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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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unter allen Umwohnenden wagte, mir mit einem Heer zu nahen und mich mit Kriegsschrecken zu bedrängen. In meinem Erbland erwartete ich der Zeit Geschick, hielt das Meine, suchte nicht Streit, schwur nicht Meineide; und der Waltende kann mir nicht meiner Blutsfreunde Mord vorwerfen, wenn sich nun Leben und Leib scheiden. Lauf hurtig unter den hohlen Stein, und suche den Hort, lieber Wiglaf, da der Wurm ja erschlagen liegt. Aber eile sich, dass ich die Schätze noch schaue und leichter dann das Leben lasse und Land und Leute."
    Schnell, aufs Wort, gehorchte Wiglaf; da fand er im Berge die Höhle voller Kleinodien; gleissend lag das Gold am Grunde, er sah an der Wand manch Wunder, sah des Wurmes Bett, und uralte Krüge standen da, bestaubt, schon mancher Zier beraubt. Da lagen Helme, alt und rostig, zusammengeschnürte Armringe, und über dem Hort hing ein gülden Banner, mit Siegrunen durchwirkt; von ihm ging ein Lichtstrahl aus, dass Wiglaf den ganzen Erdbau übersehen konnte. Vom Wurm war keine Spur mehr. Da nahm er von dem Riesenhort Becher und Schalen, das Banner und ein erzgeschuhtes Schwert und trug alles eilends zurück zu Beowulf; er fand ihn traurig, dem Tode nah; er wusch ihm aufs neue die Wunde und labte ihn mit Wasser, bis er wieder sprechen konnte. Sorgenvoll schaute der greise Hel auf die Schätze: "Dank sei dem Waltenden für diesen Hort und dass es mir noch vergönnt war, meinem Volke den Schatz zu erwerben. Ich habe mit meinem Leben das Gold bezahlt; mindert ihr nun damit der Leute Not. Ich darf nicht länger hier weilen; einen Hügel wölbt mir auf Hronesnäss, nah der See, dass die Seefahrer, wann sie die Drachen über die Flut steuern, ihn schauend, ‘Beowulfs Burg ihn grüssen."
    Er nahm den Halsring – Wealchtheows Gabe – vom Nacken und gab ihn dem jungen Wiglaf, dazu seinen goldgeschmückten Helm und seine Brünne: "Gebrauche sie wohl! Du bist der Endspross unsres Geschlechtes; – Wurd entführte mir alle Freunde zu der Seligen Saal; – ich folge ihnen."
    Das war sein letztes Wort, tot lehnte er an der Bergwand.
    Jammer befing den jungen Wiglaf, als er den geliebten König sterben sah. Es währte nicht lange, da kehrten die zehn verzagten, treubrüchigen Gesellen, die ihrem Herrn in der Not nicht hatten beistehen wollen, aus dem Walde zurück. Beschämt näherten sie sich dem toten Fürsten und schauten auf Wiglaf, der an des Toten Schultern sass und ihn immer wieder mit Wasser benetzte, vergebens bemüht, das entflohene Leben zu wecken. Verächtlich sah er die Feigherzigen an und sprach: "Fürwahr, dieser milde König, der euch so viel Gaben reichte, euch die Waffen schenkte, in denen ihr hier vor ihm steht – nutzlos hat er all sein Gut an euch vergeudet! – Ich allein konnte ihm nur wenig das Leben schirmen in diesem Kampf; getreulich half ich, aber zu wenig Helfer umstanden den König, als er die Todeswunde empfing. Nun solle es euch an Gold und Waffen gebrechen; – euch und all euren Gesippen! Friedlos, Landrechtes verlustig sollt ihr wandern, erfahren erst rings im Reiche die Leute von eurer Flucht. Der Tod wäre euch besser als solche Schmach." Darauf sandte er die Trauerkunde in die Huben, wo die Männer zusammengeschart sassen, des Tages Ende und Beowulfs Rückkehr erwartend.
    "Tot liegt der Geaten Fürst," rief der Bote, unter sie tretend, "vom Biss des Wurmes; ihm zur Seite, hingestreckt von des Königs Messer, der Feuerdrache. Wiglaf sitzt über Beowulf und hält die Totenwache über Freund und Feind. Schwere Zeiten erwarten uns nun; der Franken und Friesen Milde haben wir nicht zu gewärtigen! Und der Schweden Treue bricht, – sorg’ ich, – sobald sie erfahren, dass Beowulf das Leben liess. Auf, eilen wir, den König auf den Scheiterhaufen zu tragen. Keines Mannes Gut braucht mit zu schmelzen; unermessliches Gold birgt der Hort; das haben wir erkauft – mit des guten Königs Leben! Dies Gold soll der Totenbrand verzehren; kein Mann trage die Ringe, kein Mädchen schmücke den Hals damit."
    Alles Heervolk erhob sich und eilte weinend an den Berg; da sahen sie ihren König tot auf dem Sand liegen – ihm gegenüber den leidigen Wurm, von der eignen Glut verschwelt; fünfzig Fuss mass er an Länge und neben ihm standen und lagen, rost-zerfressen, Krüge, Schalen, Becher, Schwerte des tausendjährigen Hortes.
    Da sprach Wiglaf: "Schauet den Schatz! Eine mächtige Beute trug ich heraus, sie dem König zu zeigen, solange er noch lebte; euch zu grüssen befahl er noch. Auf,

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