Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
Bruderbusse. Aber Hreidmar gönnte uns nichts. Da tötete Fafnir den Vater, als der schlief, und nahm das Gold. Nun forderte ich mein Vatererbe. Aber er gebot mir, mich fortzumachen, sonst ergehe es mir wie Hreidmar. Fafnir nahm des Vaters Helm, Ögir (‘Schreckenshelm), und sein Schwert, Hrotti, und fuhr auf die Gnitaheide. Dort grub er sich eine Höhle, verwandelte sich in Wurmesgestalt, und legte sich auf das Gold. Ich ging zu Helferich und trat in des Königs Dienst. Meine Geschichte aber bedeutet, dass ich des Vatererbes und der Bruderbusse darbe."
"Schmiede mir ein gutes Schwert," sprach Sigurd, "wenn du willst, dass ich den Drachen erschlage."
Zweimal schmiedete Regin ein Schwert; die zersprangen beim ersten Hiebe Sigurds. Da ging dieser zu seiner Mutter und bat sie um die Schwertstücke, die sein Vater ihr sterbend übergeben hatte; die brachte er dem Zwerg, und der schmiedete daraus das Schwert Gram; damit zerschlug Sigurd Regins Amboss auf einen Schlag und zerschnitt mit der Schneide eine Wollflocke, die auf dem Wasser floss.
"Nun wirst du dein Wort erfüllen und Fafnir erschlagen!" drängte Regin. "Ich werd’ es erfüllen; – aber zuvor noch etwas andres," antwortete Sigurd: "Laut lachen würden Hundings Söhne, wenn mich, einen Königssohn, mehr verlangte nach roten Ringen als nach Vaterrache."
Er forderte von König Helferich ein Heer, um Vaterrache zu nehmen.
2. Sigurds Vaterrache.
Der König liess ihm ein grosses Heer rüsten; Schiffe und alles Heergerät wurden auf das sorgfältigste bereitet, auf dass seine Fahrt ehrenvoller werde als je eine zuvor. Sigurd steuerte selbst den Drachen, das schönste seiner Schiffe; die Segel waren mit Fleiss gearbeitet und herrlich anzusehen. Sie fuhren ab mit gutem Winde, südwärts dem Land entlang über die See. Regin war auch bei der Fahrt, nützlich durch seinen Rat. Nach einigen Tagen kam ein gewaltiges Wetter mit Sturm; die See war, als ob man in geronnenes Blut schaute. Die Segel zerrissen; doch Sigurd befahl, sie noch höher zu setzen; und als sie an einem Vorgebirge vorbeikamen, stand ein alter Mann auf dem Riff und rief sie an: "Wer reitet dort über Wogen und wallendes Meer?"
"Sigurd, Sigmunds Sohn!" antwortete Regin, "wir fanden Fahrwind, in den Tod zu fahren! Wer fragt danach?"
"Hnikar [Fußnote: Hnikar, Beiname Odins, als wellenbesänftigenden Gottes; Feng und Fiöllnir als Gewinn schaffenden Gottes.] hiess ich, als ich Hugin erfreute, auf der Walstatt, junger Wölsung. Du nenne mich den Alten vom Berge, Feng oder Fiöllnir; Fahrt will ich euch schaffen; nimm mich auf in dein Schiff." Sie fuhren ans Land, der Mann stieg in Sigurds Schiff und beschwichtigte das Wetter.
"Sage mir, Alter," sprach Sigurd, "da du so weise bist, was ist ein gutes Vorzeichen, wenn man in den Kampf gehen will?"
"Viele sind gut! Zuverlässig ist, wenn ein Rabe dich geleitet; oder du siehst zwei ruhmbegierige Männer beisammen stehen. Hörst du den Wolf unter Eschenzweigen heulen, so ist dein Angang ein guter. Siegen wirst du, siehst du den Wolf vorwärts rennen. Kämpfe nicht bei sinkender Sonne. Fürchte Gefahr, so dein Fuss strauchelt, wann du in die Schlacht gehst; Trugdisen wollen dann dich verwunden. Bereit sei am Morgen; – denn ungewiss ist es, wo der Abend dich findet."
Sie fuhren, bis sie im Gebiet der Hundinge ans Land kamen. Die Hundinge hatten sich nach Sigmunds Fall dessen Reich angemasst. Sigurd fuhr nun mit Feuer und Schwert durchs Land, dass alles Volk entsetzt von dannen floh zu König Lyngi. "Sigurd, Sigmunds Sohn, fährt mordend und brennend einher, mit unabsehbaren Scharen. Flieht vor dem Wölsung."
Aber Lyngi floh nicht; er zog ein gewaltiges Heer zusammen und stellte sich vereint mit seinen Brüdern Sigurd entgegen, dass es zur Schlacht kam.
Da erhob sich wildes Kampfgetöse. Speere und Pfeile schwirrten in der Luft, Streitäxte wurden geschwungen, Schilde zerhauen, Brünnen barsten und Helme zersprangen, Schädel wurden gespalten und Männer stürzten zur Erde. Sigurd durchbrach der Hundinge Schlachthaufen. Mit seinem Schwerte Gram zerschnitt er Männer und Rosse; er hatte die Arme bis zur Achsel blutig, und alles Volk floh, wo er hinkam.
Und als er und Lyngi zusammenstiessen, tauschten sie grimme Hiebe, so dass die Schlacht eine Zeitlang stand; denn alle schauten ihrem Zweikampf zu; da spaltete Sigurd ihm Helm und Haupt und den gepanzerten Leib bis zum Wehrgurt auf einen Hieb. Darauf wandte er sich gegen Lyngis Brüder und alle fielen vor
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