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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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Kissen, hatten sie ihr Nachtlager.
    Wenig schliefen sie und konnten kaum erwarten, bis es Tag wurde. Im Morgengrauen trat Hildburg ans Fenster; da war ein Schnee gefallen, das schuf ihnen Sorge.
    "Gespiel," sprach Kudrun, "du sollst der üblen Gerlind sagen, dass sie uns erlaube, Schuhe zu tragen; sie muss ja selber einsehn, gehn wir heute barfuss, so müssen wir auf den Tod erfrieren." Sie gingen in des Königs Schlafsaal, wo Gerlind an ihres Gemahls Seite schlafend lag. Die Jungfrauen wagten nicht, die Gebieterin zu wecken, aber sie erwachte von Kudruns leiser Klage: "Was zögert ihr hier?" fragte sie. "Warum geht ihr nicht sogleich an eure Arbeit?"
    "Ich weiss nicht, wie wir gehen sollen," antwortete Kudrun. "Ein kräftiger Schnee ist über Nacht gefallen, und gibst du uns nicht Schuh an die Füsse, so müssen wir heut’ erfrieren."
    Grimmig sprach Gerlind: "Daraus wird nichts! Ihr geht barfuss, tu’s euch sanft oder weh; und wascht ihr nicht fleissig, geschieht euch noch weher. Was kümmert mich euer Tod!"
    Weinend gingen die Armen an den Strand und standen und wuschen Gewande. Oft blickten sie sehnlich hinaus auf die Flut nach Frau Hildens Heldenboten. Da sahen sie endlich in einem Kahn zwei Männer nahen.
    "Dort kommen zwei," sprach Hildburg, "die mögen dir Boten sein."
    "Traut Gespiel, Hildburg, nun rate; sollen wir forteilen oder von unsern Freunden uns hier finden lassen in unsrer Schmach? Lieber wollt’ ich für immer Dienerin heissen."
    Und sie wandten sich beide und liefen davon. Doch die Männer im Schiff – Ortwein und Herwig waren es – hatten die Frauen schon erschaut und gewahrten, wie sie davoneilen wollten. Sie sprangen auf den Sand und riefen: "Ihr schönen Wäscherinnen, was fliehet ihr? Wir sind fremde Leute; schaut uns nur an; lauft ihr davon, nehmen wir die reichen Gewande hier fort."
    Daraufhin kehrten die Frauen um; im nassen Gewand, die Haare vom Märzwind durchwühlt.
    Einen guten Morgen bot ihnen Herwig; das tat den Heimatlosen wohl; sie hörten’s selten in Frau Gerlinds Haus.
    "Sagt an," fragte Ortwein, "wem gehören diese reichen Gewande? Für wen wascht ihr sie? Ihr seid so schön; wie kann einer euch das zumuten? Dass der reiche Gott vom Himmel ihm das mit Schanden vergelte!"
    Traurig antwortete das schöne Königskind: "Der Herr der Gewande hat noch schönere Mägde, als wir sein mögen. Fragt, was ihr wollt; doch sieht man uns von der Zinne her mit euch sprechen, wird’s uns schlimm ergehen."
    "Lasst es euch nicht verdriessen; wir geben euch vier goldene Ringe zum Lohn für euren Bescheid."
    "Behaltet die Ringe! Wir nehmen von euch keinen Lohn," – antwortete Kudrun, "fragt nur, was ihr wollt."
    "Wessen ist dies Land hier und die Burg? Wie heisst der Herr, der euch ohne ordentlich Gewand dienen lässt? Hält er auf Ehre, so soll ihm das niemand zu Lob anrechnen."
    "Hartmut heisst der eine, dem dienen Land und Burgen, der andre ist Ludwig, ihm dienen viele Helden; hochgeehrt wohnen sie in ihren Reichen."
    "Wir möchten sie gern sehen," sprach Ortwein wieder. "Sagt uns doch, vielholde Mägdlein, wo wir sie finden mögen? Wir sind an sie gesandt und selber eines Königs Gesinde."
    "Dort in jenem Schloss! Da wir’s bei Tagesanbruch verliessen, lagen sie noch schlafend mit vierzighundert Mannen; ob sie seitdem ausritten, weiss ich nicht zu sagen."
    Herwig schaute die Sprecherin prüfend an; – sie deuchte ihm so schön und wohlgeartet, dass er im Herzen aufseufzte; denn sie gemahnte ihn einer, der er stets gedenken musste. Ortwein begann wieder zu fragen: "Und habt ihr nichts vernommen von fremden Frauen, die man herführte mit starken Heeresmacht? Wir haben gehört, die Entführten seien in grossem Jammer hergekommen."
    "Die ihr sucht, ihr Herren, hab’ ich in schwerem Leid gesehen."
    "Sieh’ hin, Ortwein," sprach da Herwig: – "lebt Kudrun, deine Schwerter noch, so ist es diese. Keine andre kann ihr so sehr gleichen."
    "Auch ich kannte einen," antwortete Kudrun, "dem Ihr gleichet; Herwig von Seeland war er geheissen. Wenn der noch lebte, er erlöste uns aus diesen Banden."
    "Schau meine Hand, ob du das Gold erkennst? Mit dem Ring ward ich Kudrun vermählt; bist du Herwigs Braut? Wohlan, ich führe dich von hier."
    Sie lachte in ihrer Freude: "Das Ringlein kenn’ ich gut, denn früher war es mein. Nun schau dies hier; das gab mir mein Geliebter, als ich voll Wonne sass in meines Vaters Saale."
    Er sah nach ihrem Finger und erkannte den Goldring.
    "Dich, Ringlein, trug

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