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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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Auserlesenen schenkte sie reiche Gewand- und Wehrstücke. Die Kiele lagen bereit, die Herzoge drängten zur Abfahrt; doch nicht bevor das ganze Heer reichlich mit allem Nötigen ausgerüstet war, entsandte es die Königin. Viele goldne Ringe bot sie Wate und seinem Ingesinde; zu den Dänen sprach sie: "Ich lohne euch jeden Streich, den ihr im Sturme schlagt! Folgt meinem Bannerträger; der ist Horand, Hettels Schwesterkind, weichet nicht von ihm." Da zogen manche Waisen in dem Heer, die ihre auf dem Wülpensand erschlagenen Väter zu rächen gedachten.
    Auf der Fahrt sah Wate bewaldetes Gebirg aus dem Meer auftauchen; da liess er die Schiffe dorthin lenken und vor Anker gehn. Die Recken stiegen an das wilde, einsame Ufer und lagerten sich im Walde. Irold stieg auf einen hohen Baum und hielt Landschau. "Freut euch, Gesellen," rief er, "ich sehe sieben hohe Hallen und inmitten ein stolzes Königshaus; wir stehen auf Normannenerde."
    Da befahl Wate: "Nun tragt Schilde, Waffen und all euer Heerzeug aus den Schiffen heraus; lasst von den Knechten die Riemen an Helmen und Halsbergen knüpfen und macht die Rosse munter."
    Am Ufer sprengten bald die Mähren hin und her; viele der Hengste waren von der Seefahrt steif und träge in den Gliedern, die wurden mit kühlem Wasser gelabt.
    Ortwein und Herwig wollten als Späher vorausziehen und erforschen, ob die Frauen noch am Leben wären. Bevor sie gingen, beschieden sie ihre Leute vor sich: "Ihr guten Mannen," sprachen die Fürsten, "werden wir gefangen oder erschlagen, so rächet uns an den Normannen und haltet fest an den Eiden, die ihr uns geschworen habt."
    Da gelobten die Tapfersten in die Hand ihrer Fürsten, dass sie die Heimat nicht eher wiederschauen wollten, bis dass sie die geraubten Frauen befreit hätten.
6. Kudrun am Seestrande.
    Einmal nach der Wintersonnenwende, als die Tage sich wieder längten, standen Kudrun und Hildburg am Meeresstrand und wuschen, wie sie es täglich mussten.
    Es war um eine Mittagszeit; da kam ein wilder Schwan über die Flut geschwommen. "Weh dir, schöner Vogel," sprach Kudrun, "du erbarmst mich, dass du im Meere treibst, von den kalten Wellen geschlagen." Da antwortete der Schwan: "Du magst dich Glückes versehn, elende Maid; grosse Freude wird dir werden. Willst du, so frage mich nach deinen Gesippen, ein Bote bin ich dir gesandt."
    "So sag’ mir, ist Frau Hilde, der armen Kudrun Mutter, noch am Leben?"
    "Hilde, deine Mutter, hab’ ich gesund gesehen, da sie ein Heer für dich warb."
    "Lebt Ortwein noch, mein Bruder? Und lebt Herwig, mein Verlobter? Das wüsst’ ich gern."
    "Ortwein und Herwig sind beide heil; ich sah sie heute auf den Meereswellen fahren, die beiden Gesellen zogen an einem Ruder."
    "Sage mir noch; hast du das vernommen, ob auch Horand von Dänemark mit seinen Helden kommt?"
    "Dir kommt aus Dänenland Horand mit all seinen Mannen. Hildens Heerbanner trägt er in Händen, wann die Hegelinge vor Hartmuts Burg stehn."
    "Und kannst du mir sagen, dass noch Wate von Stürmen lebt, so will ich nimmer klagen. Wäre auch Frute bei unsern Fahnen, des freuten wir Frauen uns alle."
    "Dir kommt in dieses Land von Stürmen Wate; ich sah ihn in einem Schiffe, neben Frute ein starkes Steuer haltend. Bessern Freund findest du nicht im Urlog (Krieg)."
    Da rauschten des Schwanes Schwingen; er musste scheiden, die Frauen fragten nicht mehr. In ihre Freude drängte sich sorgende Frage, wo ihre Erretter weilten. Lässig wuschen sie die Gewande; von den Hegelingenhelden redeten sie und spähten harrend nach ihnen aus. So sank der Tag, und die Frauen mussten in die Normannenburg zurückkehren. Da wurden sie mit Scheltreden von der üblen Gerlind gestraft: "Was fiel euch ein, so nachlässig zu waschen? Die weissen Seidengewande müsst ihr schneller bleichen. Habt ihr nicht besser acht, so wird es euch noch zu Tränen gereichen."
    Hildburg antwortete: "Wir schaffen, was wir können. Eure Zucht, Frau, ist hart genug; uns Arme friert gar sehr. Wehten draussen warme Winde, wüschen wir wohl fleissiger."
    Zürnend sprach Gerlind: "Wie auch das Wetter wüte, ihr wascht früh und spät! Mit Tagesanbruch zieht ihr morgen hinaus. Die Festtage nahen; da kommen wohl Gäste; und schafft ihr meinem Gesinde nicht saubere Kleider, so erging’s noch keiner Wäscherin im Königshaus so schlimm, als euch geschehen wird."
    Die Jungfrauen gingen in ihr Gelass und legten die nassen Kleider von sich; zwei Hemde waren all ihr Gewand. Auf harten Bänken, ohne

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