Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
Kleidern den Panzer geborgen; und der Hunding hielt ihn für Hamal, Hagals Sohn." Als Hunding das hörte, sandte er Krieger zu Hagal, um Helgi zu fangen. Ihnen zu entgehen, musste Helgi Magdskleider anziehen und am Mühlstein Korn zerreiben. Da sprach ein Krieger: "Wie blitzen der Magd die Augen! Die ist nicht gemeinen Mannes Kind; die Steine bersten, der Mühlbeutel zerreisst; – geziemender, dünkt mich, wäre dieser Hand ein Schwertgriff statt der Mühlstange." "Das ist kein Wunder, dass der Mühlstein dröhnt," antwortete Hagal, "da eine Königsmaid die Walze treibt. Sie war eine Walküre, ehe Helgi sie fing; darum hat sie die zornigen Feueraugen."
So entkam Helgi und zog mit Sinfiötli an der Spitze einer Kriegsschar gegen Hunding. Die Wölsungen obsiegten, mit eigner Hand fällte Helgi Hunding, und mit ihm fiel ein grosser Teil von dessen Gefolge. Seitdem hiess der junge Fürst; Helgi Hundingstöter. Hundings Söhne heischten Wergeld für den Erschlagenen und Busse für die Wegnahme vielen Gutes. Helgi aber sandte ihnen die Antwort: "Ein gewaltiges Wetter grauer Gere und Odins Gram (Zorn) sollt ihr haben". Darauf rüsteten die Könige neue Heerscharen und zogen gegeneinander, in den Logabergen trafen sie auf der Walstatt zusammen. Helgi drang vor bis zum Banner der Hundingssöhne und erschlug, so viel ihrer da waren. Kampfmüde ruhte er nach der Schlacht; Abend war’s, er sass am Wald auf einem Stein. Da brach Lichtglanz am Himmel hervor, und aus dem Glanz schossen Wetterstrahlen, und aus den Wolken nieder ritten Walküren in Helmen und Brünnen, blutbespritzt, und Flammen standen auf den Spitzen ihrer Speere. In frohem Übermut rief der König sie an, ob sie mit ihm und seiner Schar die Nacht heimfahren wollten zum Schmaus? Zorniges Speerrasseln scholl durch die Luft, und vom Ross herunter rief die erste ihm Antwort: "Ein ander Geschäft, als Met trinken, hat Sigrun, Högnis Tochter, mit König Helgi."
Sie ging zu ihm, ergriff seine Hand, grüsste und küsste ihn; da wuchs ihm Liebe zu dem Weibe unter dem Helm. "Mein Vater," erzählte sie, "hat mich Hödbrod, Granmars Sohn, verheissen. Ich schalt ihn ‘Katzensohn und schwur, dass ich ihn nicht mehr lieben würde als eine junge Krähe. Denn einen andern Helden will ich zum Mann. In wenig Nächten aber kommt Hödbrod zur Vermählung, wenn du ihn nicht zuvor zur Walstatt entbietest oder Högnis Tochter entführst." Helgi antwortete: "Fürchte nicht deines Vaters Zorn und nicht Hödbrods Gewalt; du sollst, junge Maid, mit mir leben." Darauf schieden sie. Helgi sandte nun Boten aus, die warben für vieles Geld starke Scharen. In Brandeiland, am Meeresstrand, erwartete sie der König. Sie kamen über die Wellen zu vielen Hunderten. Die goldgeschmückten Schiffe lagen dichtgedrängt in der Warinsbucht.
Helgi fragte seinen Steuermann, wie viele ihrer gekommen seien?
"Nur schwer konnt’ ich die Schiffe vom Strand aus überblicken, zwölfhundert Männer hab’ ich gezählt; – doch sind wohl noch halbmal mehr." Bei Tagesanbruch wurden die Schilde von den Schiffborden weggenommen und die Segel aufgezogen. Da hub sich ungestümer Lärm. Sie schlugen Schwerter und Schilde aneinander, und mit rauschenden Segeln und Ruderschlägen fuhr die Flotte aus der Bucht nach Frekastein in Hödbrods Land. Inmitten segelte Helgis Schiff. Auf offenem Meer traf sie ein gewaltiges Unwetter; Blitze fuhren über sie hin und schlugen ein. Die Wogen umdrängten die Drachenborde, als ob Berge zusammenstiessen. Helgi befahl, das Hochsegel noch höher aufzuziehen; aber gegen die Wellen war kein Schutz mehr; denn Ran, die Hafffrau, legte ihre Hand auf Helgis Schiff, um es hinabzuziehen. Da ritten neun Walküren oben in der Luft, Helgi erkannte Sigrun; unerschrocken riss die Walküre der Hafffrau das Schiff aus der Hand. Das war bei Gnipawald; abends legte sich der Sturm und sie kamen glücklich ans Land.
Hödbrods Brüder standen auf einem Hügel und sahen die Schiffe heranfahren; eilig sprang einer, Gudmund mit Namen, auf seinen Hengst, ritt hinunter ans Meer und rief mit lauter Stimme: "Wer ist der König, der über das Meer gebietet und solch feindliche Scharen ans Land führt?" Sinfiötli schwang seinen roten Schild mit goldenem Rand an der Segelstange hinauf und gab ihm Bescheid.
"Erzähl’s heut Abend, wenn du Schweine und Hündinnen zum Futter lockst, dass Wölsunge kampfbegierig nach Gnipawald gekommen seien. Hier wird Hödbrod Helgi finden, der zum Kampfe eilt, dieweil du
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