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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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soll dann aus mir und meinem Kind werden? «
    »Es geziemt einer Edelfrau nicht, sich vor einem einfachen Mönch zu erniedrigen, mag ihre Lage auch noch so schlimm sein.« Unbemerkt von uns war Abt Giselbertus in den Raum getreten. Nun half er der schluchzenden Reginlind hoch.
    Ich war ihm in meiner Verwirrung zutiefst dankbar. »Ihr habt alles gehört? «
    Giselbertus nickte. Seine Augen waren voller Mitgefühl. Und niemals werde ich vergessen, was er dann sagte. »Es ist nicht an uns, sondern am Herrn, zu richten. Doch wenn es in der Macht des Klosters St. Blasien steht, dann wird der Allmächtige diese Gelegenheit bekommen, bevor Schlimmeres geschieht. Sorgt Euch nicht, meine Töchter. Eine Nonne aus dem Frauenkonvent der Abtei St. Blasien ist bereits auf dem Weg, um Euch und die Kinder abzuholen. Es wurde schon eine Zelle für Euch vorbereitet. Dort könnt Ihr Euch erst einmal von den Strapazen der Reise erholen. Unser Bruder Waldo und ich werden unterdessen beraten, was zu tun ist.«
    Adelheid von Rheinfelden wollte etwas erwidern, besann sich dann aber eines anderen.
    »Seid ohne Furcht, Herrin, hier seid Ihr sicher«, beruhigte ich sie und blickte bei diesen Worten Abt Giselbertus fest in die Augen. Dieser lächelte leicht und nickte. »So sei es.«
    Nachdem die beiden Frauen gegangen waren, kniete ich mich vor ihn hin. »Ich danke Euch, Vater Abt, für Eure Güte.«
    Giselbertus runzelte die Stirn, schlug das Zeichen des Kreuzes über mir und zog mich hoch. »Heute scheint der Tag der Kniefälle zu sein. Doch ich bin nicht der, vor dem du deine Knie beugen solltest, Bruder, sondern vor dem Allmächtigen. Lass uns in die Kirche gehen und seinen Rat erflehen, damit allen Beteiligten seine Gnade zuteil wird. Und damit meine ich auch Rudolf von Rheinfelden, den Herzog von Schwaben«, fügte er etwas schärfer hinzu. »Mir scheint allerdings, als habe er mit seiner Reise zum Papst den richtigen Weg eingeschlagen. Wenn einer die Fäden entwirren kann, in die diese Menschen so unglücklich verstrickt sind, dann ist es Alexander II.«
    »Doch bis er gesprochen hat, sollten wir das Unsere dazu beitragen, dass den Frauen und den Kindern kein Leid geschieht«, antwortete ich entschlossen.
    »Ich glaube fast, du machst nicht so sehr die gerechte Sache Gottes, sondern die eines Weibes zu deiner eigenen, Bruder«, sagte er mit sanfter Stimme. Doch seine Rüge war unüberhörbar. Ich senkte den Kopf und folgte ihm in die Kirche.
    Als die Sonne ihre letzten Strahlen in den Chorraum schickte und der Tag sich langsam dem Ende zuneigte, erhob sich Abt Giselbertus von seinen Knien. Keiner von uns beiden hatte in den letzten beiden Stunden gesprochen. Ich hatte Gott mein ganzes Herz zu Füßen gelegt und einen Schwur getan: Wenn er Adelheid von Rheinfelden rettete und der Herzog sie wieder in Ehren aufnahm, würde ich niemals wieder das Lager mit einem Weib teilen. Ich schwor dies, wohl wissend, welcher Lust ich damit entsagte. Doch für sie hätte ich noch viel mehr aufgegeben.
    Nach dem Nachtgebet bestellte mich Abt Giselbertus in seine Zelle. Sie wurde nur durch den Schein des Halbmondes am klaren Nachthimmel erhellt und war ebenso einfach gehalten wie die der anderen Brüder. Er lehnte jeden Tand und jede Bequemlichkeit für sich ab. Als ich eintrat, bedeutete er mir mit einer Geste zu schweigen. »Lass uns zunächst beten, Bruder, damit der Allmächtige uns die Weisheit schenkt, in dieser Sache das Rechte zu tun und in seinem Sinn zu handeln.«
    Ich gehorchte. Giselbertus, der Abt von St. Blasien, hatte in den Stunden des Gebetes in der Klosterkirche seine Ruhe und seine Autorität zurückgewonnen, auch wenn ihn das Schicksal des Hauses Rheinfelden sehr beschäftigen musste. Schließlich war die Zukunft des Klosters aufs engste mit diesem Geschlecht und mit dem Wohlwollen des Herzogs verknüpft. Mir war klar, dass wir in dieser Nacht über mehr zu sprechen hatten als über das Los zweier Frauen und des Grafen Werner. So senkte ich also den Kopf, beugte meine Knie und betete erneut mit der ganzen Inbrunst meines Herzens.
    Nach einer Weile erhob sich Giselbertus. Seine hagere, große Gestalt wirkte vor dem Licht des Mondes fast wie der Schatten des Todes. Ich konnte sein Gesicht nur undeutlich erkennen. Doch ich war zutiefst von seiner Lauterkeit überzeugt und baute auf sie. Und diese Lauterkeit sollte Adelheid von Rheinfelden vor einem schmachvollen Tod beschützen.
    Doch Giselbertus sprach nicht gleich. Ich wartete.
    »Ich

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