Waldos Lied (German Edition)
nun, dass ich ihm außer Adelheid noch eine zweite Tochter, Agnes, gebar. In seiner Enttäuschung darüber, dass ich nicht fähig bin, ihm noch einen weiteren Erben zu schenken, wandte er sich wieder anderen Frauen zu. Und eines Tages fiel sein Auge auf Reginlind. Nur ihr gesegneter Zustand hat verhindert, dass er sie zwingen konnte, zur Ehebrecherin zu werden.«
Adelheid zögerte, schaute wieder zu ihrer Begleiterin hinüber. Diese lächelte ihr aufmunternd zu. Die Herzogin seufzte tief. »So will ich also fortfahren. Nach der Geburt ihres Sohnes Otto wurde seine Lust nach meiner Freundin so stark und seine Eifersucht auf ihren Gemahl so übermächtig, dass er Graf Werner und mich des Ehebruches bezichtigte. Er hat mich als seine Gattin verstoßen und will sich von mir scheiden lassen. Auch mein Herr und Gemahl hat sich dafür einen mächtigen geistlichen Unterstützer gesucht, den Berater des Königs selbst, Anno von Köln. Um ihn sich gewogen zu machen, setzte er sich bei unserem Schwager, König Heinrich, sogar für eine Schenkung an Annos neugegründetes Kloster Siegburg ein. Zwar gab es zwischen dem König und meinem Gemahl in der letzten Zeit immer wieder Zwist. Doch Heinrich, der sich meinem Herrn durch seine Trennungsabsichten verbunden fühlt, gab seinem Wunsch statt. So haben sich beide einflussreiche Fürsprecher beim Papst gesichert, und ich zweifle nicht daran, dass der König und mein Gemahl ihren Willen bekommen werden. Du weißt, was das bedeutet.«
Mir stockte der Atem. Niemals hätte ich vermutet, dass Rudolf so weit gehen würde. Denn das war nichts weniger als Mord. Sollte Adelheid des Ehebruchs für schuldig befunden werden, bedeutete das nach den Gesetzen ihren Tod.
Mich hielt es nicht mehr länger. »Auch wenn der Himmel über mir zusammenstürzt, niemals werde ich glauben, dass Ihr Eure Pflichten als Ehefrau vergessen habt«, schrie ich hinaus und ballte meine Fäuste.
Doch die Würde und die Ruhe, die beide Frauen ausstrahlten, ließen mich beschämt innehalten.
»Ich danke dir für deine Worte«, erwiderte Adelheid sanft. »Lass mich nun den Rest der Geschichte erzählen. Mit Gewalt versuchte mein Gemahl Reginlind nach der Geburt ihres Kindes zu besitzen. Doch ich hatte sie mit in meine Kammer genommen, um sie vor ihm zu schützen. Daraufhin ließ er Graf Werner, der von alledem nichts ahnte, noch in derselben Nacht unter dem Vorwurf des Ehebruchs gefangennehmen.
Allerdings steht außer Reginlind noch eine andere, alte Sache zwischen den Familien Du weißt es vielleicht nicht, Waldo, aber Werner und der Vater meines Gemahls haben dieselbe Großmutter, Luitgard. In erster Ehe war sie einem gewissen Landolf angetraut und gebar Werners Vater Rad-bot. Ihr zweiter Gemahl war Pfalzgraf Kuno von Burgund. Er machte sie zur Mutter des Kuno von Öhningen, der der Vater meines Gemahls ist. Nun gerieten Radbot und Rudolf früher einmal in Streit um ein Erbteil, um Besitz, der zum Kloster Muri gehört. Rudolf forderte seinen Teil ein, bekam ihn aber nicht.
Und jetzt wartet also Radbots Sohn Werner von Habsburg im Verlies der Burg darauf, der Wasserprobe unterworfen zu werden, bei der er seine Unschuld beweisen soll. Reginlind floh in der folgenden Nacht mit mir von der Burg Einige meiner Frauen halfen mir, von der Insel ans andere Ufer zu kommen. Und so ritten wir unerkannt nach St. Blasien. Ich wusste in meiner Verzweiflung keinen anderen Ort als diesen und keinen anderen Freund als dich.«
»Wo ist Rudolf? Wo ist der Herzog? Verfolgt er Euch?«
Adelheid schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht. Er ist zu Papst Alexander nach Rom gereist, um ihm sein Begehren vorzutragen und ihn um sein Urteil in meinem Fall zu bitten. Es drängt meinen Herrn nach der Scheidung. Und auch, eine Niederlage wieder wettzumachen. Wenn der Papst der Scheidung zustimmt, wird er sich Reginlind holen. Deshalb nahm ich die beiden Mädchen und floh mit Reginlind und ihrem Sohn, solange es noch Zeit war. Mein Herr achtet seine Töchter gering und wird froh sein, sie los zu sein. Unseren Sohn Berthold ließ ich schweren Herzens in der Burg zurück, denn er ist der Erbe des Hauses Rheinfelden. «
Der Gefährtin Adelheids liefen die Tränen über die Wangen. Sie warf sich mit ihrem Sohn in den Armen zu meinen Füßen auf den Boden. »Helft uns, Bruder. Bei allem, was Euch heilig ist und um der Liebe der Jungfrau Maria willen. Helft uns und rettet meinen Gemahl. Denn die Wasserprobe bedeutet für ihn den sicheren Tod. Was
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