurufen
    zum Krieg, um sich und seine Habe zu schützen.
     
    Carmen de bello Saxonico
     
     
    N och vor dem Kampf der Schwerter, der bald stattfinden sollte, begann der Krieg der Worte und der Drohgebärden Die beiden Könige Heinrich und Rudolf umkreisten einander wie zwei Wölfe, die es auf dasselbe Weibchen abgesehen hatten. Jeder suchte die ungeschützte Flanke des anderen. Sie knurrten böse, machten Scheinangriffe, um die Kraft des Gegners zu prüfen, zogen sich wieder zurück, warfen sich erneut in Pose. Doch in diesen wilden Tanz mischte sich noch ein dritter ein. Hildebrand, Papst Gregor VII., der kleine Mann und große Reformer auf dem Apostolischen Stuhl. Er schwang die Knute über beiden und zwang dem Kampf der Könige damit seinen eigenen Takt auf. Der Papst dachte überhaupt nicht daran, sich auf einen der beiden gekrönten Männer festzulegen. Einmal versicherte er dem einen, er werde ihn voll unterstützen — ohne ihn jedoch als den rechtmäßigen König des Reiches anzuerkennen —, dann wieder dem anderen. Alle, die den Frieden nicht hielten, bis untersucht worden sei, wer denn nun der legitime Regent des Reiches sei, bedrohte er mit seinem Bann. Ich glaube, das war es, was König Rudolf und die sächsischen Fürsten am meisten enttäuschte. Nach all den Versprechungen der päpstlichen Legaten hielt Gregor nun beide Seiten hin. Beiden versicherte er unermüdlich, wie sehr ihn der schreckliche Zustand des Reiches betrübe.
    Beide Könige kämpften mit allen Mitteln der Diplomatie — und der Bestechung. Sie baten Verwandte, Bekannte, Freunde, für sie bei Gregor vorzusprechen. Gesandte kamen und gingen, sofern sie nicht von der gegnerischen Seite abgefangen wurden. Und nach jeder Reise waren ihre Schatztruhen noch mehr gefüllt.
    Nach der Königsweihe begann Rudolf die Rundreise durch sein Königreich. Königin Adelheid begleitete ihn zusammen mit ihren Kindern. Der König hatte Mainz nach dem Aufstand schnell verlassen, er traute den Bürgern dieser Stadt trotz ihrer Treueschwüre nicht mehr. Ob zu Ostern in Augsburg, zu Pfingsten im Kloster St. Aurelius in Hirsau und danach in Sachsen, in Erfurt, überall strömten die großen und die kleinen Herren, die obersten Lehensträger des Reiches und diejenigen Vasallen zusammen, die selbst wieder Lehensleute hatten. Alle voller Hoffnung auf den neuen König, von dem sie glaubten, er könne ihnen endlich Frieden bringen. So huldigten ihm die meisten voller Freude und leisteten den Treueeid. Es gab aber auch jene, die Ausreden gebrauchten, um dem Hof fernzubleiben. Rudolf war ihnen deswegen nicht gram und ließ sie auch nicht verfolgen. Im Gegenteil. Er verpflichtete sich alle, die kamen, mit guten Worten und reichen Geschenken. Er baute darauf, dass die anderen, wenn sie das sahen, ihrem Beispiel folgen würden. Er genoss den Jubel und die Zuneigung der Menschen.
    Es gab in diesen ersten Wochen des Jahres 1078 allerdings zwei, die nicht

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